Bürgerenergie Windpark Druiberg: Hohe Akzeptanz durch Beteiligung
Foto: BWE / Windpark DruibergIn Sachsen-Anhalt liegen die drei Dörfer Dardesheim, Rohrsheim und Badersleben mit etwa 2.200 Einwohner:innen. Sie liegen direkt – mit einem Abstand von etwa 800 Metern – an dem seit rund 20 Jahre bestehenden Windpark Druiberg mit bis Mitte 2025 genau 38 Windkraftanlagen und einer elektrischen Leistung von 82 Megawatt (MW).
Für viele Windkraftgegner:innen gilt das als unerträglich, nicht so am Druiberg. Dort gibt es keine Windkraftgegner:innen – trotz der beeindruckenden Größe und Nähe zur Wohnbebauung.
In den drei Gemeinden stehen insgesamt 200 Erneuerbare Energien-Anlagen. Sie produzieren zusammen etwa 50-mal mehr Strom und 10-mal mehr Energie als die Gemeinden verbrauchen. Im Einzelnen sind dies 123 Photovoltaik-Anlagen mit insgesamt fast 4 MW. Dazu kommen 6 Windkraftanlagen von Nachbarbetreiber:innen, 44 Windenergieanlagen mit 97 MW, ein Batteriespeicher mit 0,16 MW und 4 Bioenergie-Anlagen mit zusammen 2 MW.
Windpark Druiberg: Repowering ohne Einwände aus der Bevölkerung
Der etwa 20 Jahre alte Windpark hat hohe Akzeptanz. Es gibt keine Bürgerproteste auch nicht gegen die erst jüngst erteilte Genehmigung, 24 der 44 Anlagen zu repowern. Dies bedeutet, dass 24 alte Anlagen mit 113 Meter Nabenhöhe, 70 Metern Rotordurchmesser und je 2 MW Leistung abgebaut und durch 13 neue mit einer Nabenhöhe von 166 Meter, einem Rotordurchmesser von 160 Metern und je 5,56 MW ersetzt werden, und das in unmittelbarer Ortsnähe. Damit steigt die Leistung der ursprünglich 24 Anlagen von 42 MW auf 72 MW und die erwartete Jahresproduktion der ersetzten 24 Windenergieanlagen von etwa 80 Millionen Kilowattstunden (kWh) durch die neuen 13 Anlagen auf an die 180 Millionen kWh.
Niemand aus den Dörfern erhob Einwände wegen Schattenwurf, Lärm, Infraschall, Wertverlust der Häuser oder brachte andere Argumente gegen Windenergie. Die Einwohner:innen leben seit 20 Jahren mit dem Windpark und wissen aus eigener Erfahrung, dass diese andernorts von Windkraftgegner:innen vorgebrachten Argumente nicht tragfähig sind.
Bürgerenergie sichert Akzeptanz und günstigen Strom am Druiberg
Die Bürger:innen in den drei Dörfern hatten von Anfang an Gelegenheit, sich bei den Windrädern finanziell zu beteiligen. Damit profitierten sie von den Erlösen. 60 Familien machten im Bestands-Windpark davon Gebrauch.
Seit zwei Jahren bietet der Windpark Druiberg in Kooperation mit der Energieversorgerin WestfalenWind GmbH sogar einen eigenen Bürgerstromtarif an. 80 Prozent der Stromkunden, private, wie Unternehmen nutzen diesen Bürgerstromtarif, weil er wesentlich billiger ist als der Strom von anderen Stromanbieter:innen.
So konnte kürzlich der Bürgerstromtarif gesichert für die nächsten drei Jahre von 28 auf 24,75 Cent pro kWh gesenkt werden, der monatliche Grundpreis beträgt nur 10 Euro. Bei einem typischen Jahresstromverbrauch von 3.500 kWh ergibt sich eine Jahresstromrechnung von 986,25 Euro.
Zum Vergleich rechnet der Windpark Druiberg vor: Der Energiekonzern E.ON bietet in der Grundversorgung seinen Strom für 47,03 Cent/kWh bei einem Grundpreis von 12,57 Euro monatlich an, was eine Jahrestromrechnung von 1.796,80 Euro ergibt. Im Ökostromtarif 2 von E.ON mit 27,88 Cent/kWh und 21,66 Grundpreis pro Monat ergibt sich eine Jahresrechnung 1.235,72 Euro.
Spannend zu sehen ist, dass selbst beim Konzern E.ON der Ökostrom deutlich billiger ist als der schmutzige Strommix aus fossilen Energien. Aber Druiberg zeigt auch: der Ökostrom in Bürgerhand ist noch einmal wesentlich billiger als der von einem Konzern.
Der Windpark Druiberg hilft verschiedenen kommunalen Einrichtungen auch finanziell. So konnte sein Zuschuss zwei kommunale Schwimmbäder erhalten, ein Dorfgemeinschaftshaus finanzieren, die Kindertagesstätte wie auch die Kirchen und die Feuerwehr unterstützen sowie alle örtlichen Vereine durch eine Grundförderung stärken.
Leitlinien für Bürgerenergie als internationales Vorbild
Heinrich Bartelt, einer der Initiator:innen des Windparks Druiberg, des Bürgerstroms und Vorstandsmitglied des Weltwindverbandes (World Wind Energy Association – WWEA) stellte auf der kürzlich in Shantou, China, durchgeführten Weltwindkonferenz die Erfolge aus der Stadt Dardesheim vor. Die von ihm maßgeblich mitentwickelte und von der übergeordneten Einheitsgemeinde Stadt Osterwieck kommunalpolitisch beschlossene „Leitlinie für faire Windkraft- und Solarprojekte“ fand Beachtung.
Mit seinen positiven Erfahrungen vor Ort, unterstrich Bartelt, wie wichtig die Einhaltung dieser Leitlinie bei Windkraftprojekten ist, um eine „möglichst hohe heimische Wertschöpfung und Bürgerteilhabe“ und damit Bürgerzustimmung zu erreichen. Weit verbreitete Agitationen von Windkraftgegner:innen, die oft mit Falschinformationen zur Desinformation der Dorfgemeinschaften arbeiten, können so überwunden werden. Gleichzeitig erzeugt es Akzeptanz.
Die Richtlinien sind insofern nicht nur für eine aktive Mitwirkung der Bürger:innen an der regenerativen Energiewende gut. Sie schaffen auch ökonomische Vorteile für die Windinvestor:innen, wenn sie entsprechend den Richtlinien Bürgerenergie einbinden: schnellere Genehmigungsverfahren, keine Klagen gegen die Windparks und leichtere Finanzierungen durch die Einbindung des Bürgerkapitals.
Fossile Akteur:innen intensivieren Kampagnen gegen Windenergie
Die Zunahme der Aktivitäten von Windkraftgegner:innen, oft finanziert mit Geldern aus der fossilen Wirtschaft, nimmt auch in Deutschland weiter zu und gefährdet einen wirksamen Klimaschutz. Wie „erfolgreich“ sich Offshore-Windkraftgegner:innen in den USA durchsetzten, zeigt “The man behind the fall of offshore wind“. Der beharrlich die Lügen über Offshore Windenergie verbreitende Aktivist David Stevenson schaffte es, die Trump-Politik gegen die Offshore Windenergie einzuschwören. So verbreitete er zusammen mit anderen unentwegt die Lüge, dass Offshore-Windanlagen Wale töten würden, wofür es keine wissenschaftlichen Belege gibt.
Das Ergebnis ist: Neue Genehmigungen von Offshore-Windenergieanlagen gibt es unter US-Präsident Trump nicht mehr. Sogar fast fertiggestellte Anlagen zwang er zum Baustopp.
Solche Attacken von Windkraftgegner:innen sollten nicht toleriert werden. Den Schlüssel in der Hand dazu haben die Windkraftinvestor:innen selbst, indem sie die Anwohner:innen der Windparks und die kommunalen Akteur:innen vor Ort an den großen Vorteilen mit Beteiligungen und Bürgerstrommodellen einbinden.
Bürgerenergie Windpark Druiberg dient Kommunen als Vorbild
Zu diesem Zweck beteiligten sich die Windpark Druiberg GmbH & Co. KG und die BürgerEnergie Druiberg eG an der Gründung des Landesnetzwerkes Bürgerenergie in Sachsen-Anhalt. Das Netzwerk erarbeitete eine Muster-Leitlinie nach Dardesheimer Vorbild für alle Städte und Gemeinden in Sachsen-Anhalt sowie andere interessierte Gemeinden und stelle diese kostenlos zur Verfügung. Eine solche „Kommunale Leitlinie für faire Windkraft- und Freiflächen-PV-Projekte“ kann durch einfachen Beschluss des Kommunalparlamentes für den jeweiligen Geltungsbereich der Gemeinde eingeführt werden. Das Landesnetzwerk wird von der Landesnetzagentur LENA unterstützt und bietet über die LENA-Mitarbeiter:innen interessierten Bürger:innen und Kommunen kostenlose Unterstützung.
Die Umstellung auf 100 Prozent Erneuerbare Energien wird dann nicht mehr aufzuhalten sein, wenn die Menschen vor Ort teilhaben an den Vorteilen, insbesondere den niedrigen Kosten der Erneuerbaren Energien gegenüber fossiler und atomarer Energieerzeugung.
Dardesheim wirbt als „Stadt der Erneuerbaren Energien“ gemeinsam mit seinen beiden Nachbarorten Badersleben und Rohrsheim seit über 20 Jahren für die Energiewende mit 100 Prozent Erneuerbaren Energien und verweist in einem gemeinsamen Extrablatt unter dem Stichwort „Glücksfall Windenergie“ auf über 20 konkrete Vorteile des örtlichen Windparks.
Hinweis des Autors
Die Detailinformationen aus dem Windpark Druiberg stellte Heinrich Bartelt zur Verfügung. Er ist seit 2003 Geschäftsführer des Windpark Druiberg und seit 2023 Vorstandssprecher der Bürgerenergie Druiberg.
Über den Autor
Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group, ein unabhängiges, gemeinnütziges, globales Netzwerk von Wissenschaftler:innen und Parlamentarier:innen, das er 2006 gegründet hat. Er war 1998 bis 2013 MdB für Bündnis/Die Grünen und ist Mit-Autor des Entwurfs des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) von 2000.
Quelle: Hans-Josef Fell | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH