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Es ist die zentrale Frage, um zu ermitteln, wie nachhaltig ein Photovoltaik-System ist: wie viel Energie hat es zu seiner Produktion verbraucht und wie lange dauert es, bis diese durch die Solarstromerzeugung wieder eingespielt ist? Das ist die Energiebilanz der Photovoltaik oder genauer die „Energy Payback Time.“

Forschende weltweit gehen dieser Frage nach, so auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE). Sie tragen für die Internationalen Energieagentur (IEA) im Rahmen des Photovoltaic Power Systems Programme dazu bei.

Als Beispiel zur Ermittlung der Energy Payback Time dient den Forschenden ein monokristallines Photovoltaikmodul mit einem Wirkungsgrad von 21,5 Prozent. Die Solarzellen wurden mit PERC-Technologie hergestellt. Stand der Technik ist das Jahr 2022.

Amortisationszeit Strombedarf: gut drei Monate

Nach Berechnung des Fraunhofer ISE benötigt die komplette solare Wertschöpfungskette von der Siliziumproduktion bis zum fertigen PV-Modul 58,4 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Quadratmeter Modulfläche. Dies entspricht bei einer Moduleffizienz von 21.5% rund 272 kWh pro Kilowatt Nennleistung (kWp). Wichtig: dieser Wert reflektiert ausschließlich den direkten Stromverbrauch innerhalb der solaren Wertschöpfungskette vom metallurgischen Silizium über Ingots und Wafer bis zu den Solarzellen und den PV-Modulen. Die energieintensiven Schritte der Silizium- und Waferproduktion sind in diesem Wert also berücksichtigt.

Zwischenergebnis: Da PV-Systeme in Deutschland im Durchschnitt ca. 1000 kWh/kWp erzeugen, hätten sich die PV-Module bezogen auf den Stromeinsatz energetisch nach drei bis vier Monaten amortisiert.

Um außerdem den Energiebedarf zur Herstellung weiterer Materialien wie Glas (für Scheiben) und Aluminium (für Rahmen) zu berücksichtigen, muss der Primärenergieverbrauch herangezogen werden. Dabei finden auch die Prozesse Berücksichtigung, die zur Herstellung sämtlicher Vorprodukte notwendig sind. Das betrifft beispielsweise beim Aluminium den anteiligen Energieverbrauch vom Bergwerk bis zum fertigen Rahmen für die Module.

Energy Payback Time der PV: rund sieben Monate

Um diese Verbrauchsdaten des sogenannten Hintergrundsystems der eingehenden Materialien zu berechnen, greift das Fraunhofer ISE, wie für diese Analysen üblich, auf international verfügbare Datenbanken von Anbietern wie Ecoinvent zurück. Für das PV-Modul (inkl. aller Materialien und deren Vorketten) beziffert es den kumulierten Primärenergieaufwand auf 6269 Megajoule (MJ) pro kWp. Umgerechnet sind dies 1741 Kilowattstunden Primärenergieaufwand für ein kWp PV-Modul. Ein PV-Modul bräuchte in Deutschland für die komplette Produktion der Primärenergie also 1,7 Jahre.

Diese Rechnung hinkt allerdings zu Ungunsten der Photovoltaik, die ja mit Netzstrom konkurriert. Deshalb muss die Umwandlung von Primärenergie zu Strom berücksichtigt werden, die durch die Netzeffizienz (grid efficiency) bestimmt wird. Die Netzeffizienz beschreibt das Verhältnis des nutzbaren Stroms zur eingesetzten Primärenergie und berücksichtigt die Verluste bei der Stromerzeugung, wie z.B. die thermischen Verluste bei der Kohleverstromung. Bei einer Annahme von 33 Prozent Netzeffizienz hätte ein PV-Modul (inkl. aller Materialien und deren Vorketten) in Deutschland nach knapp sieben Monaten den gesamten Energiebedarf wieder eingespielt. (1741 kWh/kWp (CED) / (1000 kWh/kWp/a (Stromertrag) / 33% (Netzeffizienz) = 0,57 Jahre bzw. knapp 7 Monate).

Einschränkung: zu Grunde liegen dieser Rechnung folgende Annahmen: das metallurgische Silizium stammt aus Norwegen und der Rest der PV-Wertschöpfungskette findet in Deutschland statt. Für die Produktion in China wäre der Primärenergieaufwand durch die geringere Umwandlungseffizienz von Primärenergie zu Strom höher. Dadurch erhöht sich auch die Dauer zur energetischen Amortisation eines in China hergestellten PV-Moduls um geschätzt einige Wochen.

CO2-Fußabdruck

Neben dem Energiedarf ist der Strom-Mix entscheidend, um die Nachhaltigkeit der Photovoltaik beurteilen zu können. Eine umfassende wissenschaftliche Analyse unter Mitwirkung des Fraunhofer ISE von 2024 zur Analyse des CO2-Fußabdrucks der Photovoltaik liegt hier vor. Sie betrachtet ein 3 kW-Dachsystem auf Basis der PERC-Technologie mit einem PV-Modulwirkungsgrad von 20,1 Prozent.

Grafik 1: Strom-Mix in China, Deutschland und Norwegen von 2014 und 2020; Quelle: Khan et al, 2024

Entscheidend sind drei Faktoren, deren Einfluss in der Studie analysiert wurden:

  • Welcher Strom-Mix liegt der Produktion konkret zu Grunde? Die Studie differenziert nach China, Deutschland und Norwegen. China hatte 2020 mit 62 Prozent einen relativ hohen Anteil an Kohlestrom, während Deutschland auf 24 Prozent kam und Norwegen auf Null (Grafik 1)
  • Auf welche Lebensdauer kommen die PV-Module? Die Studie betrachtet 20, 30 oder 40 Jahre (Grafik 2).
  • Welche Einstrahlungsbedingungen liegen vor? Die Studie unterscheidet sechs Klimazonen (Grafik2).

Strom-Mix entscheidend

Das sorgt für erhebliche Unterschiede in der CO2-Bilanz. So variieren die Emissionen in der Spitze um den Faktor 8. Das heißt, dass bei idealen Bedingungen pro Kilowattstunde Photovoltaikstrom nur 6,6 Gramm CO2-Äquivalente entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen. Das gilt für norwegische Produktion, 40 Jahre Lebensdauer und Einsatz in subtropischen ariden Regionen wie zum Beispiel in Nordafrika mit Einstrahlungsraten von knapp 2.300 kWh pro Quadratmeter. Im schlechtesten Fall fallen 54,8 g CO2-Äquivalente pro kWh an – und zwar bei chinesischer Produktion, 20 Jahre Nutzungsdauer und Einsatz in maritimen, gemäßigten Zonen mit Einstrahlungsraten von unter 1.000 kWh pro Quadratmeter wie in Teilen Skandinaviens.

Kernerkenntnisse:

  1. Bei PV-Einsatz in der gleichen Klimazone macht der Produktionsstandort der Anlage Unterschiede von 180 Prozent aus. Sprich: der Strom-Mix hat eine große Bedeutung für die Nachhaltigkeit.
  2. Vergleicht man PV-Anlagen des gleichen Herstellungslandes, zeigt sich, dass die Wahl des Standortes zur Stromerzeugung erhebliche Unterschiede macht. An den einstrahlungsreichsten Standorten fallen die CO2-Emissionen um bis zu 130 Prozent niedriger aus
  3. Die Lebensdauer wertet die Emissions-Bilanz von bei PV-Anlagen vom gleichen Herstellungsstandort dagegen nur um bis zu 55 Prozent auf.
Grafik 2: CO2-Emissionen der PV sind abhängig vom Standort der Produktion, der Lebensdauer und den Einstrahlungsbedingungen während der Nutzungsdauer, Quelle: Khan et al, 2024.

Grundsätzlich zu beachten: teilweise sind die zur Verfügung stehenden Hintergrunddaten in den ökologischen Datenbanken veraltet, da diese nur unregelmäßig aktualisiert werden. So sind in der meistgenutzten Ecoinvent-Datenbank für Produkte und deren Wertschöpfungsketten teilweise Emissionswerte hinterlegt, die zehn Jahre alt sind, wie z.B. für die darin enthaltenen Daten der PV-Technologie. Auch weitere Datenbankwerte, wie z.B. der jeweilige Strommix, haben sich zum Stand in der Datenbank signifikant verbessert. Das heißt, es kann davon ausgegangen werden, dass der Ist-Zustand für Energy-Payback-Time und CO2-Bilanz de facto besser ist. Außerdem wird die zugrunde liegende PERC-Technologie zunehmend durch effizientere Technologien abgelöst (wie z.B: TOPCon), so dass Neuanlagen über ebenfalls noch bessere Werte verfügen.

Autor: Oliver Ristau