Solare Treibstoffe: ETH Zürich produziert mit konzentriertem Sonnenlicht Benzin aus Wasser und CO2
Das Team um Aldo Steinfeld, Professor für Erneuerbare Energieträger an der ETH Zürich und Leiter des Labors für Solartechnik am Paul Scherrer Institut (PSI), hat ein Rezept inklusive "Kochtopf" – sprich Solar-Reaktor – entwickelt. Mit einem radikal neuen Prozess wird Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) umgewandelt in ein Gemisch von Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO), das als "Syngas" bezeichnet wird und eine Vorstufe von Benzin, Kerosin und anderen flüssigen Treibstoffen darstellt. Zusammen mit Kollegen des California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena, USA, haben die ETH- und PSI-Forscher den Solar-Reaktor entwickelt und die experimentellen Resultate in der aktuellen Ausgabe von "Science" veröffentlicht.
Kreisprozess liefert solares Syngas
Die zugrundeliegende Idee besteht darin, Wasser und CO2 thermochemisch mit Hilfe eines zweistufigen Metalloxid-Redox-Kreisprozesses aufzuspalten. In einem ersten, energieintensiven Schritt wird Ceriumoxid mit Hilfe von konzentrierter Sonnenstrahlung bei einer Temperatur von 1.500°C reduziert. Dabei gibt das Material Sauerstoffatome aus der Struktur ab. Im zweiten Schritt lässt man das reduzierte Ceriumoxid bei etwa 900°C mit Wasserdampf und CO2 reagieren; dabei werden die Wasser- und CO2-Moleküle aufgebrochen und die freiwerdenden Sauerstoffatome so in die Materialstruktur integriert, dass das Ceriumoxid wieder in der Ausgangsform ist und der Kreisprozess erneut gestartet werden kann. Übrig bleibt reines Syngas aus H2 und CO. "Es ist thermodynamisch gesehen attraktiv, den solarchemischen Prozess bei hohen Temperaturen zu betreiben und das gesamte Sonnenspektrum zu nutzen, um mit hohen Reaktionsgeschwindigkeiten und einem hohen Energieumwandlungswirkungsgrad solare Treibstoffe herzustellen", erklärt Steinfeld.
0,8 Prozent Umwandlungwirkungsgrad erreicht; bis zu 19 Prozent möglich
Die Forscher testeten am Hochfluss-Solarsimulator am PSI einen 2000-Watt-Reaktor-Prototyp. Dabei verwendeten sie eine Strahlungsintensität, die der Kraft von 1.500 Sonnen entspricht. Der Umwandlungwirkungsgrad von Sonnenenergie in Treibstoff betrug dabei 0,8 Prozent. Dieser Wert ergibt sich aus dem Brennwert des produzierten Syngas, geteilt durch den Input an Strahlungsenergie.
"Diese Wirkungsgrade sind um zwei Größenordnungen höher als diejenigen, die man mit herkömmlichen photokatalytischen Methoden zur CO2-Spaltung erzielt hat", erklärt Steinfelds Doktorand Philipp Furler, der momentan an der Optimierung des Prozesses mit Hilfe numerischer Strömungsmechanik und Wärmeübertragungs-Simulationen arbeitet. Thermodynamische Analysen zeigen, dass Wirkungsgrade von bis zu 19 Prozent erreicht werden können.
Stabiler Zyklus und konstante Rate
Neben der Effizienz der Umwandlung ist auch die Stabilität des reaktiven Materials wesentlich, also des Ceriumoxids. Diesbezügliche Tests über 500 Zyklen der Wasserspaltung verliefen erfolgreich, so dass solarer Treibstoff ohne Unterbruch und mit konstanten Raten hergestellt werden konnte.
"Die Resultate, die wir in ‚Science‘ veröffentlichen konnten, zeigen die Machbarkeit von solarbetriebenen thermochemischen Verfahren zur Herstellung von Treibstoff aus Kohlendioxid und Wasser auf", betont Steinfeld. Die Entwicklung eines einfachen und skalierbaren Solar-Reaktors sei hierfür unerlässlich.
Einsatz in Solarturm-Anlagen
Zurzeit sind Steinfeld und seine Gruppe daran, den Solar-Reaktor so zu optimieren, dass er auch in großem Maßstab – im Megawatt-Bereich – in Solarturm-Anlagen eingesetzt werden kann. Solche Anlagen sind bereits kommerziell zur Stromerzeugung im Einsatz. Steinfeld bleibt aber konservativ mit seiner Einschätzung, bis wann seine Solarreaktortechnologie in der Praxis in Betrieb genommen werden könnte: "Es sind noch große Anstrengungen nötig, doch 2020 sollten wir soweit sein, dass die erste industrielle Solartreibstoff-Anlage in Betrieb gehen und einen zentralen Beitrag zur nachhaltigen Energieerzeugung der Zukunft leisten kann."
07.01.2011 | Quelle: ETH Zürich; Foto: Peter Rüegg / ETH Zürich | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH