Erfolgsgeschichte: Zwei Drittel des Stroms im Süden Sachsen-Anhalts kommen aus erneuerbaren Quellen

Während in Deutschland rund 20 Prozent der Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen kommen und die Bundesregierung bis 2020 ein Ziel von 30 Prozent vorgegeben hat, sind es im Süden von Sachsen-Anhalt schon heute 66 Prozent. Das berichtet Ulf Matthes, zuständiger Abteilungsleiter bei der envia Verteilnetz GmbH.

Seine Abteilung registriert sämtliche Anlagen, die Strom aus Wind, Wasser, Biomasse, Deponiegas oder Photovoltaik in das Netz der Envia Verteilnetz GmbH in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Thüringen einspeisen.

2.000 MW Windkraft-Kapazität; 250 MW Photovoltaik
Matthes hat miterlebt wie sich die installierte Leistung erneuerbarer Energien im enviaM-Netzgebiet in Sachsen-Anhalt fast vervierfacht hat. Betrug sie 2001 rund 500 Megawatt (MW), waren es Ende 2010 gut 2.000 MW. Dieser kräftige Anstieg sei vor allem der Windkraft zu verdanken, erklärt Matthes. Mit fast 1.700 MW steuert sie mehr als drei Viertel der Leistung in diesem Bereich bei. Dahinter folgt die Solarenergie (Photovoltaik) mit 250 MW an zweiter Stelle vor Biomasse (77,1 MW), Wasser (10,7) und Deponie-/Klärgas (10,1).
Noch deutlicher ist der Aufstieg regenerativer Energien im enviaM-Netzgebiet an den Summen abzulesen, mit denen ihre Produktion vergütet wurde. Während 2001 rund 133 Millionen Euro an die Erzeuger flossen, waren es im vergangenen Jahr schon 829 Millionen Euro. Diese Summe werde weiter ansteigen, da die Förderung über 20 Jahre laufe, die Zahl der Anlagen zunehme und sich dadurch immer mehr aufbaue, erläutert der 44-jährige Diplom-Ingenieur.

Solarstrom-Vergütung in den vergangenen drei Jahren jährlich jeweils verdoppelt
Beim Wind sei 2010 die Vergütung etwas geringer ausgefallen. "Es gab wenig Wind. So wenig Wind wie 2010 hatten wir noch nie", begründet Matthes diese Delle. Die größten Steigerungen sind nach seinen Worten bei der Vergütung des Solarstroms zu beobachten. Sie habe sich in den vergangenen drei Jahren jährlich jeweils verdoppelt. 2010 hat sie 183 Millionen Euro erreicht.

Vorzieheffekt bei der Photovoltaik erwartet
2011 seien bisher wieder viele Anmeldungen für neue Anlagen eingegangen, weil die Förderung zum 1.Juli gekürzt werden sollte aber nun doch bis zum 31. Dezember fortgeführt wird. Erst danach kommt es zu einer Reduzierung der Förderung. Deshalb rechnet Matthes in diesem Jahr mit einem gewissen Vorzieheffekt, um doch noch die höhere Förderung zu sichern. Strom aus Deponiegas ist nach den Worten des gebürtigen Merseburgers, der heute in Köthen wohnt, fast zu vernachlässigen. Seine Erzeugung stagniere. Auch Wasserkraft spiele nur eine untergeordnete Rolle.
Für den steilen Auftrieb des Wind-Stroms im enviaM-Netz in Sachsen-Anhalt sieht Matthes sowohl eine politische als auch eine geographische Ursache. Die Weichen in Richtung Windkraft habe Mitte der 90er Jahre die rot-grüne Regierung Höppner gestellt, blickt er zurück. Seitdem sei die Anzahl der Windkraftanlagen in Sachsen-Anhalts Landschaft ebenso steil wie unübersehbar gestiegen. Mehr als 1.000 Windturbinen drehen sich zwischen Thale und Zeitz. Die derzeit weltweit größte Anlage bei Osterfeld an der Autobahn A 9 hat laut Matthes eine Nennleistung von 6.000 kW, eine Nabenhöhe von 135 Meter und einen Rotor-Durchmesser von 126 m. Die Gondel mit einem Durchmesser von zwölf Metern und einer Länge von 24 Metern wiegt samt Nabe mit Rotorblättern 800 Tonnen. Hersteller ist die Magdeburger Firma Enercon.
"Wir haben viel Wind, aber wegen einer gewissen Industrieschwäche relativ wenig Strom-Abnahme. Wir produzieren Strom- Überschuss", so Matthes. Während vor Jahren für die Kunden Strom herangeschafft worden sei, würde nun Strom, der in Sachsen-Anhalt produziert wurde, in andere Gebiete Deutschlands geliefert. Dieser Trend werde sich aus Sicht von Energie-Experten fortsetzen. Sie sagten voraus, dass sich die Produktion von Windenergie in den kommenden zehn Jahren im enviaM-Netzgebiet von heute 4,4 auf zehn Gigawatt mehr als verdoppeln, und die Produktion von Solarstrom auf vier Gigawatt vervierfachen wird.

Sonnenenergie auf dem Sprung nach vorn
"Windenergie bleibt mit Abstand die wichtigste regenerative Energiequelle", sagt Matthes. Sonnenenergie vollziehe demnach den größten Sprung nach vorn, die Potentiale von Biomasse würden ausgeschöpft, Wasserkraft wachse verhalten. Diese Aussichten machen einen kräftigen Ausbau der Stromnetze erforderlich. Matthes sagt: "Wir kommen immer näher an unsere Grenzen oder haben diese in einigen Regionen schon erreicht. Wir müssen neue Leitungen bauen." Für den entsprechenden Ausbau im enviaM-Netz-Gebiet bis zum Jahr 2020 sind nach Ansicht des Netz-Spezialisten 1,1 Milliarden Euro notwendig.

17.09.2011 | Quelle: IMG – Investitions- und Marketinggesellschaft Sachsen-Anhalt mbH; Bild: Schüco International KG | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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