Solar-Interview mit Daniel Roca, Senior Business Developer bei Panasonic Eco Solutions Europe

Im Solarserver-Interview spricht Daniel Roca über die Rolle Europas im Photovoltaik-Weltmarkt und speziell über die erfolgreiche Förderpolitik in Großbritannien sowie über die Situation in Deutschland nach der Verabschiedung des EEG 2014. Daniel Roca: „Der Tiefpunkt ist bereits überstanden. Ich erwarte eine leichte, aber erkennbare Steigerung der Absatzzahlen in Deutschland.“ Solarserver: Die global installierte Photovoltaik-Leistung nähert […]

Im Solarserver-Interview spricht Daniel Roca über die Rolle Europas im Photovoltaik-Weltmarkt und speziell über die erfolgreiche Förderpolitik in Großbritannien sowie über die Situation in Deutschland nach der Verabschiedung des EEG 2014.
Daniel Roca: „Der Tiefpunkt ist bereits überstanden. Ich erwarte eine leichte, aber erkennbare Steigerung der Absatzzahlen in Deutschland.“

Solarserver: Die global installierte Photovoltaik-Leistung nähert sich der 200-Gigawatt-Marke. Etablierte, aber auch viele neue Märkte boomen. Welche Rolle spielt Europa derzeit im Weltmarkt, und wie werden sich die Anteile entwickeln?
Daniel Roca: Mein Zuständigkeitsgebiet ist Europa, deshalb möchte ich hauptsächlich für Europa sprechen. Europa – oder Teile davon – ist der erste Post-Förderungs-Markt, in dem wirklich Grid-Parity herrscht. Ohne Förderung boomt es noch nicht wirklich, aber es fängt an, sich zu entwickeln und zwar mit einer anderen, gesünderen Motivation: Energie sparen und selbst verbrauchen, nicht nur „schnell und unkontrolliert Geld machen“.
Wir sehen großes Potenzial bei privaten Hausbesitzern, aber auch in der Stadt durch die geteilte Nutzung und das gemeinsame Eigentum von PV-Anlagen sowie für den kleineren Mittelstand. Insofern spielt Europa erneut eine Vorreiterrolle. Es zeigt den Weg auf für alle anderen Märkte, in denen eventuell die Förderung reduziert wird. Natürlich wird es Ausnahmen geben, dort, wo Solar strategisch wichtig bleibt. Letztlich werden in Europa auch andere Energie-Branchen wie die Braunkohle oder natürlich Atomkraft, aber eben auch der Erhalt einer zentralen Energieversorgungsstruktur indirekt gefördert.
Europa macht auch Fehler und so bedeutet jede Änderung der Rahmenbedingungen, die Überregulierung und Vielfalt von Fördersystemen eine nicht zu unterschätzende Entschleunigung der wirtschaftlichen Aktivität und Kaufmotivation von Konsumenten. Länder, die auf Solar langfristig setzten und die für einfache Regeln sorgen – hier fällt mir das Net-Metering in den USA oder in Holland ein -, werden tiefe Systempreise und entsprechende Kosten je Kilowattstunde haben, sie werden stetes Wachstum erleben und nebenbei ihre Energie-Handelsbilanz verbessern. 

Solarserver: Welche europäischen Länder wachsen, und welche schrumpfen? Gibt es nationale Rahmenbedingungen, die den Zubau hemmen oder besonders fördern?
Daniel Roca: In Großbritannien sehen wir zurzeit ein Wachstum in der Anlagenklasse 0 bis 250 kWp, aber vor allem unterhalb von 50 kWp. Auch in den Niederlanden sehen wir Wachstum. Beide Länder haben stabile und einfache Vergütungs- oder Berechnungssysteme. Auch andere Länder zeigen Potenzial, zum Beispiel Schweden und Polen, aber auch wieder Spanien. Aber überall hängt es von gesetzlichen Bestimmungen ab, die nicht ganz in Kraft getreten sind oder besonders unübersichtlich sind.
Wir leben in einer Zeit, in der die Photovoltaik mächtig Gegenwind von vielen Seiten bekommen hat und mit einer schwachen Industrie. Es bedarf also mehr „PULL“, das heißt, die Konsumenten müssen anfragen, und nicht mehr „PUSH“, wo die Industrie versucht, Kundenmotivation zu forcieren. Daher hat die Motivation der Verbraucher und die Sicherheit für die Investoren oberste Priorität. In Deutschland wird dies sicherlich noch eine Weile dauern – vielleicht noch ein Jahr, ähnlich wie in Italien. Aber Solar lohnt sich in beiden Ländern nach wie vor und in Zeiten einer Null-Zins-Geldpolitik muss einfach für Vertrauen gesorgt werden. Das positive Geschäftsszenario ist oder wird sehr bald fast überall in Europa da sein, es fehlt also nur die Motivation der Akteure. Solarserver: Unter den europäischen Ländern hat Großbritannien Deutschland beim Photovoltaik-Zubau überholt. Ist die britische Förderpolitik der deutschen überlegen?
Daniel Roca: Sie ist entschieden einfacher und etwas großzügiger. Zum Beispiel wird dort die Erzeugung und nicht die Einspeisung vergütet, und der Eigenverbrauch ist ohne Begrenzung erlaubt. Dazu gibt es limitierte und klar begründete regelmäßige Tarifkürzungen. Aber vor allem gibt es eine Dynamik und ein „Wir-Gefühl“, die hier nicht vorhanden sind.
Gerade wurde eine Zielmarke von 500.000 Haushalten mit PV-Anlagen in allen Gesellschaftsschichten erreicht. Die Menschen und die Industrie in Großbritannien sind positiv eingestellt. Niemand denkt: Ich „missbrauche“ die Staatskasse, wenn ich PV bei mir installiere. Sondern: „Ich kann es auch!“ Gerade dort beschleunigt sich die Massendynamik mit der – späten – Beteiligung von etablierten Stromversorgern, aber vor allem mit der zunehmenden Bedeutung des Internets und der modernen und einfachen Kommunikation für gewöhnliche Verbraucher. 

Solarserver: Ein Großteil des im UK für 2014 erwarteten Zubaus von rund 2,8 Gigawatt entfällt auf große Freiflächenkraftwerke, für die die Förderung 2015 auslaufen wird. Wie geht es dann weiter?
Daniel Roca: Das ist eine gute Frage, aber wenn ich vom britischen Solarmarkt und von wachsenden Perspektiven spreche, meine ich die Segmente, die nachhaltig und „demokratisch“ wachsen können. Die befinden sich dort, wo das Risiko, aber eben auch die Industriebeteiligung durch die Masse geteilt wird. Es geht um Firmen und Individuen, die ihre Stromrechnung langfristig niedrig halten möchten und wo das Produkt und die Qualität eine Rolle spielen.
Sicherlich werden nach wie vor einige Freiflächenanlagen gebaut, von Energieversorgern oder aus strategischen Gründen. Aber das aktuelle Volumen kann nur durch weitere Kostenkürzungen erhalten bleiben, und da sehe ich wenig Spielraum. Interessant wäre es, wenn ein starker Anstieg der Stromkosten für große Verbraucher und die Notwendigkeit günstigster Installationskosten zu einer neuen Nische der Eigenverbrauchs-Freiflächenanlagen führen würden. Ich halte diesen Anstieg aber nicht für realistisch, jedenfalls nicht kurzfristig. Trotzdem bleibt der Markt für Anlagen unter 500 kWp äußerst interessant.

Solarserver: Wie werden private und gewerbliche Solarstromanlagen in Großbritannien finanziert, und wie rechnet sich die Investition?
Daniel Roca: In GB gibt es, wie vorhin erwähnt, Erzeugungstarife (feed-in-tariffs) von 0 bis 5 Megawatt in verschiedenen Stufen (bis 4, 10, 50, 100, 150, 250 und über 250 kWp). Für jede erzeugte Kilowattstunde wird diese für 20 Jahren ausgezahlt. Die Vergabe ist unproblematisch, und die Anmeldung kann online erfolgen. Dazu kann der Nutzer oder die Firma ihren PV-Strom selbst verbrauchen und somit die steigenden Stromkosten senken. Außerdem gibt es einen „Export-Bonus“, das heißt eine Einspeisevergütung für jede überschüssige Kilowattstunde. In sechs bis zehn Jahren ist eine private häusliche Anlage abbezahlt. Finanzierung ist auch weit verbreitet, aber die Zinsen sind im Vergleich sehr hoch: für 4 kWp ca. 9 % effektiver Jahreszins.
Für Unternehmer sind der Eigenverbrauch und die Senkung der Energiekosten die Motivation, genauso wie in Deutschland. In GB wird dies oft mit anderen Förderprogrammen kombiniert, zum Beispiel für die Steigerung der Gebäudeenergieeffizienz oder für Heizung. Das steigert das Spar-, aber eben auch das „Zuschusspotenzial“.

Solarserver: Welche Rolle spielen internationale Unternehmen und lokale Installateure in UK? Gibt es spezifisch britische Kundenpräferenzen oder Unterschiede zu den Installateuren in anderen europäischen Ländern?
Daniel Roca: Bei kleineren Anlagen und im Umgang mit lokalen kleinen Betrieben sind lokale Firmen nahezu konkurrenzlos. Ausländische große Strukturen sind oft effizienter, aber nicht gut verwurzelt und lokale Vertriebs- und Kommunikationsstrategien sind sehr wichtig. Inzwischen ist das Know-how auch beim kleinsten Betrieb auf einem guten Niveau. Für Endkunden sind die Nähe der Kommunikation und die Klarheit des Angebots entscheidend. Nur in Holland kann ich eine ähnlich kundenfreundliche Kommunikation erkennen.
Eine Ausnahme waren zuletzt Freiflächenanlagen, wofür den lokalen Firmen die Erfahrung oder erfahrene Mitarbeiter fehlten. Auch die Kapazitäten, zum Beispiel beim Personal oder Kapital, waren in manchen Fällen nicht vorhanden oder lokale Teams waren schlicht zu teuer. 2015 wird es meiner Meinung nach erneut Versuche von internationalen Großhändlern und Installateuren geben, in Großbritannien Fuß zu fassen.
Im Bereich Freiflächenanlagen wird der Markt kleiner, und dort, wo er wächst, ist die Konkurrenz zwischen nationalen Spielern bereits heftig. Hier erwarte ich eher eine Konzentration. Man darf nicht vergessen, dass lokale Firmen in den letzten Jahren mächtig in ihre Internetpräsenz investiert haben. Ein Beispiel sind Online-Shops. In der Summe rechne ich der ausländischen Konkurrenz in 2015 geringe Chancen aus.

Solarserver: Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz mit festen Einspeisevergütungen ist ein Exportschlager und wurde zum Erfolgsmodell für etliche neue Märkte, wie z.B. China. Was bedeutet das EEG 2014 für die Entwicklung in Deutschland, und mit welchem Wachstum rechnen Sie in Zukunft?
Daniel Roca: Ich sehe nicht die Änderungen im EEG als das Problem in Deutschland. Die Anlagen – nicht alle, aber die meisten – rentieren sich noch, und die Kosten sind auf dem Tiefstand. Hier fehlt es an stabilen Strukturen. Ein großer Teil der Großhändler ist bereits insolvent, und vor allem sind die Verbraucher bombardiert worden mit der einfachen Formel: PV = Strompreisanstieg. Die Änderungen im EEG sollten das Problem lösen, haben aber vor allem den Eindruck bestätigt, die PV sei schuld an höheren Strompreisen.
Wir brauchen ähnliche Kommunikationskampagnen und Maßnahmen wie in Großbritannien und deutlich mehr Innovation und Vereinfachung auf der Seite des Anbieters – nicht zwingend eines Installateurs, sondern auch von Stromversorgern oder Gruppen, die sich zusammenschließen, um eine PV-Anlage zu bauen. Dann ist das Potenzial in Deutschland womöglich höher als in Großbritannien. In Deutschland gibt es bereits Modelle, Werkzeuge, Angebote wie Energiegenossenschaften, Mikro-PV, lokale Pools und geteiltes Eigentum von PV Anlagen, die bei diesem Imageproblem helfen können. Es fehlt nur an Übersicht und an etwas Unterstützung von Seiten der Politik und der Medien.
Letztlich müssen wir auch dafür sorgen, dass die Strukturen und die Industrie überlebensfähig sind, sonst können nicht alle potenziellen Kunden erreicht werden. Aber selbst wenn sich die Lage und der Fokus nicht substantiell ändern, ist der Tiefpunkt bereits überstanden. Ich erwarte eine leichte, aber erkennbare Steigerung der Absatzzahlen in Deutschland.

Panasonic Eco Solutions Europe
http://eu-solar.panasonic.net/

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