Frank Asbeck im Interview: Wir brauchen nur fairen Wettbewerb

Dr.-Ing. e.h. Frank Asbeck verzeichnet als Vorstand der SolarWorld AG für 2014 einen wieder gesteigerten Absatz von Solarmodulen, der allerdings auch auf die Übernahme des Solargeschäfts von Bosch zurückzuführen ist. SolarWorld behauptet sich damit als eines von wenigen europäischen Unternehmen im Weltmarkt für Photovoltaik. Der Umsatz stieg nach Aussage von SolarWorld im vergangenen Jahr gegenüber 2013 auf 573 Millionen Euro. Die Entwicklungen im Solarsektor gingen aber auch an dem Konzern nicht spurlos vorüber – das ursprüngliche Ziel für 2014 lag Ende 2013 noch bei 680 Millionen Euro. 2014 konnte ein operatives Ergebnis (EBIT) von 64 Millionen Euro erreicht werden. Ohne…

Solarthemen: SolarWorld hat 2014 beim Absatz von Modulen wieder zulegen können. Wo sehen Sie die Hauptgründe für diesen Erfolg?

Frank Asbeck: Wir haben uns durch frühzeitige Positionierung auf den internationalen Märkten für den sehr starken Einbruch auch auf dem deutschen Markt gewappnet. So haben wir uns in den USA als größter Solarmodulproduzent etabliert und konnten dort unsere Umsatzzahlen sogar über das dortige Marktwachstum hinaus steigern. Dazu haben wir eine sehr starke Exporttätigkeit von Deutschland aus in andere europäische Länder, wo andere Hersteller aufgeben mussten. Dort decken wir das Segment des Qualitätsanbieters voll ab.

Umsatzwachstum gibt es vor allem in den USA und in anderen Märkten außerhalb Europas. Wird Europa damit als Markt uninteressant?

Europa nicht, Deutschland auch nicht. Denn gerade Qualitätsprodukte bleiben hier gefragt. Insgesamt aber wird der deutsche Markt weiter schrumpfen auf unter eineinhalb Gigawatt im Jahr 2015. Mit den EEG-Beschlüssen aus dem letzten Jahr macht Deutschland sich im internationalen Vergleich vom Energiewenderiesen zum Energiewendezwerg.

Hat diese Entwicklung Auswirkungen auf die Produktion in Deutschland?

Wir bleiben hier und produzieren weiter Qualität Made in Germany – für unsere Kunden in Deutschland und den Export. Der PV-Markt kann in diesem Jahr 2015 weltweit 50 Gigawatt groß werden. Ein Fünftel davon entfällt auf Qualitätsanlagen. Das sind primär Aufdachanlagen, kleinere gewerbliche Anlagen und die Anlagen, die auf die nachhaltige Produktion von Solarstrom ausgelegt sind. Das ist unser Segment. Was im Automobilbau der Mercedes ist, das ist die SolarWorld im Bereich der Photovoltaik.

Nun beendet gerade wieder ein Unternehmen die Produktion in Deutschland, um sie nach Malaysia zu verlagern. Das Argument ist der Kostendruck. Trifft das auf SolarWorld nicht zu?

Wir haben nie eine Massenproduktion von sehr vergleichbaren Commodities – also austauschbaren Gütern, wo es nur um den Preis geht – angestrebt. Sondern wir haben, und das zeigt unsere hohe Investition in Forschung und Entwicklung, immer Hochleistungsmodule entwickelt. Diese stellen wir allerdings mit industrieller Standardtechnik und mit maximal zehn Produktionsstufen her. Darauf haben wir uns fokussiert. Dabei haben wir immer die richtige Balance zwischen hoher Leistung, Qualität und einer Minimierung der Produktionsstufen gesucht. Der Weg war richtig von Anfang an und den gehen wir weiter. Wir haben uns auch im Gegensatz zu anderen Wettbewerbern nicht in allen Bereichen getummelt. So haben wir den Dünnschicht-Trend nicht mitgemacht, sondern uns immer auf den kristallinen Bereich konzentriert.

Nun zeigt ein genauer Blick in die Zahlen von SolarWorld, dass Sie, wenn man die Sondereffekte abzieht, noch nicht profitabel arbeiten – das EBIT ist dann im Minus. Wie können Sie hier noch stärker gegensteuern?

Wir haben ja eine sehr erfolgreiche Restrukturierung hinter uns gebracht. Dazu gehörten auch im letzten Jahr noch Restrukturierungskosten, die aber auch eine gewisse Einmaligkeit haben – sprich, wir haben die Reduktion von Lohnstückkosten über Rationalisierungsinvestitionen erkauft. Dadurch haben wir jetzt noch Belastungen, die aber in Zukunft geringer werden. Und dann werden wir natürlich unsere Effizienz weiter steigern, unsere generellen Overhead-Kosten verdünnen, die Leistung unserer Produkte verbessern und durch die Steigerung der Produktion an allen Standorten unsere Stückkosten massiv reduzieren. Das ist das Programm, an dem wir arbeiten. Wir haben uns nach den 850 Megawatt im letzten Jahr für dieses Jahr vorgenommen, mehr als ein Gigawatt zu produzieren.

Nun haben einige PV-Unternehmen in Europa Insolvenz anmelden müssen. Manch einer auch in der Politik scheint Europa bereits als PV-Produktionsstandort abzuschreiben. Welche Chance sehen Sie für den Standort?

Industrielle Produktion ist das Rückgrat der deutschen und europäischen Wirtschaft. Einen Politiker, der glaubt, nur mit Forschung und Dienstleistung könnten wir Wachstum erreichen, kann ich nicht ernst nehmen. Übrigens sieht auch der Juncker-Plan für die europäische Energie-Union vor, den Anteil der Solarenergie und der anderen erneuerbaren Energien deutlich zu erhöhen und dafür auch wieder verstärkt Produkte aus europäischer Produktion einzusetzen. Auch in Deutschland scheint mir, dass die Politik doch sieht, dass die verbliebene Industrie in Deutschland wieder erstarken muss, auch weil sie einen starken Exportanteil hat und somit deutsche Technik in die Welt trägt. So werde ich im März auch unseren Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf seiner Reise durch die arabischen Staaten als Teil der Wirtschaftsdelegation begleiten. Und ich glaube, dass auch die Politik sehen wird, wie der normale Bürger zu verstehen beginnt, dass die Photovoltaik die absolut wirtschaftlichste Art ist, sich Strom individuell unabhängig von den Energieversorgern zu produzieren.

Damit stellt sich dennoch die Frage, wo das Solarmodul herkommt. Da gibt es die Konkurrenz, der sich europäische Unternehmen stellen müssen.

Die meisten Europäer haben den unfairen Kampf gegen staatlich finanzierte Unternehmen aus Fernost leider verloren. Hier war die europäische Politik nicht konsequent genug und hat den Kotau vor China gemacht. Sie hat zwar gesagt: Wir haben nachgewiesen, dass Ihr dumpt, dass Ihr mit unfairen Mitteln arbeitet. Aber wir gehen vor Euch auf die Knie, weil Ihr uns so viele Autos abkauft. Aber so kann Dumping eine Branche nach der anderen erwischen – und wir sehen diese Wirkung schon bis in den Zulieferbereich für den Automobilbau hinein. Das ist eine Sache, die man erkennen und die man bekämpfen muss. Sonst produzieren wir irgendwann nichts mehr in Europa. Ich halte es für eine große Gefahr, dass die Politik auf diesem Auge sehr blind war. Und sie hat bei der Photovoltaik mit den Chinesen einen Kompromiss geschlossen, sprich einen Mindestpreis, der in der Höhe den Verstoß der Chinesen nicht angemessen reflektiert. Wir haben kein Problem, mit einem nicht-gedumpten chinesischen Modul zu konkurrieren. Wir haben zwar in einem Modul 7 bis 8 Cent je Watt mehr Lohnkosten, doch das müssen wir dann eben über die Automatisierung in unseren Fabriken sowie über die Qualität, die Leistung, die Langlebigkeit und die Funktionalität unserer Produkte kompensieren. Aber wenn über den Lohnvorteil hinaus weitere unfaire Maßnahmen ergriffen werden, um mit Dumpingpreisen Märk­te zu stürmen, dann muss man dem – wie die USA es gemacht haben – einen Riegel vorschieben. Und wenn man Anti-Dumping-Maßnahmen ergriffen hat, muss man sie auch kontrollieren und sicherstellen, dass sie nicht mit krimineller Energie umgangen werden. Nur so kann fairer, freier Welthandel stattfinden. Es kann nicht sein, dass subventionierte Produkte andere, mit erheblichen Forschungsmitteln entwickelte Produkte kurzfristig verdrängen, um dann, wenn alle anderen tot sind, die Preise wieder anzuziehen.

Was ist in dieser Situation Ihre Forderung, was die Politik tun sollte, um die Unternehmen, die in Europa produzieren, besser zu unterstützen?

Ich möchte noch einmal betonen, dass es hier nur noch marginal Unternehmen gibt, die produzieren. Es gibt Nischenunternehmen für Spezialprodukte und es gibt sehr gute Forschungseinrichtungen. Aber es gibt sonst keine solchen Massenproduzenten wie SolarWorld mehr, die mehr als 200 Megawatt im Jahr zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren können. Aber was müsste man tun, um diesen Unternehmen wieder eine Chance zu geben und eine Solarindustrie in Europa wieder zum Erblühen zu bringen? Einfach faire Wettbewerbsbedingungen. Mehr braucht man nicht. Dann kann sich jeder durchsetzen, der gut ist. Was wir brauchen ist eine klare Kontrolle auch bei den Mindestpreisen, damit diese nicht umgangen werden. Die Amerikaner haben festgestellt, dass ihre Einfuhrbeschränkungen umgangen wurden, indem chinesische Wafer in Taiwan sozusagen umgerubelt worden sind und diese Module dann ohne Zoll verkauft wurden. Das haben die Amerikaner dann aber in einem zweiten Schritt auf Initiative von SolarWorld hin verhindert. Und dass auch andere Länder spüren, dass die heimische Industrie zerstört wird, wenn man nichts dagegen tut, zeigen zum Beispiel die neuen Aktivitäten in Kanada, wo wir auch mit Anti-Dumping-Maßnahmen rechnen.

Nun gibt es eine Aktivität, die die PV fördern soll, der Sie, glaube ich, kritisch gegenüberstehen. Der Vorschlag einer x-Gigawatt-Solarfabrik hat es auf die deutsche Liste für den europäischen Investitionsfonds geschafft. Stehen Sie dem Vorhaben weiter kritisch gegenüber oder stellt sich SolarWorld eventuell an die Spitze der Bewegung?

Wir halten es für durchaus interessant, so eine x-Gigawatt-Fab von der wissenschaftlichen Seite her durchzurechnen. Aber letztendlich machen muss es doch ein privater Unternehmer. Sonst haben wir einen neuen Airbus, sozusagen eine halbstaatliche Organisation. Wenn man das will, dann soll die Politik das so entscheiden. Aber es gibt in Deutschland bereits eine Gigawatt-Fabrik und die steht in Arnstadt in Thüringen und in Freiberg in Sachsen und heißt SolarWorld Industries. Diese Größe haben wir schon und wir wollen weiter wachsen. Übrigens haben wir uns auch um diese europäischen Mittel beworben und stehen auch auf dieser Liste. Dabei geht es um die Umsetzung von Forschungsergebnissen in die Produktion und damit um den Vorsprung, den wir vor China haben und halten müssen.

Interview: Andreas Witt
Foto: Solarworld

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