Meldepflichten: Rechtslage ist teilweise ungeklärt

Solarthemen+plus. Betreibern von Energieerzeugungsanlagen und Stromspeichern drohen hohe Vergütungsrückzahlungen und Buß­gel­der, wenn sie ihren weiter gewachsenen Meldepflichten nicht nachkom­men. Weil das Marktstammda­tenregi­ster (MaStR) der Bundesnetzagentur seit mehr als drei Monaten überfällig ist, entsteht für Millionen von Anlagen- und Netzbetreiber, die ohnehin oft über ihre Meldepflicht unzureichend informiert sind, ein rechtli­ches Vakuum.

Peter Stratmann, dem Referatsleiter für erneuerbare Energien der Bundesnetzagentur (BNetzA) ist die Sache echt peinlich. Unumwunden gab er gestern beim Fachgespräch „Rechtsfolgen bei Meldeverstößen“ der Clearingstelle EEG zu, dass die Behörde sich mit dem Mammutprojekt Marktstammdatenregister deutlich übernommen hat – zumindest was den Zeitplan betrifft: „Die Verzögerung ist natürlich unglaublich misslich.“ Zum 1. Juli ist die Marktstammdatenregisterverordnung (MaStRV) in Kraft getreten. Doch das onlinebasierte Register selbst, um das sich die 25 Paragraphen der Verordnung drehen, das gibt es bis heute noch nicht. So sind nun bereits vielfältige Meldepflichten in Kraft, die allerdings bislang mangels MaStR-Portal von den Marktakteuren nicht oder nicht vollständig erfüllt werden können. Übergangsweise verweist die Bundesnetzagentur auf die bisherigen Meldeprozeduren, die längst im Marktstammdatenregister hätten aufgehen sollen. So können und müssen Photovoltaikanlagen von Ihren Betreibern weiterhin über das PV-Meldeportal registriert werden, während beispielsweise Windkraft- und Biogasanlagen sowie Stromspeicher im sonstigen EEG-Anlagenregister gemeldet werden müssen. Meldepflicht auch für PV-Speicher Vor allem Besitzern kleiner Photovoltaik-Homespeicher scheint dies zumeist nicht bewusst zu sein. Was nicht verwundert, da die Registrierungspflicht für Speicher, die nach Erkenntnissen des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV) seit 2014 besteht, sich nur indirekt aus der Anlagenregisterverordnung in Verbindung mit der genauen Begriffsbestimmung in § 3 des EEG ableiten lässt. Der Speicher wird hier nicht als Teil der PV-Anlage begriffen, sondern als eigenständige EEG-Anlage, obwohl er keinen Strom erzeugt und deshalb auch keine eigene Vergütung erhält. Wer das nicht weiß, wird kaum auf das betreffende mehrseitige Registrierungsformular stoßen, das auf der Internetseite der Bundesnetzagentur existiert, aber nicht mit dem PV-Meldeportal verlinkt ist. Erst in der seit 1. Juli gültigen MaStRV wird die Registrierungspflicht von Speichern explizit erwähnt. So verwundert es nicht, dass nach Recherchen des SFV bis Anfang dieser Woche von etwa 50.000 in Deutschland installierten PV-Speichern lediglich 135 bislang den Weg in das Anlagenregister der BNetzA gefunden haben. Dass solche Meldepflichtverstöße für Betreiber von EEG-Anlagen massive finanzielle Folgen haben können, das ist der Fachwelt spätestens seit dem umstrittenen Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 5. Juli 2017 bewusst (vgl. Solarthemen 493). Mit dem EEG 2017 und der MaStRV hat die Rechtslage sich jedoch aktuell verändert – und zwar tendenziell zu Gunsten der Anlagenbetreiber. Zwar wurde die Frist in der ein Betreiber die Inbetriebnahme seiner Anlage melden muss, auf einen Monat verkürzt. Zugleich stellt das EEG in § 52 aber klar, dass sich die Vergütung auch bei einer unterlassenen Registrierung nur so lange auf null verringert, bis eine Meldung der produzierten und selbstverbrauchten Strommengen fristgerecht zum 28. Februar des Folgejahres an den Netzbetreiber erfolgt. Wenn diese Meldung geschieht, wir eine versäumte BNetzA-Registrierung nur noch mit einem 20-prozentigen Vergütungsabschlag geahndet. Dies ist eine Verbesserung gegenüber der BGH-Auslegung der früheren Rechtslage, wonach Vergütungen im Fall der Fälle ganz bzw. seit August 2014 zum überwiegenden Teil (Differenz zum Strommarkt-Preis) zurückgezahlt werden mussten. Ohne Meldung kein Cash Die Verbesserung liegt auch an einer kleinen Neuerung im Wortlaut der Marktstammdatenregisterverordnung, auf die BNetzA-Experte Stratmann aufmerksam macht: Eine versäumte Registrierung wirke sich nach § 23 MaStRV nunmehr auf die Fälligkeit, nicht aber auf den grundsätzlichen Anspruch auf die Förderung aus. Zu deutsch: Der Netzbetreiber darf und wird künftig erst zahlen, nachdem die Anlage vom Betreiber im Marktstammdatenregister eingetragen wurde; dadurch kann es erst gar nicht zu Rückforderungsansprüchen kommen, wie sie jetzt vom BGH zu entscheiden waren. Stratmann: „Das ist nicht zum Nachteil, sondern zum Nutzen des Anlagenbetreibers. Es schützt ihn vor dieser Falle.“ Freilich ist damit nicht das Problem vom Tisch, dass Anlagenbetreiber in Ermangelung eines Zugangs zum MaStR derzeit keine Chance haben, die vielfältigen Meldungen online abzugeben, zu denen sie jetzt oder nach Ablauf von Übergangsfristen per MaStRV gesetzlich verpflichtet sind. Beispielsweise müssen neben der reinen Leistung einer PV-Anlage künftig auch deren geografische Lage in Längen- und Breitengraden, die Anzahl der Module sowie Haupt- und Nebenausrichtung nebst jeweiligem Neigungswinkel gemeldet werden. Alle diese Daten sollen dann öffentlich zugänglich sein. Auch für alle Bestandsanlagen, die direkt oder indirekt mit dem Netz verbunden sind, müssen diese Angaben von deren Betreibern – nach Übergangsfristen – manuell nachgemeldet werden. Jeder, der beispielsweise im 1000-Dächer-Programm Anfang der 1990er Jahre eine PV-Anlage errichtet hat, die heute noch läuft, ist betroffen. Ebenso jeder, der ein Balkon-Solarmodul an sein Hausnetz anschließt – selbst wenn niemals ein Elektron aus dieser Anlage das öffentliche Netz erreicht. Das MaStR kennt keine Bagatellgrenze. Und die BNetzA kann Bußgelder bis zu 50000 Euro verhängen, sobald jemand seiner Meldepflicht nicht nachkommt. Von dieser Möglichkeit werde man allerdings keinesfalls Gebrauch machen, solange das neue Register nicht verfügbar sei, versichert BNetzA-Vertreter Stratmann. Auch werde von Seiten der Behörde niemandem, der eine fristgerechte Anmeldung seiner bestehenden Anlage versäumt oder dabei geschummelt habe, ein Strick daraus gedreht, wenn er sich nun aus eigenem Antrieb ehrlich mache. Dies zu tun, empfehlen auch Betreiberanwälte wie der Regensburger Jurist Helmut Loibl ihren Mandanten: „Man darf nicht den Kopf in den Sand stecken, wenn einem ein Meldeverstoß bewusst wird.“ Eine schnellstmögliche Nachmeldung sei in jedem Fall geraten. Loibl und der Hausjurist des BDEW, Christoph Weißenborn, sind sich im übrigen einig, dass Anlagen- wie Netzbetreiber gut beraten sind, auf Nummer sicher zu gehen, und der Bundesnetzagentur auch solche Meldungen aufzudrängen, die sie laut MaStRV bereits online vornehmen müssten, wozu sie aber mangels Onlineregister noch nicht in der Lage sind. Weißenborn: „Schicken Sie ein Fax an die Bundesnetzagentur!“ Stratmann versichert zwar, die BNetzA habe absolut kein Interesse an einer solchen Flut von Faxen und allen wirklich dringenden Meldefristen könne auf den bisherigen Meldeportalen weiterhin nachgekommen werden, solange das MaStR nicht in Betrieb sei. Doch den Juristen reicht das nicht. Wie kulant die Bundesnetzagentur sich angesichts ihrer eigenen Bringschuld beim MaStR möglicherweise verhalte, sei das eine. Das andere sei, ob Netzbetreiber gegenüber den Anlagenbetreibern Vergütungszahlungen mit Hinweis auf die geltende MaStRV aussetzen könnten und wie – zumal nach dem BGH-Urteil – die Gerichte damit umgehen würden. Endgültige Klarheit kann erst der Gesetzgeber schaffen, indem er die MaStRV aussetzt bis das MaStR funktioniert. Doch unmittelbar nach der Bundestagswahl sei dies so schnell nicht zu erwarten, meint Hanna Schumacher vom Bundeswirtschaftsministerium. Text und Foto: Guido Bröer

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