Interview mit Nina Munzke und Nikolaus Lemmertz (KIT): Speicher sind ausgereift

Die beiden Ingenieure Nina Munzke und Nikolaus Lemmertz arbeiten am Batterietechnikum des Karls­ru­her Instituts für Technologie (KIT). Munzke ist Gruppenleiterin für Systemsteuerung und -analyse und befasst sich mit der Effizienz von Speichersystemen. Lemmertz ist Gruppenleiter für Systemtechnik und hat die Sicherheit der Geräte im Fokus. Die Solarthemen sprachen mit ihnen über die von ihnen beobacheten Entwicklungen bei Stromspeichern.

Solarthemen: Immer mehr Solarstrom-Speichersysteme werden in Kombination mit Speichersystemen errichtet. Macht das überhaupt schon Sinn?

Nina Munzke: Aus wirtschaftlicher Sicht macht es Sinn, wenn ich die Kombination aus PV-Anlage und Speicher mit dem Strombezug aus dem Netz vergleiche. Sicherlich macht es auch Sinn mit Blick auf die Energiewende. Wenn ich jedoch derzeit den Betrieb eines Speichers im Vergleich mit einer reinen Photovoltaik-Anlage ohne Speicher unter dem Aspekt einer möglichst hohen Rentabilität betrachte, dann liegt die pure PV-Anlage noch vorn, solange es eine Einspeisevergütung gibt.

Wann würden Sie privaten Anwendern dazu raten, einen Speicher einzusetzen?

Munzke: Wir brauchen sicherlich, um die Energiewende zu schaffen, mehr Speicher in Deutschland. Und wenn Menschen dazu beitragen wollen, ist ein Speicher immer zu empfehlen. Wie gesagt ist er im Vergleich zum Netzstrom auch zumindest kostenneutral. Was sind die besonderen Eigenschaften eines Speichers, die zu beachten sind?

Nicolaus Lemmertz: Ganz grundlegend sollten die Sicherheitsaspekte bei Stromspeichern beachtet werden. Das nächste Stichwort wäre die Zuverlässigkeit und damit einhergehend ein guter Support. Das ist vergleichbar mit der Gas­therme – wenn die nicht funktioniert, erwarte ich vom Installateur auch, dass er das System möglichst bald wieder in Gang setzt. Ebenso erwarte ich das bei einem Speichersystem.

Stromspeicher sind ein vergleichsweise junges Produkt. Auch Installateure benötigen durchaus noch Orientierung, hatten eventuell mit einzelnen Produkten bereits Probleme. Was wären wichtige Fragen, die man dem Hersteller stellen sollte?

Munzke: Die Sicherheit sollte geprüft sein. Bei der Performance kann man sich daran orientieren, ob der Speicher entsprechend dem Effizienzleitfaden vermessen wurde. Dieser Leitfaden wurde kürzlich auch überarbeitet und enthält jetzt einige Parameter, die im Rahmen eines recht großen Hersteller-Konsenses vereinbart wurden. Nun werden auf Datenblättern zumindest der Batteriewirkungsgrad, der Wirkungsgrad der Leistungselektronik, der Stand-by-Verbrauch und Informationen zur Regeleffizienz veröffentlicht. Und die wurden auch einheitlich gemessen. Zudem gibt es dank des Effizienzleitfadens endlich einheitliche Kriterien zur Bestimmung des Batterieenergieinhalts.

Was sind denn dann gute Werte?

Munzke: Das ist eine gute und nicht so leicht zu beantwortende Frage, da es sich bei den genannten Werten um mehrere handelt. Derzeit ist es ein großer Fortschritt, dass es einheitlich bestimmte und somit erstmals vergleichbare Werte sind. Für die im Rahmen des Projektes SafetyFirst vermessenen Geräte haben wir diese auch schon vorgestellt. Von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin gibt es zudem einen mit Hilfe von Simulationen bestimmten Wert für die Speicherperformance, den SPI. Zudem sollte man auch danach fragen, wie die Regelung funktioniert, ob die prognosebasiert läuft. Denn dadurch könnte sogar die Alterung des Speichers vermindert werden. Eventuell kann man so auch vermeiden, die Mittagsspitze zu kappen, und den Strom besser speichern.

Am KIT prüfen Sie sehr viele Speicher. Wo sehen Sie in den vergangenen Jahren eine Entwicklung? Haben auch die Hersteller hinzugelernt?

Lemmertz: Vor etwa fünf Jahren gab es viele Firmen, die Speichersysteme auf den Markt gebracht haben. Jetzt sieht man eine deutliche Professionalisierung in der Branche. Das ist ein deutlicher Entwicklungsschritt. So viele Speicherhersteller wie vor fünf Jahren gibt es nicht mehr. Und die, die am Markt tätig sind, gehören inzwischen zum Großteil großen Unternehmen aus der Energiewirtschaft und der Elektronikbranche oder haben einen finanzkräftigen Investor.

Munzke: Deutlich sieht man eine Entwicklung auch in der Performance der Geräte. Viele Systeme sind in den vergangenen zwei Jahren deutlich effizienter geworden. So sind etwa die Stand-by-Verbräuche bei einigen Geräten sehr stark gesunken.

Sie sagen, in den vergangenen zwei Jahren habe sich sehr viel getan. Kann man daraus den Schluss ziehen, dass man mit der Investition in einen Speicher lieber noch ein paar Jahre warten sollte?

Lemmertz: Die Lernkurve wird generell flacher. Zum Beispiel die Batteriemodule, die man vor fünf Jahren gesehen hat, die teils zusammengebastelt waren, sieht man heute nicht mehr so. Auch aus produktionstechnischer Sicht sind die Speicher deutlich besser geworden. Ebenso hat sich bei den Einbauaspekten, um Fehlerquellen bei der Installation im Gebäude zu reduzieren, sehr viel getan. Und im Bereich der Zuverlässigkeit der Systeme hat sich bereits sehr viel entwickelt. Hier wurden große Teile der möglichen Lernkurve schon durchschritten. Viele Speicherhersteller bieten mittlerweile skalierbare Systeme an und immer mehr Speichersysteme sind Hochvoltsysteme.

Wo hakt es aus Ihrer Sicht denn noch besonders?

Munzke: Am Ende unseres Projektes haben wir auch die IT-Sicherheit noch genauer betrachtet. Da waren bei einzelnen Herstellern noch deutliche Probleme zu sehen. Wir sind auf die Hersteller zugegangen und haben sie darauf aufmerksam gemacht sowie gebeten, daran zu arbeiten. Das wird sich hoffentlich noch weiterentwickeln. Man kann daran erkennen, dass die Unternehmen, die Speicher entwickelt haben, zunächst jedenfalls keine IT-Spezialisten waren.

Sie meinen solche Aspekte wie Passwörter, die in allen Geräten eines Herstellers gleich voreingestellt und nicht zu ändern waren?

Munzke: Ja genau – so habe ich es ja auch bei Präsentationen für die Branche wie beim Photovoltaik-Symposium in Bad Staffelstein vorgestellt.

Für Installateure sind Systeme wichtig, die beim Kunden wenig Ärger bereiten. Haben Sie einen Tipp, worauf er dann besonders achten sollte?

Lemmertz: Für ihn werden ein guter Support vom Hersteller und Schulungen zur Installation des Gerätes wichtig sein. Dann sollte das System so aufgebaut sein, dass man es schnell und einfach installieren kann. Anfangs haben wir Systeme gesehen, die deutlich über 100 Kilogramm wogen und sehr groß waren. Da fällt es einer Person extrem schwer, sie in einem Haushalt zu installieren. Ein weiterer Aspekt ist der sichere, fehlerfreie Aufbau, dass zum Beispiel Kabel nur an eine Position passen.

Gibt es Speicher, mit denen man so richtig falsch liegen kann?

Lemmertz: Denen begegnet man nicht mehr so häufig wie früher. Und wie vermeidet man es, so einen Speicher zu kaufen?

Munzke: Man sollte sich über bestimmte Qualitätskriterien kundig machen, zum Beispiel, ob die Sicherheit abgeprüft wurde. Wenn Geräte nach dem Effizienzleitfaden auf die Performance vermessen wurden, wird man vermutlich nicht so stark daneben liegen.

Lemmertz: Die entscheidenden Dokumente im Bereich der Sicherheit waren ursprünglich der Leitfaden für die Lithium-Ionen-Heimspeicher. Daraus wurde die VDE-Anwendungsregel 2510-50 entwickelt, die sehr umfassend die Sicherheit dieser Speicher abbildet. Wenn die Hersteller die Systeme anhand dieser Regeln geprüft haben, liegt man schon relativ sicher. Es gibt auch noch weitere Normen, auf deren Konformität die Systeme hin geprüft sein sollten.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Sicherheit und der sonstigen Qualität der Heimspeichersysteme? Sind Speicher, die sicher sind, auch effizienter?

Munzke: Sagen wir es mal in dieser Weise: Wenn ein Speicher in der Sicherheit top ist, dann ist nicht auch zwangsläufig die Performance top. Aber ein Hersteller, der sich bei der Sicherheit keine Mühe gibt, wird sehr wahrscheinlich auch bei der Performance nicht gut abschneiden. Es gibt zwischen beiden Bereichen häufig eine Korrelation.

Wir sprachen über die Wirtschaftlichkeit. Sie erklärten, dass Solarsysteme mit Stromspeichern zum Netzstrom konkurrenzfähig seien. Das hängt aber davon ab, dass sie lange ohne große Schäden laufen. Gibt es Kriterien, auf die man achten kann, um ein Gerät zu kaufen, das lange hält?

Lemmertz: Man kann die Installateure danach fragen, welche Systeme sie wie oft verbaut und welche Erfahrungen sie damit gesammelt haben. Die Zuverlässigkeit ist ein wichtiger Punkt. Da sind unsere Erfahrungen, die hier natürlich vor allem auf mittlerweile älteren Systemen beruhen, nicht durchweg positiv. Für den Endkunden ist der bislang beste Weg tatsächlich, den Installateur zu fragen.

Ein Thema im Zusammenhang mit Speichern ist die Sicherheit. Das KIT hat hier bereits vor ein paar Jahren für eine hohe Aufmerksamkeit gesorgt. Wie würden Sie die Sicherheitslage insbesondere bei Hausspeichern einschätzen?

Lemmertz: Die Lithium-Ionen-Technologie ist jetzt im Markt angekommen. Vor fünf Jahren gab es bei dieser Technologie ein großes Sicherheitsdefizit – das lag unter anderem am fehlenden Wissen über diese Technologie. Hinzu kommt, dass es mittlerweile einen definierten Stand der Technik und auch die entsprechenden Normen bzw. die Anwendungsregel gibt: Wie muss ich ein System aufbauen, damit es die Anforderungen an die Sicherheit erfüllt? Seit fünf Jahren wurde sehr viel dafür getan, das zunächst vorhandene Defizit zu beseitigen. Und es kommt hinzu, dass eine gewisse Marktbereinigung stattgefunden hat. Batterieentwicklung ist aufwändig und teuer. Es ist nicht damit getan, einfach ein paar Batteriezellen zusammenzuschrauben. Durch die Marktbereinigung hat sich die Situation deutlich verbessert. Mittlerweile werden für die Speichersysteme entweder Batteriemodule von Batterieherstellern gekauft, die wissen, was sie machen, oder sie werden von Heimspeicherproduzenten gefertigt, die sich selbst sehr gut damit auskennen. Die anderen finden wir aktuell nicht mehr so stark vertreten auf dem Markt.

Sind die Stromspeicher, die man heute kaufen kann, zum Beispiel auch auf Onlineplattformen, gerade mit Blick auf den Hausgebrauch schon sicher genug?

Lemmertz: Man kann sicherlich irgendwo ein Produkt erwerben, was ich definitiv für den Einsatz nicht empfehlen würde. Aber das ist kein spezifisches Speicherproblem – online kann man alles Mögliche kaufen. Wenn ein System besonders günstig ist, sollte man sich schon überlegen, woher dieser Kostenvorteil kommt. In manchen Fällen liegt das dann an einer miserab­len Zellqualität, die man nicht einsetzen sollte.

Welchen, ich sage mal, Stempel sollte ein Speichersystem haben, welche Zertifizierung sollte es haben, damit ich es bedenkenlos kaufen kann?

Lemmertz: Es sollte nach der Anwendungsregel VDE-AR-E 2510-50 zertifiziert sein und den weiteren Normen, die für die Sicherheit eines stationären Speichersystems relevant sind. Hersteller, die wollen, dass ihr System ein hohes Maß an Sicherheit erfüllt, lassen danach prüfen. Man sollte sich auch vor Augen führen, dass wir bereits rund 125.000 Heimspeicher-Systeme in Deutschland installiert haben. Es gab in den letzten Jahren Brände in der Größenordnung von 10 bis 15 Fällen, in die solche Speichersysteme involviert war. Hierbei war in den seltensten Fällen die Batterie Ursache des Brandes.. Nichtsdestotrotz leisten wir weiterhin einen Beitrag um die Systeme sicher und performant zu machen.

Interview: Andreas Witt

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