Schlechtes Zeugnis für Mieterstromregelung

Eines von wenigen Beispielen für ein Mieterstromprojekt in Berlin. (Foto: Berliner Wasserwerke)
Das Bundeswirtschaftsministerijum hat seinen Erfahrungsbericht zum derzeitige im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelten Mieterstrommodell vorgelegt. Es stellt ihm darin selbst ein schlechtes Zeugnis aus und kündigt Modifizierungsvorschläge an. „Insgesamt zeigt sich, dass der bisherige Zubau von Mieterstromanlagen mit insgesamt rund 14 MW deutlich hinter den Erwartungen bleibt“, erklärt das Bundeswirtschaftsministerium in seinem jetzt vorgelegten Bericht. Die Förderkosten für […]

Das Bundeswirtschaftsministerijum hat seinen Erfahrungsbericht zum derzeitige im Erneuerbare-Energien-Gesetz geregelten Mieterstrommodell vorgelegt. Es stellt ihm darin selbst ein schlechtes Zeugnis aus und kündigt Modifizierungsvorschläge an.
„Insgesamt zeigt sich, dass der bisherige Zubau von Mieterstromanlagen mit insgesamt rund 14 MW deutlich hinter den Erwartungen bleibt“, erklärt das Bundeswirtschaftsministerium in seinem jetzt vorgelegten Bericht. Die Förderkosten für das Modell seien zwar gering – in zwei Jahren wurde nur rund 30.000 Euro ausgeschüttet. „Es wird deutlich“, so das Ministerium im Erfahrungsbericht, „dass die Rahmenbedingungen aktuell offenbar nicht ausreichen, um Mieterstrom als nennenswertes Segment eines zusätzlichen PV-Zubaus dauerhaft zu etablieren und die vorhandenen Potentiale zu erschließen.“
Grundlage für den vorliegenden Bericht sind nach Angaben des Ministeriums einerseits die frei verfügbaren Daten bei der Bundesnetzagentur, der Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien Statistik (AGEE-Stat) beim Umweltbundesamt sowie den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB). Zudem hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff- Forschung Baden-Württemberg im Rahmen des regulären EEG-Erfahrungsberichts mit der Erstellung der wissenschaftlichen Grundlage zum Mieterstrombericht beauftragt.
Im Ergebnis sieht das Ministerium folgende wesentlichen Probleme:
Der Mieterstromzuschlag ist angesichts der hohen Kosten dieser Vermarktungsform aktuell zu niedrig, um deutliche Anreize zur Investition in neue PV-Mieterstromanlagen zu setzen. Bei Mieterstrom wird der Förderbetrag an die – sinkende – EEG-Einspeisevergütung gekoppelt. Der Abschlag betrug zunächst einheitlich 8,5 Cent/kWh. Das brachte zu Beginn der Mieterstromregelung noch 2,6 und 3,7 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Aufgrund der ab August 2018 erfolgten Degression bei den Einspeisevergütungen ist der Mieterstromzuschlag bis Juni 2019 auf 1,2 bis 2,3 ct/kWh gesunken und er wird weiten sinken.
Dabei war und ist der Mieterstromzuschlag nur eine Alternative zu anderen möglichen Regelungen. Stattdessen wäre es auch möglich gewesen, Strom, der an Mieter geliefert wird, von der EEG-Umlage auszunehmen. Dies würde auch dem Geist der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie entsprechen, laut der Eigenstromverbrauch – einschließlich des gemeinschaftlichen Verbrauchs auf einem Areal – von jeglichen Abgaben, Steuern etc. befreit sein soll. Doch bei Einführung des Mieterstromzuschlag entschied sich der Gesetzgeber ausdrücklich gegen Befreiungen von der EEG-Umlage für Mieterstrom
Stattdessen wird der Mieterstromzuschlag von einigen Anforderungen an Vermieter begleitet, die von vielen nicht geleistet werden können. So nutzen einzelne Vermieter ein Lieferkettenmodell, in das sie einen Energieversorger miteinbeziehen. Dies wird aber von der Bundesnetzagentur abgelehnt. In der Folge führe dies zu einer Verunsicherung von Vermietern, die ihren Mietern Solarstrom anbieten wollten, konstatiert das Ministerium.
Zu den jetzt im Bericht vom Ministerium bereits angekündigten Novellierungen des EEG zählt daher auch, dass die Zulässigkeit des Lieferkettenmodells (§ 21 Abs. 3 EEG 2017) klargestellt weden solle. Zudem sieht es vor, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch eine Anhebung der Vergütung zu verbessern bzw. bei der Kopplung der Mieterstrom- an die Einspeisevergütung nachzujustieren und die aktuellen Regelungen zur Anlagenzusammenfassung zu präzisieren.

Robert Busch, Geschäftsführer des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft. erklärt zum Bericht: „Zwei Jahre nach Einführung der Mieterstromförderung ist die Bilanz mehr als ernüchternd. Das Ziel, über Mieterstromprojekte die Energiewende in den Städten voranzubringen, liegt nach wie vor in weiter Ferne.“ 

Julia Verlinden, die Sprecherin für Energiepolitik der büdnisgrünen Bundestagsfraktion sagt: „Der Bericht bestätigt: Die Regierung hat dieses wichtige Instrument für die Energiewende in den Städten vollkommen vermasselt. Wo längst Solarenergie produziert werden könnte, reihen sich verschenkte Dachflächen aneinander. Zu viel Bürokratie, zu wenig Anreize – so hat Altmaier sauberen Mieterstrom blockiert.“, Die Regierung müsse jetzt Konsequenzen aus ihrem eigenen Bericht ziehen und einen Neustart beim Mieterstrom schaffen. „Altmaier sollte unmittelbar die Vorgaben der wegweisenden neuen EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien umsetzen und gemeinschaftliche Eigenversorgung mit Ökostrom ermöglichen und beschleunigen“, fordert Verlinden

"Der Evaluierungsbericht zum Mieterstrom ist der Beleg dafür, dass nur unkomplizierte Regelungen das enorme Potenzial der städtischen Energiewende heben können“, so Malte Zieher, Vorstand des Bündnis Bürgerenergie. Vor diesem Hintergrund fordert das Bündnis Bürgerenergie ein neues Verständnis von Eigenversorgung aus Erneuerbaren Energien, das ausnahmslos allen Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen in der Bundesrepublik das Recht einräumen solle, von einer Eigenversorgung aus Erneuerbare-Energie-Anlagen zu profitieren. Dazu schlägt es drei Formen der Eigenversorgung vor: "den grünen Gebäudestrom, den grünen Nachbarschaftsstrom und den grünen Gemeinschaftsstrom. Kern aller drei Modelle ist es, dass keine EEG-Umlage auf lokal erzeugten und verbrauchten Strom aus Anlagen jeder Größe anfallen darf."
19.9.2019 | Autor: Andreas Witt  | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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