Windkraft-Abstände: Bundesregierung verweigert Auskunft

Im Vordergrund ein Dort im Hunsrück, im Hintergrund Windkraftanlagen mit akzeptierten Windkraft-AbständenFoto: Kara / stock.adobe.com
Windräder im Hunsrück. Hier werden sie auch aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile für die Gemeinden häufig akzeptiert.
Auf Fragen der Bundestagsfraktion Bündnis/Die Grünen zu geplanten bundeseinheitlichen Abständen von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung gibt es von der Bundesregierung keine Antworten. Sie verweist lediglich auf laufende Ressortverhandlungen.

Die Grünen reagierten mit ihrer Kleinen Anfrage zu Windkraft-Abständen auf einen im Herbst bekannt gewordenen Referentenentwurf aus dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi). Es schlägt vor, den Abstand von 1000 Metern im Baugesetzbuch vorzusehen, sobald eine „signifikante Wohnbebauung“ von fünf Gebäuden vorliege. Auch an dieser Forderung des BMWi liegt es, dass sich das Bundeskabinett bislang nicht auf das Kohleausstiegsgesetz und die damit verbundenen weiteren Gesetzesänderungen einigen konnte. Bundesumweltministerin Svenja Schulze und einige SPD-Parlamentarier lehnen die enge Definition des BMWi für den unbestimmten Rechtsbegriff der „signifikanten Wohnbebauung“ ab.

In ihrer Anfrage wollten die Grünen nun nähere Hinweise zum fachlichen Hintergrund der Forderungen nach weiten Windkraft-Abständen erhalten. So wollen sie unter anderem wissen, welche Studien der Auswahl der Gebäudeanzahl zugrundeliegen. Sie fragen, wie genau die Regierung das Kriterium „fünf Wohngebäude“ hinsichtlich der Wohn- und Nutzfläche, der Geschosshöhe und der Abstände der einzelnen Gebäude zueinander definiert. Die Partei erkundigt sich auch, welche Definition von Bebauung dem unbestimmten neuen Rechtsbegriff von „fünf Wohngebäuden“ am nächsten komme. Eine Frage lautet: „Sieht die Bundesregierung fünf Wohngebäude als signifikante Bebauung an, und wenn ja, auf welchen wissenschaftlichen Studien basiert dies?“

Verweis auf Ressortabstimmungen

Auf all diese Fragen zu Windkraft-Abständen gibt die Bundesregierung keine klare Antwort. Sie erklärt lediglich: „Die Ressortabstimmungen zu der vorgesehenen Mindestabstandsregelung für Windenergie dauern noch an. Die Bundesregierung nimmt zu laufenden Ressortverhandlungen nicht Stellung.“ 

Dabei sollten aber zweierlei Dinge unterschieden werden. Bei Ressortverhandlungen geht es um politische Entscheidungen, die sich so oder anders treffen lassen. Die Grünen fragen jedoch nach den Grundlagen des schon bekannten, vom BMWi geschriebenen Gesetzentwurfs.

Akzeptanz dank Abstand?

Ähnlich reagiert die Regierung auf die Konfrontation mit einer von ihr selbst getroffenen Aussage. Noch im Jahr 2018 hatte sie einen Zusammenhang von Windkraft-Abständen und Akzeptanz nicht bestätigt. „Nach Kenntnis der Bundesregierung ist kein Zusammenhang zwischen der ländereigenen Festlegung erhöhter Mindestabstände und einer höheren Akzeptanz empirisch nachgewiesen worden.“ Die Grünen möchten nun wissen, welche Untersuchung zum Zusammenhang von Akzeptanz und Windkraft-Abständen der Bundesregierung inzwischen vorliegen. Sie möchten erfahren, was für größere Abstände spricht. Für die Union und den Wirtschaftsminister ist dies eine wesentliche Maßnahme. Sie wollen solaut eigener Aussage für mehr Akzeptanz für die Windkraft zu sorgen. 

Doch auch diese Frage will die Regierung nicht mit Bezug auf wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse beantworten. Sie schreibt stattdessen: „Die Bundesregierung entnimmt aus den aktuellen Diskussionen im Deutschen Bundestag, dass im politischen Raum sehr unterschiedliche Auffassungen zu Auswirkungen von Abstandsregeln auf die Akzeptanz bei der Windenergie bestehen.“ Damit führt die Regierung eine Art Selbstverweis auf den Bundestag als Ersatz für Akzeptanzforschung ein. Würde sie diese Aussage auf andere Entscheidungen übertragen, so gäbe es wohl kein Politikfeld, mit weitgehender Akzeptanz in der Bevölkerung. Denn Debatten im Bundestag zu strittigen Entscheidungen gehören zu den wesentlichen Bestandteilen der Demokratie. 

16.1.2020 | Autor: Andreas Witt | Solarthemen | solarserver.de
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