Johann Saathoff: Mehr Photovoltaik in die Städte bringen

Portrait von Johann SaathoffFoto: Christian Kiel / SPD
SPD-Abgeordneter Johann Saathoff
Der energiepolitische Koordinator und stellvertretende wirtschaftspolitische Sprecher der  SPD-Frakton wurde 2013 erstmals in den Bundestag gewählt. Seit 2003 fungierte der Verwaltungsfachmann als erster hauptamtlicher Bürgermeister der Gemein­de Krummhorn. Saathoff ergriff gemeinsam mit weiteren SPD-Abgeordneten Ende 2019 die Initiative und forderte eine bessere Mieterstromregelung.

Solarthemen: Im Dezember haben Sie zusammen mit Parteikollegen einen eigenen Vorschlag für eine Novelle der Mieterstromregelungen im EEG vorgelegt. Wie war denn die Resonanz auf Ihren Vorstoß, um Photovoltaik in die Städte zu bringen?

Johann Saathoff: Die Resonanz aus der Branche war durchweg positiv. Dass hier Handlungsbedarf besteht ist ja auch kein Novum. Die geringe Zubaumenge im Mieterstrombereich spricht für sich und der im Sommer vorgelegte Mieterstrombericht hat bereits die zentralen Handlungsansätze für eine Weiterentwicklung des Mieterstromgesetzes identifiziert. Alle warten jetzt nur auf die Umsetzung.

Und bekommen Sie für Ihren Vorstoß Unterstützung in der eigenen Partei bzw. der eigenen Fraktion?

Den Entwurf haben alle Fachpolitiker unserer Fraktion in enger Abstimmung erarbeitet. In der SPD-Fraktion sind wir uns einig, dass wir alles dafür tun müssen, um mehr Photovoltaik in die Städte zu bekommen. 

Gesetzesinitiative für Mieterstrom

Werden Sie Ihren Gesetzesvorschlag tatsächlich in den Bundestag einbringen? Bzw. unter welchen Voraussetzungen wollen sie ihn eventuell in den Bundestag einbringen?

Der Gesetzentwurf war als erster Aufschlag gedacht, um dem Bundeswirtschaftsministerium auf die Sprünge zu helfen. Immerhin hatte Minister Altmaier uns schriftlich zugesagt, spätestens im November 2019 einen Gesetzesvorschlag vorzulegen. Da das nicht passiert ist, haben wir selber einen geschrieben. Ich gehe davon aus, dass das Bundeswirtschaftsministerium bald einen vergleichbaren Gesetzentwurf vorlegt, der dann mit der EEG-Novelle verabschiedet wird. 

Das Bundeswirtschaftsministerium hat uns gegenüber erklärt, es werte derzeit den Mieterstrombericht vom September aus und prüfe, welche Rahmenbedingungen sich als zu restriktiv erwiesen hätten. Die Rahmenbedingungen wolle es dann im Rahmen einer EEG-Novelle anpassen. Aufgrund der Ankündigungen des Mi­nis­teriums im Herbst vergangenen Jahres ist allerdings zu erwarten, dass die Vorschläge des Ministeriums deutlich hinter Ihren zurückbleiben werden. Wie wollen Sie damit umgehen?

Sorry, aber dass mit der Auswertung kann ich so nicht stehen lassen. Mit Vorlage des Berichts war da auch alles ausgewertet. BMWi hat da einfach seine Arbeit nicht gemacht. Bei jedem Gesetzesvorschlag gilt das „Strucksche Gesetz“. Kein Gesetz kommt aus dem Parlament so heraus, wie es eingebracht worden ist, denn am Ende werden die Gesetze noch immer im Bundestag verabschiedet. 

Was ist Ihnen besonders wichtig, um Photovoltaik in die Städte zu bringen?

Das Mieterstromgesetz muss endlich zu einer Erfolgsgeschichte werden, damit auch Mieter an der Energiewende teilhaben können. Die Handlungsansätze sind klar. Die Mieterstromnovelle muss neben der Höhe der Vergütung auch den Quartiersansatz, den räumlichen Zusammenhang sowie eine Verschlankung der Bürokratie umfassen.

Quartierslösung

Sie wollen die Quartiersversorgung im Rahmen der Mieterstromregelung erleichtern. Dafür soll u.a. die erlaubte Anlagengröße auf 750 kW erweitert werden. Und Sie möchten den Förderbetrag für Mieterstrom erhöhen. Mit Blick auf die Beschlüsse zur CO2-Bepreisung und zur damit verbundenen Reduktion der EEG-Umlage wäre der Förderbetrag dann in etwa so hoch wie die Umlage. Wäre es da nicht einfacher, sich die Regelungen der europäischen Erneuerbare-Energien-Verordnung zu eigen zu machen? Demnach könnten wir bei Eigenstromversorgung gänzlich auf die EEG-Umlage verzichten und das EEG deutlich entschlacken? Laut der EU-Richtlinie soll ausdrücklich die Lieferung von Strom aus Erneuerbare-Energien-Anlagen an Mieter bzw. in einem Areal von Umlagen befreit werden, sofern die Anlage vor Ort installiert ist.

Es besteht über das Mieterstromgesetz hinaus ganz grundsätzlicher Reformbedarf im EEG. Das betrifft nicht nur Fragen der Eigenstromversorgung sondern auch die Finanzierung des EEG. Ob wir uns in diesen eher grundsätzlichen Fragen jedoch zeitnah innerhalb der Koalition verständigen werden, ist aus meiner Sicht mehr als fraglich. Die Reform des Mieterstromgesetzes ist jedoch auch in kurzer Frist umsetzbar.

Photovoltaik-Deckel abschaffen 

In Ihrem Gesetzesvorschlag ist auch enthalten, den PV-Deckel im EEG abzuschaffen. Die Solarbranche wartet dringend darauf. Doch offenbar will die Regierung neben weiteren Punkten den Kohleausstieg, die Abschaffung des PV-Deckels und die Abstandsregeln für die Windkraft im Paket beschließen, was sich im Kabinett Woche um Woche verzögert. Wie schätzen Sie die Chancen ein, den PV-Deckel gesondert von den anderen strittigen Punkten beschließen zu können?

Es ist einfach zu machen und wir sind dazu bereit. Frau Bundeskanzlerin Merkel hatte ihn im Herbst sogar schon für abgeschafft erklärt. Minister Altmaier will das angeblich auch und das BMWi hat im Dezember angekündigt, die besonders eilbedürftigen Teile des EEG bald ändern zu wollen. Das muss jetzt endlich mal geschehen! 

Mehrheiten finden

Gesetzesvorschläge müssen nicht von der Bundesregierung kommen. Auch die Parlamentarier können selbst Gesetzesvorschläge ins Parlament einbringen. Dafür ist das erste Erneuerbare-Energien-Gesetz ein gutes Beispiel. Wie lange wollen Sie warten, um beim PV-Deckel von Ihrem Initiativrecht Gebrauch zu machen?

Für Gesetzesinitiativen aus dem Parlament braucht man ja entsprechende Mehrheiten. Ab 1998 hatte Rot/Grün eine Mehrheit im Parlament. Selbst wenn die Grünen bei der Abschaffung des PV-Deckels mitmachen würden, sehe ich dafür aber momentan keine Mehrheit, weil unser Koalitionspartner sein eigenes Spiel spielt. 

Das Kohleausstiegsgesetz soll ja nun am 29. Januar im Kabinett verabschiedet werden. Danach muss sich die Bundesregierung sofort mit dem EEG befassen. Die Gespräche dazu sind schon recht weit fortgeschritten, schließlich steht das Ziel von 65 Prozent Erneuerbaren in 2030 im Koalitionsvertrag. Außerdem war das EEG ja lange Teil des Kohleausstiegsgesetzes. Endlich hat Frau Bundeskanzlerin die Brisanz dieses Themas – vor allem den Konflikt in ihrer eigenen Partei – erkannt und will bis März eine Lösung finden. Dann muss das EEG bis Mitte 2020 novelliert werden. Für den PV-Markt könnte das tatsächlich zu spät sein, schließlich braucht man auch hier einen gewissen Vorlauf für die Planungen. Deshalb sollte der PV-Deckel meiner Meinung nach schneller abgeschafft werden. 

Konflikt um die Windkraft

Herr Pfeiffer von der Union hat offenbar gegenüber der Deutschen Presse-Agentur erklärt, er wolle den PV-Deckel nur im Tausch gegen Einschnitte bei der Windkraft beseitigen. Andererseits hat die Koalition schon im vergangenen Jahr im Rahmen des Klimapaketes Kompromisse auch im Bereich der Windkraft erreicht. Doch nun scheint dies weiterhin ein wesentlicher Konfliktpunkt zu sein, der auch die Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung erschwert. Wo sehen Sie den wesentlichen Streitpunkt?

Bei der Photovoltaik sehe ich keinen Streitpunkt. Auch die CDU sieht, dass der Deckel schnellstmöglich abgeschafft werden muss. Die Offenheit von Herrn Pfeiffer gibt einen seltenen Einblick in die Verhandlungstaktik der CDU seit der letzten Bundestageswahl. Sie tut alles dafür, dass möglichst wenig Windkraft ausgebaut wird. Ob Kosten, schleppender Netzausbau oder zuletzt die Forderung nach Abstandsregelungen, irgendwas findet sich immer, um der Windkraft Steine in den Weg zu legen. Nun dient halt der PV-Deckel aus Faustpfand.

Akzeptanz

Und wie ließe sich dies Ihrer Auffassung nach lösen?

Wir haben monatelang in der sogenannten AG Akzeptanz/Energiewende zusammengesessen und sind keinen Schritt weitergekommen. Die CDU war überhaupt nicht dazu bereit, über andere akzeptanzsteigernde Maßnahmen als eine Abstandsregelung zu sprechen. Sie sind aber immer den Beweis schuldig geblieben, dass man mit einer Abstandsregelung auch den für unsere Ziele notwendigen Ausbau erreichen kann. Hier bedarf es eindeutig eines Machtworts.

Windbürgergeld vorgeschlagen

Der Union geht es laut eigener Aussage um Akzeptanz. Sie haben ein Windbürgergeld vorgeschlagen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Wie stellen Sie sich das konkret vor?

Das Gesetz zur Umsetzung der Energiewende im Steuerrecht hat ja mittlerweile den Vermittlungsausschuss durchlaufen. Im Rahmen der Verhandlungen dort wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die zwei Modelle näher prüft. Bei beiden Modellen sollen die Anwohner in den Gemeinden finanziell von den Windkraftanlagen profitieren können. Bis März soll es eine Einigung innerhalb der Bundesregierung geben, bis zur Sommerpause soll dann das EEG geändert werden.

Ich favorisiere eindeutig die Kommunalbeteiligung, denn so können alle Einwohner einer Gemeinde finanziell von einer Windkraftanlage profitieren. Es muss aber klargestellt werden, dass die Menschen nicht für Geld auf Immissionsschutz verzichten. Selbstverständlich gilt das Bundesimmissionsschutzgesetz auch hier. Außerdem ist es wichtig für uns, dass die Kommunen vom Klagerisiko entlastet werden.

24.1.2020 | Interview: Andreas Witt | Solarthemen | solarserver.de
© EEM Energy & Environment Media GmbH

Beliebte Artikel

Schließen