Tag der Beschlüsse zur Energiezukunft in Bundestag und Bundesrat

Der Plenarsaal des Bundesrates mit den Teilnehmer*innen aus den Ländern.Foto: Steffen Kugler / Bundesrat
Plenarsaal des Bundesrates
Sowohl der Bundestag als der Bundesrat haben heute einige weitreichende Beschlüsse zur Energiezukunft getroffen. Und diese betreffen nicht nur den Kohleausstieg, den Strukturwandel und die Gebäudeenergieeffizienz, sondern auch die Kraftfahrzeugsteuer, Smart Meter und alternative Geschäftsmodelle für alte Windkraftanlagen.

Der Bundestag und der Bundesrat haben heute beide dem Kohleausstiegsgesetz und dem Strukturstärkungsgesetz zugestimmt und damit Beschlüsse zur Energiezukunft in Deutschland getroffen. Bis spätestens 2038 wird Deutschland damit aus der Kohleverstromung aussteigen. Während dem Strukturstärkungsgesetz neben der Union auch Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke zustimmten. gab es beim Kohleausstiegsgesetz zunächst kein klares Ergebnis. 

Hammelsprung erforderlich

Offenbar hatten bei der 3. Abstimmung zum Kohleausstiegsgesetz Teile der Union zunächst mit Nein gestimmt. Jedenfalls konnte das Bundestagspräsidium erst nicht klar feststellen, dass es eine Mehrheit für das Gesetz gab. Daraufhin kam es zum Hammelsprung – damit wird eine Abstimmung bezeichnet, bei der alle Abgeordneten den Plenarsaal verlassen, um durch eine Ja-, Nein- oder Enthaltungstür wieder den Saal zu betreten. Im Ergebnis nahm eine Mehrheit des Bundestages das Kohelausstiegsgesetz letztlich an. 314 Abgeordneten stimmten mit ja, 237 mit nein, 3 enthielten sich.

Verbunden mit dem Kohleausstiegsgesetz ist eine Entschließung, die zu einem neuen Förderprogramm für Standorte von Kohlekraftwerken führen wird. Diese will die Koalition mit finanziellen Hilfen unterstützen, wenn sie einen Brennstoffwechsel vornehmen. Sie sollen zum Beispiel auf Biomasse, aber auch Gas umsteigen können. Die Abgeordneten haben die Regierung damit aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zu machen.

40 Milliarden für den Sturkturwandel

Über das Strukturförderungsgesetz fließen in den kommenden Jahren bis zu 40 Milliarden Euro in die Braunkohleregionen, um zu einem Strukturwandel beizutragen. Dabei sollen auch Vorhaben Unterstützung erhalten, die die Entwicklung erneuerbarer Energien fördern. (siehe auch S+-Artikel vom 25.6.2020)

In einer parallelen Sitzung stimmte auch der Bundesrat den beiden Gesetzen und Beschlüssen zur Energiezukunft zu. So können die beiden Gesetze bald in Kraft treten, nachdem der Bundespräsident sie unterzeichnet hat. Wichtig war den Ländern in diesem Zusammenhang auch, dass das Ziel, bis 2030 einen Anteil von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien am Stromverbrauch in Deutschland zu haben, nun über den Beschluss des Bundestages gesetzlich festgeschrieben ist.  

Bundesrat stimmt Gebäudeenergiegesetz zu

Neben den beiden Kohlegesetzen stimmten die Länder auch dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) zu, das das Energieeinsparungsgesetz, die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetz ablöst. Zu substanziellen neuen Anforderungen durch das GEG gegenüber den anderen Gesetzen kommt es vorerst nicht. Diese werden weitgehend fortgeschrieben. Dabei löst die Koalition eine Aufgabe, die das EU-Recht vorgibt, ein wenig verblüffend. Denn das EU-Recht sieht Niedrigstenergieebäude vor. Die Koalition erklärt mit dem GEG nun, dass schon die bisherigen Gebäudestandards diesem Kriterium entsprechen.

Aus für 52-Gigawatt-Deckel

Als Teil des Gesetzespaketes, das die Koalition mit dem GEG verbunden hat, ist auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz novelliert worden. Den Passus im EEG, der die Förderung der Photovotaik auf maximal 52 Gigawatt begrenzte, haben die Parlamentarier abgeschafft. Zudem haben sie das Baugesetzbuch geändert. Es ermöglicht den Ländern, Mindestabstände für Windkraftanlagen festzulegen. Diese sollen zur Wohnbebauung maximal 1000 Meter betragen. Bayern darf seine anderslautende Regelung mit größeren Abständen jedoch beibehalten.

Neuer Impuls für die Photovoltaik

Allerdings erfährt die Photovoltaik auch eine Stärkung durch das GEG selbst. Anders als bislang kann eine Photovoltaik-Anlage dazu dienen, den vorgeschrieben Anteil erneuerbarer Energien am Wärmebedarf eines Gebäudes zu decken. Dabei ist es aber nicht erforderlich, dass die PV-Anlage tatsächlich der Wärmeversorgung dient. Im Gesetz schreibt der Bundestag vor, welche Leistung gemessen an der Wohn- bzw. Nutzfläche eines Gebäudes dafür erforderlich ist. 

Neu ist im GEG auch eine Pflicht für die öffentliche Hand, also u.a. Kommunen. Diese müssen bei ihren eigenen Neubauten und bei Sanierungen prüfen, ob eine Photovoltaik- oder Solarthermieanlage für das Gebäude zum Einsatz kommen kann. Dies ist Teil der Beschlüsse zur Energiezukunft.

Darüber hinaus gibt es im GEG nun die Möglichkeit, dass nicht jedes einzelne Gebäude alle Anforderungen des GEG erfüllen muss. Dies kann auch innerhalb eines Quartiers für die dort befindlichen Gebäude gelöst werden.

Ländern wollen mehr Smart Meter

Auf Vorschlag des Landes Baden-Württemberg haben sich die Länder auch mit dem Thema Smart-Meter befasst.  Jetzt fordern sie, die Nutzung der intelligenten Messsysteme auszubauen. So wollen sie die Energieversorgung besser auf erneuerbare Energien ausrichten. In diesem Zusammehnang fordern die Länder die Bundesregierung auf, einen Anspruch auf dynamische Verträge sowie verbraucherschützende Maßnahmen gesetzlich zu verankern. Auch dies ist als einer der Beschlüsse zur Energiezukunft zu sehen.

Alte Windkraftwerke erhalten

Eine weitere Entschließung des Bundesrates richtet sich ebenfalls an die Bundesregierung. Darin sprechen sich die Länder einerseits deutlich dafür aus, das Repowering von Windkraftanlagen genehmigungsrechtlich zu vereinfachen. So sollen bestehende Standorte erhalten bleiben. Andererseits möchten die Länder vermeiden, dass Betreiber bestehende Windkraftanlagen, die 2021 aus der Förderung herausfallen, stilllegen.  Sie fordern die Regierung daher auf, wirtschaftliche Alternativkonzepte zu schaffen, die einen Weiterbetrieb der Anlagen ermöglichen. Optionen dafür sehen die Länder in Power Purchase Agreements und in der regionalen Grünstromvermarktung. Dafür seien jedoch die Rahmenbedingungen zu verbessern. Beschlüsse zur Energiezukunft stehen hier also noch aus.

Novelle des EEG gefordert

Außerdem verlangt der Bundesrat in einem weiteren Beschluss zur Energiezukunft eine schnelle Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Zu den Vorschlägen der Länder zählt dabei eine systematische Reform der Abgaben und Umlagen im Energiebereich. EEG-Umlage und Stromsteuer sollen sinken, die CO2-Preise in den Sektoren Verkehr und Wärme steigen. Die Windenergie wollen die Länder weiter ausbauen. Künftig müssen sie sich allerdings selbst daran messen lassen, welche Mindestabstände zur Wohnbebauung sie selbst festlegen. Außerdem verlangen die Länder bessere Rahmenbedingungen für die Biomasse, größere Ausbauziele für die Offshore-Windkraft, flexiblere Lösungen für die Wasserstoffproduktion und eine bessere Förderung für die Photovoltaik, insbesondere Mieterstrommodelle. 

Weniger Steuern für Elektrofahrzeuge, mehr für fossile Autos

Und auch die Elektromobilität war Thema im Bundesrat. Er unterstützt einen Vorschlag der Bundesregierung, um die Kraftfahrzeugsteuern für fossil betriebene Fahrzeuge, die bestimmte Werte beim CO2-Ausstoß überschreiten, zu erhöhen. So sollen Eigentümer von Fahrzeugen, die mehr als 95 Gramm CO2 je Kilometer verursachen, 2 Euro je g/km zahlen. Bei Fahrzeugen mit mehr als 195 g/km steigt der Satz auf 4 Euro je g/km. Dagegen wollen Regierung und Länder Elektrofahrzeuge länger von der Steuer befreien. Die bereits bestehende 10jährige Steuerbefreiung wollen sie auf Fahrzeuge ausdehnen, die bis Ende 2025 zugelassen werden. Der Bundestag muss sich noch in 2. und 3. Lesung mit diesem Gesetz befassen. 

3.7.2020 | Autor: Andreas Witt, Solarthemen | solarserver.de
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