Batterieforschung: Defektbildung an Silizium-Elektroden verstehen

Zu sehen ist eine Abbildung aus der Batterieforschung zur Defektbildung an Silizium-Anoden.Grafik: C. Chen et al., Nature Communications
Inhomogenitäten in der äußeren SEI-Schicht (rot) führen beim Laden zu unterschiedlichen Lithium-Anteilen in der Silizium-Anode (gelb/grau), sodass es zu Rissen und anderen Defekten kommt.
Theoretisch lässt sich das Speichervermögen von handelsüblichen Lithiumionen-Batterien noch vervielfachen – mit einer Elektrode, die auf Silizium anstatt auf Graphit basiert. Doch in der Praxis machen solche Akkus mit Silizium-Anoden nach wenigen Lade-Entlade-Zyklen schlapp. Forscher haben bislang unbekannte strukturelle Inhomogenitäten in der Grenzschicht zwischen Anode und Elektrolyt als Ausgangspunkte für die zerstörerischen Prozesse identifiziert.

Silizium-basierte Anoden können in Lithium-Ionen-Akkus prinzipiell neunmal so viel Ladung speichern wie der üblicherweise verwendete Graphit, bei gleichem Gewicht und gleicher Größe. Das Problem für die Batterieforschung: Schon nach kurzem Batterie-Gebrauch bilden sich in der Silizium-Anode Risse oder Teile des Materials wandeln sich gar in ein Pulver um. Ein internationales Team um die Forscher des Jülicher Instituts für Energie- und Klimaforschung (IEK-9) Chunguang Chen und Peter Notten hat nun Vorschläge unterbreitet, wie sich die Stabilität der Silizium-Anoden möglicherweise verbessern lässt – ein Ergebnis vielfältiger Untersuchungen mit einer Kombination aus vier innovativen Methoden.

Die Untersuchungen zeichnen ein detailreiches Bild vom Ablauf beim Ladevorgang. Lithiumionen aus dem flüssigen Elektrolyten wandern zur atomar glatten Oberfläche des Silizium-Kristalls. Dort entstehen nacheinander zwei Schichten einer sogenannten Festkörper-Elektrolyt-Grenzfläche (SEI-Schicht). Die erste „innere“ SEI-Schicht, besteht hauptsächlich aus Lithiumfluorid und anderen anorganischen Lithiumverbindungen. Die „äußere“ zweite SEI-Schicht ist weicher und enthält hauptsächlich organische, also kohlenstoffhaltige Lithiumverbindungen. Zeitgleich zur Bildung der äußeren SEI-Schicht wandern Lithium-Ionen in den Silizium-Kristall unterhalb der SEI ein: Dort entsteht eine amorphe, also nicht-kristalline Lithium-Silizium-Legierung.

Risse und andere Defekte an der Grenzfläche

„Bemerkenswert ist, dass sich die SEI nicht überall einheitlich – homogen – ausbildet, sondern dass es vor allem in der äußeren SEI-Schicht dickere und dünnere Bereiche sowie Bereiche mit stark unterschiedlicher Lithiumionen-Beweglichkeit gibt“, erläutert Chunguang Chen. Das hat gravierende Folgen: Auch die Lithium-Silizium-Legierung unter der SEI bildet sich trotz des ursprünglich perfekten Silizium-Kristalls nicht homogen aus. Es entstehen direkt beim ersten Ladevorgang Bereiche mit unterschiedlich hohem Lithium-Anteil sowie Risse und andere Defekte an der Grenze zwischen amorpher Legierung und Kristall.

„Bei weiteren Lade-Entlade-Vorgängen erweisen sich diese Defekte als Ausgangspunkte für eine Verformung der gesamten Anode“, sagt Peter Notten. Denn beim damit verbundenen zyklischen Ein- und Ausbau der Lithiumionen dehnt sich die amorphe Legierungsschicht um bis zu 300 Prozent aus und schrumpft dann wieder. Diese Volumenänderung setzt den Siliziumkristall darunter unter Spannung. Dieser Spannung gibt der Kristall dann bevorzugt an den Defekten nach.

„Will man die strukturelle Stabilität der Anode beim zyklischen Laden und Entladen der Batterie erhöhen, muss man bereits die Entstehung der Defekte unterdrücken, die beim ersten Ladevorgang entstehen“, folgert Chen. Erfolgversprechender Ansatzpunkt für die Batterieforschung sei es, für eine möglichst homogene Ausbildung der inneren SEI zu sorgen.

8.7.2020 | Quelle: Forschungszentrum Jülich | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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