Nanoporöse Materialien sollen Strom erzeugen

Portraitfoto Prof. Patrick Huber, TU HamburgFoto: TU Hamburg
Prof. Patrick Huber, TU Hamburg, forscht an nanoporösen Materialien zur Enrgiegewinnung
Ein EU-gefördertes Forschungsprojekt könnte die Gewinnung von elektrischer Energie durch die Nutzung von Phasenübergängen von Wasser in Nanoporen revolutionieren.

Die Natur hat vor allem im Pflanzenreich nanoporöse Materialien entwickelt. Die gewinnen aus Feuchtigkeitsschwankungen in ihrer Umgebung, wie zwischen Tag und Nacht oder zwischen Trocken- und Regenzeit, mechanische Energie. So vergraben sich zum Beispiel manche Pflanzenkeime nur durch die Energie aus Wasserkondensation und -verdampfung autonom in die Erde. Sie benötigen dazu keine externe Energie.

Forscher der Technischen Universität Hamburg möchten nun im Rahmen eines europäischen Konsortiums künstliche nanoporöse Materialien und nanofluidische Prozesse entwickeln. Diese sollen Feuchtigkeitsschwankungen in solchen natürlichen, aber auch in technischen Prozessen nutzen, um damit nutzbare elektrische Energie zu gewinnen.

Nanoporöse Materialien und Phasenübergänge

Die Lösung könnte eine radikal neue Technologie sein. Dafür untersucht das internationale Team Zyklen aus Befeuchtung und Trocknung von elektrisch leitfähigen, nanoporösen Materialien, beispielsweise aus Silizium oder Kohlenstoff. „Wir forschen daran, wie Wasser und wässrige Elektrolyte, also zum Beispiel Salzwasser, durch Kapillarkräfte getrieben in kleinste Poren, die im Querschnitt nur 50 Wassermoleküle fassen, eindringen und damit befeuchten. Dabei nimmt die Kontaktfläche zwischen der Flüssigkeit und der elektrisch leitenden Porenwand zu. Umgekehrt tritt beim Trocknen der umgekehrte Effekt auf. Die Kontaktfläche nimmt ab. Bei geschickter Führung der sich damit auf- und abbauenden elektrischen Ladungsschichten an den Nanoporwänden, kann man aus diesen Zyklen direkt elektrische Energie gewinnen“, sagt Professor Patrick Huber. Er leitet die Arbeitsgruppe Physik und hochauflösende Röntgenanalytik von Funktionsmaterialien im Zentrum für Integrierte Multiskalige Materialsysteme (CIMMS) an der TU Hamburg und das Deutsche Elektronen-Synchrotron (DESY).

Wie ein Schwamm

Nanoporöse Materialien sind mit Schwämmen vergleichbar, die aus Millionen kleiner Poren bestehen. Ein Kubikzentimeter davon kann dabei ein ganzes Fußballfeld an innerer Oberfläche aufweisen. „Diese Eigenschaft führt dazu, dass die Kontaktflächen zwischen Flüssigkeit und Festkörper und damit die elektrischen Kapazitäten pro Volumen sehr groß sind. Die Energieumwandlung pro Benetzungs- und Trocknungzyklus ist daher sehr effizient.“, erklärt der TU-Professor.

„Der Klimawandel stellt uns vor die Herausforderung, so wenig fossile Brennstoffe und damit CO2 Produktion wie nötig für die Herstellung von elektrischer Energie zu nutzen. Gleichzeitig gelangt ein großer Anteil der Primärenergie als Abwärme in die Umgebung und heizt diese zu Lasten des Klimas zusätzlich auf. Das wollen wir im Rahmen dieses Projekts durch die Entwicklung und Erforschung neuer Materialien in Kombination mit geschickter Prozessführung von Trocknungs- und Befeuchtungszyklen auf der Nanoskala, beispielsweise unter Nutzung von industrieller Abwärme oder Gezeiten am Meer, ändern“, sagt Huber.

Anwendung der neuen Technologie

Diese neue Technologie lässt sich vielfältig und in einem großen Maßstab nutzen. So ist die Kondensation des Wassers einerseits in einem geschlossenen Kreislauf von Porenraum zu Porenraum denkbar. Dies würde den Einsatz in geschlossenen Räumen oder sehr heißen Gebieten ermöglichen. So ließe sich beispielsweise die Abwärme von Großrechnern oder die Hitze in Wüstenregionen für eine nachhaltige Energiegewinnung nutzen. Andererseits wäre auch eine Materialoberfläche realisierbar, die nach außen durchlässig ist. So könnte das Materialinnere durch den natürlichen Tag- und Nachtrhythmus mit Flüssigkeit aus Morgentau versorgt werden. Steigt dann die Außentemperatur, verdampft das Wasser und elektrische Energie entsteht. Auch Flächen, die im Rhythmus der Gezeiten bei Flut nass werden und bei Ebbe wieder trocknen, würden sich hierfür eignen.

Das Forschungsprojekt „Energy harvesting via wetting/drying cycles with nanoporous electrodes EAWEDRY“ fördert die EU über das Förderprogramm „Future & Emerging Technologies (FET-Open)“ gefördert. Das Programm, unterstützt interdisziplinäre Forschungsprojekte mit mutigen Zukunftsvisionen. Das Projekt erhält insgesamt knapp drei Millionen Euro über vier Jahre. In dem internationalen Konsortium sind neben der TU Hamburg und dem DESY (Arbeitsgruppe Professor Patrick Huber) auch die Universität Hamburg (Arbeitsgruppe Professor Michael Fröba), die Universitat Politècnica de Catalunya, Barcelona (Arbeitsgruppe Professor Andriy Yaroshchuk) das Catalonia Institute for Energy Research(Arbeitsgruppe Professor Andreu Cabot), die Université Claude Bernard Lyon 1 (Arbeitsgruppe Professor Olivier Vincent), das F.D. Ovharenko Institute of Bio-Colloid Chemistry (Ukraine) und zwei industrielle Partner beteiligt.

25.2.2021 | Quelle: TU Hamburg | Solarserver
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