Offener Brief nach der Flut an Merkel: Forscher:innen fordern Klimaneutralität bis 2035

Screenshot des offenen Briefs an Angela Merkel, der Klimaneutralität 2035 fordertGrafik: Solar Consulting
Prof. Eicke Weber hat den offenen Brief an Angela Merkel initiiert.
Mehr als 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland und anderen Ländern haben am 30. Juli 2021 Bundeskanzlerin Angela Merkel zu mehr Klimaschutz aufgefordert.

Die Unterzeichnenden nehmen die Flut zum Anlass, Klimaneutralität bis 2035 zu fordern. Die Katastrophe habe bestätigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien künftig deutlich schneller vorangetrieben werden müsse als bislang. Merkel solle daher zum Ende ihrer Amtszeit ein Zeichen setzen. Sie solle die umgehende Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft auf erneuerbare Energiequellen bis Mitte der dreißiger Jahre einleiten. Die Bundesregierung plant die Klimaneutralität aktuell erst 2045 – zehn Jahre später als die Unterzeichnenden des Briefes fordern

Die Forschenden aus Natur- und Geisteswissenschaften beklagen, dass die Umstellung der Wirtschaft auf CO2-neutrale Energien viel zu langsam in die Gänge komme. Die Flut sei ein „drastisches Menetekel“ dessen, was noch geschehen könnte, wenn die Klimaneutralität nicht bis 2035 erreicht werde. Die Menschheit laufe deutlich früher als 2050 Gefahr, wichtige Schwellwerte zu überschreiten. Dazu gehöre zum Beispiel eine Temperaturerhöhungen von drei Grad oder mehr. Hinzu komme ein Anstieg der Meeresspiegel um mindestens einen Meter noch in diesem Jahrhundert. Es sei sehr wahrscheinlich, dass diese Schwelle bereits um 2035 erreicht werde. Der Klimawandel sei durch das Überschreiten bestimmter Schwellenwerte nicht mehr rückgängig zu machen.

Mit dabei: Weber, Quaschning, Wex, Fell

Initiator des offenen Briefs ist Prof. Eicke Weber, der ehemalige Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE, Freiburg. Unterzeichnet haben den Brief unter anderem Prof. Volker Quaschning von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Heike Wex vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig sowie Hans-Josef Fell, Präsident der Energy Watch Group, Berlin, und ehemaliger Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen. In ihrem Appell fordern die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, zum Ende ihrer Amtszeit beherzt mitzuhelfen, die Wirtschaft und das Energiesystem bis 2035 in Richtung 100 Prozent Erneuerbare umzustellen.

Insbesondere müssten Barrieren für den Ausbau von Windenergie- und Photovoltaikanlagen sowie anderen Erneuerbaren beseitigt werden. Technisch und wirtschaftlich sei die Transformation längst möglich. Forschung und Wirtschaft hätten in den vergangenen 20 Jahren die Grundlagen dafür geschaffen. Allein die Kosten der Solarstromerzeugung sind seit dem Jahr 2001 hierzulande um mehr als den Faktor zehn gesunken. Vor zwanzig Jahren kostete eine Kilowattstunde Solarstrom 50 Cent, heute sind es unter fünf Cent. In sonnenreichen Gegenden der Erde würden Anlagenbetreiber bald Solarstrom für einen Cent pro Kilowattstunde ernten können. Das beinhalte die Aussicht, praktisch unbegrenzt auch preiswerten grünen Wasserstoff bereit zu stellen.

Deshalb und wegen des erwarteten Ausbaus der Solarstromerzeugung weltweit empfehlen die Unterzeichnenden dringend den Aufbau einer europäischen Photovoltaikproduktion. Nur so könne man von den Milliardenumsätzen profitieren und unabhängig von Herstellern aus dem Ausland werden. In Europa werden aktuell nur 0,4 Prozent der weltweit produzierten Solarzellen hergestellt.

Zweiter Brief seit Fukushima

Bereits vor zehn Jahren, am 30. März 2011, hatten viele der nun Unterzeichnenden einen offenen Brief an die Bundeskanzlerin geschickt. Grund war die Atomkatastrophe in Fukushima am 11. März. Die Forschenden forderten damals einen schnelleren Ausstieg aus der Atomenergie. Dieser wurde realisiert. Der ebenfalls geforderte Einstieg in erneuerbare Energien sei dagegen zu langsam in Gang gekommen.

Ab dem 9. August sollen auch weitere Personen den Brief unterzeichnen können.

Für Klimaneutralität 2035 setzt sich auch der Verein German Zero ein.

04.08.2021 | Quelle: Eicke Weber, Solar Consulting | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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