Studie: Über 3.000 GW technisches Potenzial durch Integrierte Photovoltaik

Zu sehen ist eine Grafik des Fraunhofer ISE die die Möglichkeiten für die Integrierte Photovoltaik aufzeigt.Grafik: Fraunhofer ISE
Mit integrierter Photovoltaik lassen sich bereits versiegelte Flächen, beispielsweise über Verkehrswegen, doppelt nutzen.
Eine Kurzstudie des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme im Auftrag von Greenpeace Energy beleuchtet die Potenziale von Solarenergie für das Klima und die Wirtschaft in Deutschland.

Die Studie trägt den Titel „Solaroffensive – Wie wir mit Sonnenenergie einen Wirtschaftsboom entfesseln und das Klima schützen“. Energiebedarf, Preis- und Arbeitsplatzentwicklung und Flächenverfügbarkeit. Ein Schwerpunkt ist dabei die die Integrierte Photovoltaik.

Auf dem Weg zur Klimaneutralität werde der Strombedarf durch die zunehmende Elektrifizierung des Energie-, Gebäude- Verkehrs- und Industriesektors in Deutschland deutlich steigen. Bis 2030 rechnet die Studie mit einem Faktor 1,2 bis 1,4 im Vergleich zu heute, bis zur Vollendung der Energiewende 2045 um Faktor 2 bis 2,5. Im Jahr 2020 wurden rund 45 Prozent des Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Technologien (PV, Wind, Biomasse und Wasserkraft) bereitgestellt, der Rest kam aus fossilen und nuklearen Kraftwerken. Für eine klimaneutrale Energieversorgen wären 303 bis 446 Gigawatt Photovoltaik-Leistung nötig. Ende 2020 waren 54 Gigawatt installiert. Die „Kurzstudie“ fasst auf rund 60 Seiten die Eckdaten zusammen.

Integrierte Photovoltaik: Äcker, Gebäude, Parkplätze, Lärmschutzwände, Autos…

Ein kritischer Faktor dabei ist die verfügbare Fläche. Die Studie legt deshalb einen Schwerpunkt auf das Potenzial der sogenannten Integrierten Photovoltaik. Die in der Studie gezeigten Flächen würden über 3000 Gigawatt zusätzliches technisches Potenzial bieten.

Das technische Flächenpotenzial für hochaufgeständerte Agri-PV schätzt die Studie auf 1700 GW. Grünland und Maisanbau sind darin nicht enthalten.

Für Floating-PV kämen in Deutschland vor allem geflutete ehemalige Braunkohletagebaue, ehemalige oder aktive Tagebauseen sowie Stauseen in Frage. Hier ergäben sich technische Potenziale von ca. 26 GW auf ehemaligen Braunkohletagebauen (inkl. zukünftige Flutungen) und von ca. 18 GW auf anderen künstlichen Seen.

In der Bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV) reicht die Palette von PV-Dachziegeln bzw. Dachpaneelen über Dachfolien für Flachdächer, PV-Isoliergläser, PV-Fassadenpaneele für Kaltfassaden bis zu Sonnenschutzlamellen mit integrierten Solarzellen. Das größte Flächenpotenzial für BIPV seien jedoch Dächer (560 GW) und Fassaden (440 GW) von Wohn- und Nichtwohngebäuden.

Unter Urbane PV fasst die Studie PV-Kraftwerke auf versiegelten Flächen in Siedlungsgebieten zusammen. Das sind vor allem Anlagen auf Parkplätzen. Das technische Potenzial wird hier auf 59 GW geschätzt.

Die Integration von PV in Verkehrswege (Road Integrated Photovoltaics, RIPV) könne als Lärmschutzwand, als Wegüberdachung oder als begeh- und befahrbarer Straßenbelag erfolgen. Das technische Potenzial für Überdachung oder Straßenbelag belaufe sich auf rund 300 GW. An Lärmschutzwänden entlang von Bahnstrecken und Autobahnen sieht das Autorenteam ein Potenzial von 2,8 GW.

Auch die Integration in Fahrzeuge (Vehicle Integrated Photovoltaics, VIPV) sieht die Studie als Option. Dabei gebe es ein technisches Potenzial von 44 GW für PKW und 11 GW für LKW.

Für bereits am Markt etablierte Technologien (Agri-PV, BIPV, Parkplatz-Überdachung) benennt die Studie auch Stromgestehungskosten. Dabei kosten lediglich Agri-PV auf Äckern und einfache BIPV-Systeme mehr als 10 Cent pro Kilowattstunde.

Modulfertigung: 750 Arbeitsplätze pro GW Produktionskapazität

Für die Effekte auf die Wirtschaft ist die Produktionsstruktur entscheidend. Eine vertikal integrierte Photovoltaik-Produktion in Europa verringere die Importabhängigkeit des systemkritischen Energiesektors. Pro Gigawatt Modulproduktionskapazität entstünden 750 Arbeitsplätze. Weitere 3.500 Arbeitsplätze pro Gigawatt entstehen durch die Installation von PV-Kraftwerken. Für einen 1,5 Grad-Pfad sei die Planung und Installation von 12 bis 20 GW Photovoltaik-Anlagen nötig. Das entspreche rund 42.000 bis 70.000 Vollzeitarbeitsplätzen. Hinzu kämen rund 9.000 bis 14.000 Vollzeitarbeitsplätze für die Produktion der Solarmodule.

Auch die berechnete Treibhausgas-Bilanz des erzeugten PV-Stroms falle für Module aus heimischer, integrierter Produktion mit circa 23 Gramm CO2-Äquivalente pro Kilowattstunde besser aus als für Importmodule aus China.

Auch Potenzial der Solarthermie nutzen

Die Studie widmet auch ein ausgedehntes Kapitel der Solarthermie. In Deutschland sind laut der Studie aktuell Solarthermie-Anlagen mit einer Gesamtleistung von circa 15 GW installiert. Für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Deutschland sei ein Ausbau auf insgesamt circa 45 bis 49 GW an Solarthermie-Leistung erforderlich. Insbesondere der Solarisierung der Fernwärme und des Wärmebedarfs des produzierenden Gewerbes würden dabei wichtige Rollen zukommen. Auch systemische Ansätze wie die Kopplung von Solarthermie und Wärmepumpen seien aussichtsreich. Die Beschäftigungsstruktur in der Solarthermie-Industrie sei mit rund 20.000 Arbeitsplätzen „gut erhalten“. Sie würde durch erhöhte Installationsraten und Absatz „deutlich wachsen“.

06.08.2021 | Quelle: Fraunhofer ISE, Greenpeace | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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