Neue Studien: Wie München bis 2035 klimaneutral wird

Zu sehen ist das Cover der Studie „Klimaneutrale Wärme München 2035“. Wärme ist besonders wichtig auf dem Pfad, wenn München klimaneutral werden will.Grafik: FfE, Öko-Institut
Zwei Studien in Zusammenarbeit von Öko-Institut, Hamburg Institut, Intraplan und der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft (FfE) zeigen jetzt auf, wie München das Ziel der Klimaneutralität so schnell wie möglich erreichen kann.

Die Landeshauptstadt München hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu werden. Die Stadtverwaltung selbst soll dieses Ziel schon 2030 erreichen. Die zwei neuen Studien zeigen jetzt auf, welche Maßnahmen die Stadt für das Ziel der Klimaneutralität ergreifen muss. Die wichtigsten Felder für die Münchner Klimaschutzpolitik: Eine CO2-freie Wärmeversorgung mit klimaneutraler Fernwärme, Geothermie und die energetische Sanierung der Gebäude sowie eine klimaschonende Mobilität für eine lebenswerte Stadt mit Elektromobilität und einem starken ÖPNV.

„Beide Studien zeigen klar, dass alle Akteure in der Stadt schnell und energisch handeln können und müssen, damit das Ziel Klimaneutralität zeitnah erreicht werden kann. Damit kann München einen starken Beitrag zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens leisten“, sagt Christof Timpe, Projektleiter des Fachgutachtens für ein klimaneutrales München und Leiter des Institutsbereichs Energie und Klimaschutz am Öko-Institut.

Wärmestudie München: Wärmesektor bis 2035 klimaneutral

Die von der FfE und dem Öko-Institut im Auftrag der Stadtwerke München bearbeitete Studie „Klimaneutrale Wärme München 2035“ zeigt Strategien auf, wie die Stadt den Wärmesektor klimaneutral machen kann. Kernelemente sind dabei eine schnellere und bessere Wärmedämmung mit einer Sanierungsrate von mehr als zwei Prozent aller Gebäude pro Jahr. Außerdem der Umbau der Fernwärmeerzeugung – weg von fossilen Energieträgern und hin zu Geothermie und anderen erneuerbaren Energien. In den Quartieren, in denen man keine Fernwärme anbieten kann, muss man die heute dominierenden Heizungen auf Basis von Erdgas und Heizöl systematisch durch Wärmepumpen und andere Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien austauschen.

Die Studie stellt ein Paket von Handlungsempfehlungen zusammen, mit denen die Stadt mit Unterstützung durch den Bund und den Freistaat Bayern die Emissionen des Wärmesektors mit Ausnahme der Abfallverbrennungsanlagen auf nahezu Null reduzieren kann. „Angesichts der künftig voraussichtlich stark ansteigenden Preise für fossile Energieträger sind eine gute Wärmedämmung und klimaneutrale Heiztechnik nicht nur für das Klimaziel wichtig, sie schützen zugleich Mieterinnen und Mieter vor kräftigen Steigerungen der Heizkosten,“ sagt Timpe.

Fachgutachten Klimaneutralität: Maßnahmenplan für den Klimaschutz

Auf dem Weg zur Klimaneutralität in München müssen neben dem Wärmesektor auch viele andere Bereiche des städtischen Lebens so verändert werden, dass sie dem angestrebten Ziel entsprechen. Dabei sollen in den großen Feldern Wärme, Kälte und Strom, Verkehr, Wirtschaft und Dienstleistung, privater Konsum sowie Stadtverwaltung und kommunale Unternehmen möglichst wenige Einschränkungen und möglichst viele attraktive und bequeme Alternativen entstehen.

Im Rahmen des Fachgutachtens Klimaneutralität im Auftrag der Landeshauptstadt München haben das Öko-Institut, das Hamburg Institut und Intraplan eine umfassende Sammlung von über 250 Maßnahmen zum Klimaschutz vorgelegt. Die Empfehlungen bauen im Wärmesektor auf die Wärmestudie der Stadtwerke auf.

Photovoltaik verzehnfachen, wenn München bis 2035 klimaneutral sein will

Den Strombedarf der Stadt München sollen künftig erneuerbare Energien decken. Dazu gehört ein Ausbau der Photovoltaik von heute etwa 75 Megawatt (MW) auf 800 MW innerhalb der Stadt im Jahr 2035. Außerdem die Gewinnung von Strom aus dem biogenen Anteil des Abfalls der Stadt sowie aus Klärschlamm bzw. Klärgas. Darüber hinaus planen die Stadtwerke München weitere Investitionen in erneuerbare Energien außerhalb des Stadtgebiets. Damit kann man bis 2035 der gesamte Strombedarf Münchens rechnerisch erneuerbar decken.

Im Verkehr kann man die Treibhausgasemissionen über drei wesentliche Ansatzpunkte reduzieren. Vermeidung von Verkehr, seine Verlagerung auf klimafreundlichere Verkehrsmittel (Umweltverbund) und eine weniger klimaschädliche Abwicklung des verbleibenden Verkehrs. „Trotz vieler vorhandener guter Ansätze ist dies ein langwieriger Prozess, der erhebliche Investitionen in die Infrastrukturen des öffentlichen Verkehrs erfordert“, sagt Alexandra Rudolf, Verkehrsplanerin bei Intraplan. Gerade wegen dieser langen Umsetzungszeiten der wirkungsstarken Maßnahmen ist es umso wichtiger, unverzüglich und mit ausreichenden Ressourcen die Planung der entsprechenden Projekte voranzutreiben. „Selbst eine Stadt wie München ist dabei auf die rechtliche und finanzielle Unterstützung des Freistaats und des Bundes angewiesen“, so Rudolf weiter.

Das Maßnahmenprogramm zeigt auch konkrete rechtliche Instrumente auf, mit denen man die Vorschläge umsetzen könnte. „So kann der Stadtrat in Bebauungsplänen die Verbrennung von Heizöl und Erdgas in neuen Heizungen Schritt für Schritt beschränken“, sagt Christian Maaß, Geschäftsführer des Hamburg Instituts. Zudem betont er den Pioniercharakter einer solchen Maßnahme: „München könnte somit die erste deutsche Großstadt werden, die konsequent für den Umstieg von fossilen Brennstoffen auf klimaneutrale Fernwärme und dezentrale erneuerbare Wärme sorgt.“

Bundesweiter Rahmen für die Energiewende nötig

Die beiden Studien zeigen auch, dass Städte und Gemeinden einen verlässlichen Rechtsrahmen für mehr Klimaschutz seitens der Bundesregierung benötigen. Nur so kann es gelingen, das gesamte Energiesystem zeitnah so umzugestalten, dass man die Ziele des Pariser Klimaabkommens erreichen kann.

Dazu gehören Instrumente wie ein ambitionierter CO2-Preis, der klimaschädliche Treibhausgase verteuert, eine Abschaffung der EEG-Umlage, um emissionsarmen Strom im Gegenzug günstiger zu machen. Hinzu braucht man gut ausgestattete Förderprogramme für die Gebäudesanierung und die Möglichkeit für Kommunen, höhere Anforderungen an einen klimaschonenden Gebäudebestand und klimaneutrale Heizanlagen zu stellen.

Die Studie „Klimaneutrale Wärme München 2035. Mögliche Lösungspfade für eine klimaneutrale Wärmeversorgung in der Landeshauptstadt München“ von FfE und Öko-Institut ist unter dem nebenstehenden Link zu finden.

Der Maßnahmenplan „Klimaneutrales München“ von Öko-Institut, Hamburg Institut und Intraplan steht unter diesem Link zu Download bereit.

27.11.2021 | Quelle: Öko-Institut | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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