Wärmewende: Hamburg beginnt mit Bauarbeiten für grünere Fernwärme 

In der Mitte ein Bohrturm vor grauen Wolken.Foto: Hamburger Energiewerke
Ende Januar begann im südlichen Stadtteil Wilhelmsburg die Bohrung nach Erdwärme für ein lokales Fernwärmenetz. Ein Start auch für die Wärmewende?
Auf dem Weg zur Klimaneutralität setzt Hamburg bei der Wärmewende vor allem auf möglichst viel grüne Nah- und Fernwärme. Der Um- und Ausbau des städtischen Fernwärmenetzes soll 360.000 Tonnen CO2 sparen, so viel wie keine andere einzelne Maßnahme im Hamburger Klimaplan aus dem Jahr 2019. Nach langwierigen Planungen haben nun die Bauarbeiten begonnen, berichtet Burkhard Warmuth, Leiter Strategie der Hamburger Energiewerke GmbH, in einem Webinar des Erneuerbare-Energien-Clusters EEHH.

Die drängendste Aufgabe ist dabei, das uralte Kohleheizkraftwerk in Wedel im Westen von Hamburg zu ersetzen, das seine technische Lebensdauer eigentlich schon überschritten hat. Ab dem Winter 2022/23 soll eine Power-to-Heat-Anlage am selben Standort zumindest die Laufzeiten des Kohlemeilers reduzieren. Im Nordwesten Hamburgs baut die Stadtreinigung gerade eine Abfallverbrennungsanlage zum „Zentrum für Ressourcen und Energie“ um, das künftig mehr Wärme liefern soll. 

Fernwärme aus Großwärmepumpe für die Wärmewende

Doch das wichtigste Element für den Wedel-Ersatz ist der „Energiepark Hafen“. Er soll südlich der Elbe entstehen, um Konflikte um die Flächennutzung zu reduzieren und neue Wärmequellen zu erschließen. Dafür baut Energiewerk Hamburg eigens eine neue Leitung unter der Elbe hindurch. Zum Einsatz kommen Fernwärme-Klassiker wie eine Müllverbrennungsanlage und Industrieabwärme. Aber auch innovative Projekte sind dabei, wie eine Großwärmepumpe am städtischen Klärwerk und Abwärme aus einem 100-Megawatt-Elektrolyseur. Um die Vorlauftemperatur von 90 bis 130 Grad Celsius zu erreichen und um Spitzenlasten abzudecken, soll ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk die Wärme „auftoppen“. Perspektivisch soll es zumindest anteilig mit Wasserstoff laufen. Laut Darstellung von Energiewerk Hamburg sind damit 55 Prozent der Wärme des Wedelersatzes CO2-neutral. 

Für die Leitung und das GuD sind mittlerweile die Aufträge vergeben. Die Baustellenvorbereitung im Hafen hat bereits begonnen, berichtet Warmuth. In der Heizsaison 2023/24 sollen die neuen Wärmequellen in den Probebetrieb gehen, im Winter 2024/25 in den Realbetrieb. Das alte Kraftwerk Wedel will Energiewerk Hamburg noch bis ins Frühjahr 2025 in Bereitschaft halten. 

Saisonale Wärmespeicherung 

Die Arbeiten am Hamburger Fernwärmenetz verlagern sich dann in den Osten der Stadt. Dort suchen die Energiewerke Hamburg und ein Beteiligungsgremium aus verschiedenen Stakeholdern gerade nach einem Ersatz für das Kohle- und Gas-Heizkraftwerk Tiefstack. Wärmepumpen, Wasserstoff und nachhaltige Biomasse sind Optionen. Klar ist bisher nur: ein Aquiferspeicher in einem versalzenen Grundwasserreservoir soll Wärme saisonal speichern. Sobald die Entscheidung für den Standort Tiefstack getroffen ist, wird es schnell gehen müssen mit der Umsetzung, denn bis spätestens 2030 muss das Kohlekraftwerk abgeschaltet sein. So ist es im Hamburger Kohleausstiegsgesetz festgelegt.

Grüne Wärme von der Sonne

Das große Netz von Energiewerke Hamburg ist allerdings nur eines von vielen Fern- und Nahwärmenetzen in der Hansestadt. Weiter im Süden, auf der Elbinsel Wilhelmsburg, entsteht zum Beispiel Schritt für Schritt ein neues, kleineres Wärmenetz. Der „Energiebunker“ versorgt seit 2015 umliegende Wohngebäude mit Wärme aus Holz und Sonne. Ein paar Kilometer weiter südlich versorgt ein Biogas-BHKW ein Neubaugebiet. 

Diese Netze sollen für die Wärmewende zusammenwachsen. Ihr künftiges Herzstück soll eine Geothermieanlage werden, die 130 Grad heißes Wasser aus gut 3000 Meter Tiefe fördert. Die erste Bohrung hat Ende Januar begonnen, wie die Hamburger Energiewerke berichten.

Während der Um- und Ausbau der Fernwärme voran geht, fehlt für die dezentrale Wärmewende jedoch ein durchgängiger Plan. Teilweise kann man das auf die beschränkten Möglichkeiten auf Landeseben schieben. Mit Vereinbarungen und Machbarkeitsstudien versucht die Stadt daher, die wichtigsten Player auf dem Wohnungsmarkt zu mobilisieren. Das geht aus einem Antrag in der Hamburger Bürgerschaft hervor. Doch auch dort, wo es Hamburger Vorschriften gibt, sind diese mäßig ambitioniert. Das Klimaschutzgesetz von 2020 fordert zum Beispiel nur einen Anteil von 15 Prozent erneuerbarer Wärme beim Austausch von Heizungen. 

3.3.2022 | Autorin: Eva Augsten
© Solarthemen Media GmbH

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