Mehr Verfahren zur Windkraft: Personalengpass an Gerichten

Ein graues Gebäude mit Bäumen vor der FassadeFoto: Thomas Keßler / OVG NRW
Das Gebäude des Oberverwaltungsgerichts in Münster: hier sind Verfahren zur Windenergie anhängig.
Das Oberverwaltungsgericht des Landes NRW in Münster will einen neuen Senat einrichten, um die Verfahren zur Windkraft bewältigen zu können. Der Landesverband Erneuerbare Energien NRW fordert das Land zudem auf, weitere Richterstellen zu finanzieren.

Die wachsende Zahl von Verfahren zur Windkraft war ein Thema beim Jahrespressegespräch des Oberverwaltungsgerichtes Münster. „Der angestrebte stärkere Ausbau der erneuerbaren Energien bringt Konflikte mit sich“, erklärte Gerichts-Vizepräsident Sebastian Beimesche. „Wir rechnen deshalb mit einem weiteren Anstieg der Verfahren.“ Darauf will das Gericht nun reagieren und für eine personelle Verstärkung für die Bearbeitung von Streitigkeiten um Windkraftanlagen sorgen. Beimesche berichtet, dass dafür in Kürze ein zusätzlicher Senat eingerichtet wird.

Verfahren zur Windkraft seit Ende 2020 beim Oberverwaltungsgericht

Seit Ende 2020 ist das Oberverwaltungsericht landesweit für alle neuen Streitfälle um die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 50 Metern erstinstanzlich zuständig. Das betrifft faktisch alle neuen Anlagen. Rund 110 Klagen zu Windkraftanlagen seien inzwischen eingegangen. Und die Neuregelung führt beim Oberverwaltungsgericht nicht nur zu mehr Verfahren. Sie erhöht auch den Bearbeitungsaufwand, weil nicht mehr auf Vorarbeiten der Verwaltungsgerichte zu den nach Aussage von Beimesche „vielfach schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen“ zurückgegriffen werden kann.

Es klagen nach Aussage von Beimesche nicht nur Investoren auf eine Genehmigung, sondern auch Nachbarn, Gemeinden oder Naturschutzverbände. Letztere zögen zwar gar nicht so häufig vor Gericht. Dafür aber seien die artenschutzrechtlich orientierten Verfahren sehr aufwändig.

Beschleunigung von Gerichtsverfahren

Nicht nur in Nordrhein-Westfalen sind inzwischen die Oberverwaltungsgerichte erstinstanzlich zuständig. Der Wechsel kam mit einem Maßnahmenpaket der früheren Bundesregierung im Herbst 2019. Sie wollte damit den Ausbau der Windenergie wieder beflügeln. Zu den Maßnahmen zählte auch die Verkürzung von Klageverfahren, die sich gegen die immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen von Windenergieanlagen wendeten. Statt der Verwaltungsgerichte sollten gleich die Oberverwaltungsgerichten die Urteile fällen. Das, so die Hoffnung der damaligen Großen Koalition, könnte zu einer Beschleunigung beim Windkraftausbau beitragen.

„Vom Ansatz ist dieser Gedanke richtig“, sagt Thomas Griese, stellvertretender Vorsitzender im Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NW) und früherer Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht in Köln. „Nur die erhoffte Beschleunigung kann dadurch allein nicht gewährleistet werden.“ Denn niemand könne derzeit seriös prognostizieren, ob es wirklich zu der politisch erhofften Beschleunigung bei der Verfahrensdauer von „Windkraft-Klagen“ kommt. So wie Beimesche verweist auch Griese unter anderem auf die Vorarbeit, die sonst bei den Verwaltungsgerichten bereits geleistet worden sein.

Beschleunigung der Gerichtsverfahren zur Windenergie sei aber das „Gebot der Stunde“, betont Griese. Alle Möglichkeiten seien zu nutzen, um die Verfahrensdauer bei Klagen rund um die Genehmigung von Windenergieanlagen von drei bis vier Jahren entscheidend zu reduzieren. Damit beim OVG in Münster kein neues juristisches Nadelöhr entstehe, sei die Landesregierung gut beraten, weitere Richter-Stellen zu finanzieren, meint Griese.

7.3.2022 | Autor: Andreas Witt
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