Nahezu ohne Feinstaub und Mikroplastik: DLR entwickelt emissionsfreies E-Auto

Das E-Auto ZEDU-1 reduziert weitestgehend den Ausstoß von Feinstaub und Mikroplastik, der durch den Abrieb von Bremsen und Reifen entsteht.Foto: DLR
Bis zu einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde emittiert der ZEDU-1 keinen Reifenabrieb.
Das E-Auto ZEDU-1 reduziert weitestgehend den Ausstoß von Feinstaub und Mikroplastik, der durch den Abrieb von Bremsen und Reifen entsteht.

Mit dem Prototyp Zero Emission Drive Unit – Generation 1 (ZEDU-1) hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit dem Automobilunternehmen HWA ein Straßenfahrzeug entwickelt und erfolgreich getestet, das eine fast vollständig emissionsfreie Mobilität ermöglicht. Es ist damit laut DLR im Betrieb das umweltfreundlichste Straßenfahrzeug der Welt. Denn das Elektroauto reduziert auch weitestgehend den Ausstoß von Feinstaub und Mikroplastik, der durch den Abrieb von Bremsen und Reifen entsteht. Den Prototyp vom E-Auto ZEDU-1 haben DLR und HWA am 28. September 2022 in Stuttgart erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg hat das Projekt mit sechs Millionen Euro gefördert.

Neues Bremssystem sorgt für weniger Feinstaub

Technologisch hat das Projektteam neue Wege beschritten: Die klassische Scheibenbremse im Radkasten gibt es nicht mehr. Stattdessen wird die Bremse aus dem Rad herausgenommen und über den innovativen Ansatz einer Lamellenbremse in die geschlossene Elektromotor-Getriebe-Einheit integriert. In Kombination mit einer speziell entwickelten Hochleistungselektronik kann die Bremsenergie nahezu vollständig zurückgewonnenen – also rekuperiert – werden. Das ermöglicht es, die Größe der Bremsenkomponenten auf ein Minimum zu reduzieren und die Antriebseinheit sehr kompakt zu bauen. Die Lamellen befinden sich in einem Ölbad. Der Abrieb landet im Öl, das laufend durch einen Filter gepumpt und gereinigt wird. Zusätzlich zur mechanischen Lamellenbremse hat das Team für den ZEDU-1-Prototyp eine Induktionsbremse entwickelt. Diese Induktionsbremse funktioniert fast bis zum Stillstand verschleißfrei und nutzt die Kraft von Magnetfeldern, um eine Bremswirkung zu erzeugen.

Radkasten vom E-Auto ZEDU-1 saugt Mikroplastik weg

Das Verlagern der Bremse vom Radkasten ins Fahrzeuginnere erzeugt den Platz für neue technologische Ansätze, um den Reifenabrieb deutlich zu verringern. Grundlage dafür ist die Einhausung der Räder. Der für das E-Auto ZEDU-1 charakteristische geschlossene Radkasten ist aerodynamisch so ausgelegt, dass beim Fahren ein Unterdruck entsteht. Der Reifenabrieb sammelt sich dadurch an einer bestimmten Stelle. Eine Lüftereinheit in der Frontpartie des Fahrzeugs saugt die Partikel dort ab und schickt sie durch ein Filtersystem – ähnlich wie bei einem Staubsauger. So tritt ausschließlich gereinigte Luft aus dem Fahrzeug aus.

„ZEDU-1 ist ein absoluter Prototyp. In diesem Fahrzeug sind alle Komponenten neu entwickelt, der Antrieb in Form einer Elektromotor-Bremseinheit genauso wie die Einhausungen der Reifen und die aerodynamisch angepassten Komponenten am Fahrzeug“, sagt Projektleiter Franz Philipps vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte. „Das zu testen, dafür gibt es nur zwei Möglichkeiten: auf speziellen Anlagen wie dem Rollenprüfstand des DLR in Stuttgart und auf Testgeländen.“

Auf dem Gelände des Prüfzentrums Boxberg und auf dem institutseigenen Rollenprüfstand untersuchten die Forschenden im Sommer 2022, wie gut die neuen Komponenten des ZEDU-1-Prototyp den Ausstoß von Feinstaub und Mikroplastik unter realen Bedingungen senken konnten. Für diese Tests arbeiteten sie mit den Kolleginnen und Kollegen des DLR-Instituts für Verbrennungstechnik zusammen. Das Institut ist ebenfalls in Stuttgart beheimatet und verfügt über modernste Messtechnik und ein mobiles Messfahrzeug. Dieses kann vor allem auch Feinstaub bis in den ultrafeinen Bereich nachweisen und bestimmen. Im Fokus der Analysen standen die Gesamtmenge an Feinstaubemissionen und die Größenverteilung der Partikel. „Wir haben dazu unterschiedliche Fahrprofile und Fahrzyklen nachgefahren. Dazu gehörte auch der sogenannte WLTC. Die Abkürzung steht für ‚Worldwide harmonized Light vehicles Test Cycles’, ein von internationalen Fachleuten entwickeltes Messverfahren, um Emissionen zu bestimmen. Zudem haben wir auch spezielle Bremsmanöver durchgeführt und dabei ebenfalls Emissionsmessungen gemacht“, sagt Philipps.

Deutlich weniger Reifenabrieb auch bei hohen Geschwindigkeiten

„Was wir jetzt schon sagen können, ist dass wir den Bremsabrieb komplett vermeiden können. Beim Reifenabrieb haben unsere Messungen gezeigt, dass wir bis zu einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde, den Reifenabrieb komplett vermeiden und bei höheren Geschwindigkeiten um 70 bis 80 Prozent reduzieren können. Nächste Schritte sind, die Technologie gemeinsam mit der Industrie weiterzuentwickeln, um sie erfolgreich in Serie bringen zu können“, so Phillips.

Eine Gelegenheit für die Öffentlichkeit, den Prototyp vom E-Auto ZEDU-1zu sehen, besteht im Rahmen des Finales der ADAC GT Masters in Hockenheim vom 21. bis 23. Oktober 2022.

29.9.2022 | Quelle: DLR | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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