Biogasbranche: Sorgen vor Gewinnabschöpfung

Portrait von Horst Seide, Präsident des Fachverbandes Biogas.Foto: Oliver Ristau
Horst Seide, Landwirt, Bioenergie-Produzent und Präsident des Fachverbandes Biogas.
Die Biogasbranche sieht die Wirtschaftlichkeit durch die Pläne des Bundeswirtschaftsministerium zur Gewinnabschöpfung bedroht. Biogasanlagen könnten so nicht mehr betrieben werden.

Die Biogasbranche zeigt sich stark besorgt von den Plänen des Bundeswirtschaftsministerium zur Gewinnabschöpfung . Wie der Fachverband Biogas mitteilte, geht es dabei um die Übergewinne, die Energieerzeuger aktuell wegen der hohen Strompreise vereinnahmen können. Bei Biogasanlagen ist die Branche damit zwar einverstanden, doch die Höhe der geplanten Abschöpfung sei betriebswirtschaftlich nicht vertretbar.

„Unter den aktuell diskutierten Vorgaben ist es für Betreiber von Biogasanlagen ökonomisch sinnvoller, keinen Strom zu erzeugen“, sagte der Präsident des Fachverbandes Biogas, Horst Seide. Denn neben der allgemeinen Inflation sind in diesem Jahr auch die Substratpreise gestiegen und damit die Kosten für die Stromproduktion.

Doch im von den Grünen geführten Bundeswirtschaftsministerium genießt die Bioenergie keine allzu große Wertschätzung. Anders als etwa in Dänemark sieht das Ministerium hierzulande wenig Potenzial für Bioenergie. Darüber berichteten die Solarthemen in diesem Sommer. Immerhin hatte das Ministerium aber angekündigt, den Deckel für das Maximum an Stromerzeugung aus Biogas anheben zu wollen.

Biogasanlagen droht Abschaltung

Mit einem offiziellen Referentenentwurf rechnet der Verband in dieser Woche. Doch schon die bislang durchgesickerten Informationen verunsicherten die Branche zutiefst. „Im festen Glauben, mit flexiblem Strom und heimischer Wärme einen Beitrag zur Energiesicherung in diesen schwierigen Zeiten zu leisten, haben viele Betreiber in diesem Sommer investiert“, erklärt Seide die Situation.

Sie hätten viel Geld in die Hand genommen, um bedarfsgerecht einspeisen zu können, also in Zeiten hoher Nachfrage – in denen natürlich auch der Preis höher ist. Würde die Abschöpfung der Gewinne tatsächlich in der geplanten Form umgesetzt, hätte dies sowohl Konsequenzen für die Wärmekunden der Biogasanlagen, die im schlimmsten Fall nicht mehr mit Heizenergie beliefert werden könnten, als auch für den Strompreis, macht Seide deutlich. Denn wenn die flexiblen Biogasanlagen wegfallen, würden die Gaskraftwerke am Ende der Erzeugerkette den Strompreis bestimmen und weiter in die Höhe treiben.

Der Präsident unterstreicht derweil die grundsätzliche Bereitschaft seiner Branche, einen Beitrag zum Ausgleich der hohen Strompreise zu leisten – aber mit sinnvollen und realistischen Lösungen.

Investitionsstau von 500 Millionen Euro

Auch aus Sicht der Firmen ist die aktuelle Politik ein Desaster, ergänzt Christoph Spurk, Vizepräsident im Fachverband und Geschäftsführer eines Anlagenherstellers. Einer Umfrage unter den Mitgliedsfirmen des Fachverbandes zufolge habe die Branche in diesem Jahr rund 400 Mio. Euro nicht investiert, weil die Branche durch die angekündigte Abschöpfung extrem verunsichert sei. Im nächsten Jahr erwartet der Verband einen Investitionsstau von rund einer halben Mrd. Euro. „Geld, das jetzt sinnvoll eingesetzt werden könnte und müsste, um uns schneller unabhängig von Energieimporten zu machen und den Klimaschutz voranzubringen“, sagt Spurk.

Die Stimmung in der Branche könnte kaum schlechter sein zum heutigen Auftakt der BIOGAS Convention und der in der kommenden Woche in Hannover stattfindenden Messe EnergyDecentral. Dennoch blicken die Akteure auch nach vorne, nutzen die Veranstaltung, um sich zu informieren und auszutauschen. Der Strauß an Möglichkeiten reicht von der flexiblen Strom- und Wärmeeinspeisung über die Biomethan-Aufbereitung und dessen Nutzung als Kraftstoff, genehmigungsrechtliche Auflagen bis hin zu Düngemitteln und Artenvielfalt. Auch internationale Projekte und Potenziale sind Thema der diesjährigen Veranstaltung – speziell mit Blick auf die Pläne der EU, die Biogasnutzung massiv auszubauen.

7.11.2022 | Quelle: Fachverband Biogas | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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