Robert Brückmann: Die kommunale Wärmeplanung steht an

Portrait von Robert Brückmann, Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende - im Interview zum Thema kommunale WärmeplanungFoto: dena/Hoffotografen
Robert Brückmann, Leiter des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende, im Interview zum Thema kommunale Wärmeplanung
Robert Brückmann ist seit Anfang des Jahres Leiter des bei der Deutschen Energie-Agentur angesiedelten Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW). Die Solarthemen sprachen mit ihm über das junge Instrument der kommunalen Wärmeplanung.

Solarthemen: Herr Brückmann, das Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende, kurz KWW, ist noch relativ jung. Wie ist Ihr heutiger Stand und wie wichtig ist für Sie die kommunale Wärmeplanung?

Robert Brückmann: Mit unserer eigentlichen Arbeit konnten wir schon beginnen. Im April haben wir unsere Eröffnung gefeiert. Sie wurde sehr gut angenommen und schon im Vorfeld und danach von sehr vielen Anfragen begleitet. Wir merken, dass es an dem Thema der kommunalen Wärmeplanung sehr großes Interesse gibt. Die Gemeinden strömen da jetzt gerade auf uns zu. Sie wollen wissen, wie sie eine kommunale Wärmeplanung aufsetzen können.

Was haben Sie noch zu tun, um auf die volle Arbeitskraft zu kommen?

Brückmann: Tatsächlich steht noch an, unsere Institution weiter auszubauen. Wir stellen weiterhin neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein. Wer sich also für das Thema der kommunalen Wärmewende einschließlich der Wärmeplanung interessiert, sollte sich die Stellenanzeigen auf der Internetseite der Deutschen Energie-Agentur, der Dena, ansehen. Gleichzeit werden wir unsere Themen und Inhalte vorantreiben. Wir entwickeln weitere Formate, um die Kommunen zu unterstützen, und wir bauen unser Netzwerk aus.

Hauptinstrument kommunale Wärmeplanung

Wie würden Sie denn selbst Ihren Arbeitsauftrag definieren?

Brückmann: Als Projekt der Dena arbeiten wir im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, kurz BMWK. Wir unterstützen die Kommunen und andere entscheidende Stake­holder dabei, eine erfolgreiche kommunale Wärmewende zu realisieren. Dafür ist das Hauptinstrument die kommunale Wärmeplanung (KWP). Diese liegt in der Verantwortung der Kommunen, eventuell in Kooperation mit den Stadtwerken und möglichen weiteren Partnern. Wir geben bei diesem Prozess und in der komplexen Thematik Orientierung und ermöglichen den Austausch. Gleichzeitig leiten wir Feedback und Erkenntnisse aus dem Austausch mit Stakeholdern der KWP an das BMWK. Dieses arbeitet bereits daran, die kommunale Wärmeplanung auch gesetzlich zu verankern.

Die Umsetzung der Wärmewende hängt von den Technologien ab. Ohne regenerative Energie keine Wärmewende. Wie weit sind Sie im Austausch mit Unternehmen?

Brückmann: Wir haben mit den ersten Unternehmen, mit Verbänden sowie Forschungsinstitutionen gesprochen, die uns sinnvolle Ansätze für den Einsatz von EE im Wärmesektor vorgestellt haben. Dabei ging es um Erzeugungs- und Speichertechnologien. Der Austausch hat also begonnen.

Technologien für die kommunale Wärmewende

Sehen Sie denn diesen Austausch als eine Aufgabe des KWW an?

Brückmann: Es ist wichtig, dass wir ein gutes Grundverständnis davon haben, wie bestimmte Technologien funktionieren. Nur dann verstehen wir, in welche Richtung es gehen kann. Es wird nicht unsere Aufgabe sein zu sagen, welche Technologie angewendet werden sollte. Wir wollen aber einen Überblick haben, was möglich ist. Am Ende muss jede Kommune für sich überlegen, wie sie eine Lösung für ihre optimale klimaneutrale Wärmeversorgung finden kann.

Allerdings haben Sie einen bestimmten Blickwinkel, wenn es um die Umstellung der Wärmeversorgung geht. Können Sie sich da zum Beispiel mit Hinweisen einbringen, in welchen Technologiebereichen noch Lösungen fehlen?

Brückmann: Es ist bislang nicht vorgesehen, dass wir in die technologische Steuerung hineingehen. Was wir eher tun, ist zu verstehen, was die Vorstellungen der Kommunen sind. Wir schauen uns an, welche Technologien Städte und Gemeinden für sich selber sehen. Und das sind dann Hinweise, die wir geben wollen. So wollen wir sicherstellen, dass Lösungen der Wirtschaft und der Politik dazu passen.

Hilfestellung für Kommunen bei der kommunalen Wärmeplanung

Worin besteht derzeit konkret die Hilfestellung für Kommunen?

Brückmann: Wir nehmen derzeit die Fragen der Kommunen auf, geben erste weiterführende Informationen und leiten sie weiter, zum Beispiel an ihre Landesenergieagenturen. Oder wir helfen natürlich auch selbst direkt weiter, wenn wir qualitätsgesicherte Informationen anbieten können. Außerdem haben wir die ersten Formate zur Unterstützung entwickelt, beispielsweise den KWW-Praxisblick: Das ist eine Webinar-Reihe, die wir gemeinsam mit den Best-Practice-Kommunen anbieten, die ihre Erfahrungen vorstellen.

Kann sich jede Kommune an Sie wenden oder muss sie eine bestimmte Einwohnerzahl aufweisen?

Brückmann: Das KWW ist unabhängig von der Verpflichtung zur KWP ins Leben gerufen worden. Das ist dem BMWK ein wichtiges Anliegen. Und wir sind auch nicht die Institution, die ein Gesetz implementieren soll. Sondern wir sind für die Kommunen da – auch für die mit weniger Einwohnerinnen und Einwohnern.

Was ist aus Ihrer Sicht entscheidend für die kommunale Wärmeplanung? Worauf müssen Kommunen besonders achten?

Brückmann: Das Allerwichtigste ist, die Bereitschaft zur Realisierung der kommunalen Wärmeplanung in der Gemeinde und die Akzeptanz in der Bürgerschaft einer Kommune zu verankern. Die führenden Institutionen in der Kommune von den Fachämtern über den Bürgermeister bis zum Gemeinde- oder Stadtrat müssen die kommunale Wärmeplanung gemeinsam angehen. Kommunikation und ein gemeinsames Verständnis sind grundlegend für den Erfolg der Arbeit. Stadtwerke, kommunale Versorger und weitere Akteure müssen gut eingebunden werden. So wird auch das Fachwissen für die kommunale Wärmeplanung in der Kommune möglichst breit verankert. Und natürlich ist es auch wichtig, dass die Kommune über die finanziellen und zeitlichen Ressourcen für eine Wärmeplanung verfügt.

Dienstleister für die kommunale Wärmeplanung

Das jetzt aufgesetzte Förderprogramm des Bundes mit einer Förderquote von 90 oder sogar 100 Prozent setzt voraus, dass eine Kommune externe Dienstleister beschäftigt. Ein wichtige Frage für viele Kommunen wird sein, wie sie an ein geeignetes Büro kommen.

Brückmann: Viele Planungsbüros haben bis jetzt noch keine oder wenig Erfahrungen mit dem gesamten Prozess der kommunalen Wärmeplanung sammeln können. Dafür ist das Instrument zu neu. Der Fachkräftemangel ist eine weitere Hürde, um hier geeignete Partner für den Prozess der kommunalen Wärmeplanung oder einzelner Schrit­te zu finden. Empfehlungen können wir daher nur bei Kriterien geben, die es bei der Suche nach passenden Planern zu beachten gilt.

Und worauf kommt es dann an? Worauf ist insbesondere bei der Ausschreibung der Wärmeplanung zu achten?

Brückmann: Ein erster, kurzer Überblick: Zunächst muss die Kommune konkret formulieren, welche Aufgaben von dem Dienstleister übernommen werden sollen. Dazu muss klar sein, welche Unterstützungsleistungen die Kommune in welchem Prozessschritt der KWP braucht. Die vier ersten Prozessschritte jeder kommunalen Wärmeplanung sind die Bedarfsanalyse, die Potenzialanalyse, das Zielszenario und die Wärmestrategie. Außerdem sollte die Kommune darauf achten, dass der Dienstleister neutral ist und nicht darauf ausgerichtet, nach der Wärmeplanung ein bestimmtes Produkt verkaufen zu wollen. Mit der KWP sind in der Umsetzung enorme Investitionen verbunden. Sie muss also Hand und Fuß haben und eine hohe Qualität erreichen.

Daher ist es wichtig, dass nicht allein über den Preis die Entscheidung für einen Anbieter läuft. Das billigste Angebot kann am Ende wahnsinnig teuer werden. Es ist bei der Wärmeplanung außerdem wichtig, sich nicht allein auf die Datensammlung zu konzentrieren. Es gibt derzeit eine Tendenz, dass einige Anbieter mit automatisierten Daten arbeiten wollen. Das ist auf der einen Seite sinnvoll, weil dadurch bestimmte Schritte schnell erledigt werden können. Es kann aber den Nachteil mit sich bringen, dass die Analysen zu oberflächlich sind.

Flächen für die Wärmewende

Für wie wichtig halten Sie es, sich im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung konkrete Flächen anzusehen?

Brückmann: Die Technologien, die zum Einsatz kommen sollen, geben hier vieles vor: Wenn wir von stromgetriebenen ausgehen, wie Wärmepumpen, Power-to-Heat und Wasserstoff mittels Elektrolyse, dann kommt dieser Strom nicht unbedingt aus dem unmittelbaren Umfeld. Hier ist die lokale Stromlast und der optimale Anschluss an die Stromnetze wichtig. Welche Gebiete können beispielsweise also nur durch elektrische Wärmeerzeugung abgedeckt werden? Wo werden Anlagen für erneuerbare Energien gebraucht, die den Strombedarf für die lokale Wärmeerzeugung abdecken oder direkt Wärme erzeugen, die in ein Wärmenetz eingespeist werden kann?

Sehr wichtig ist die Flächenfrage, wenn man beispielsweise Solarthermie und Photovoltaik einsetzen möchte. Und das Thema der Flächen wird auch relevant, wenn man sich ansieht, ob und welche Speicher man in das Wärmesystem einbinden möchte. Wärme kann im Gegensatz zu Strom eben nicht über weite Strecken ohne Verluste transportiert werden. Wie kann also lokal oder regional Wärmeversorgung gemeinschaftlich angegangen werden? Der Blick auf die Flächen muss dabei auch interkommunal erfolgen. Nur so ist die Planung konsistent.

16.12.2022 | Interview: Andreas Witt
© Solarthemen Media GmbH

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