Power-to-X in groß: Raffinerie Schwedt will E-Fuels und E-Chemicals produzieren

Grafik zeigt E-Fuels-Herstellung mit Windenergie und Solarenergie und einer RaffinerieGrafik: Reinhard / stock.adobe.com
Mit Strom aus Wind- und Solarenergie lassen sich E-Fuels herstellen. Zusätzlich ist dafür CO2 nötig.
Die PCK Raffinerie Schwedt und Enertrag wollen am Standort Schwedt einen „Erneuerbare-Energien-Chemie-Kraftstoff-Verbund aufbauen. Eine gemeinsame Studie zeigt, wie es gehen soll.

Aus erneuerbaren Energien wollen die beiden Firmen nicht nur E-Fuels erzeugen, sondern auch Basischemikalien, sogenannte E-Chemicals. Am gestrigen Montag stellten die Firmen eine Konzeptstudie mit dem Namen HyPE+ vor. Ein gemeinsames Projektteam der Unternehmen hat sie in mehrmonatiger Arbeit erstellt.

Klassische Raffinerien mit fossilen Ausgangsprodukten stünden unter einem starken „Verdrängungsdruck“, wenn es um Klimaneutralität geht, umschreibt es die PCK Raffinerie Schwedt. Die Unternehmen rechnen damit, dass die Elektromobilität die Nachfrage nach Benzin und Diesel stark senken wird. Im Flug- und Schiffsverkehr sowie als Grundstoff für die Chemieindustrie ließen sich Kohlenwasserstoffe jedoch nicht so einfach ersetzen. Daher müssten sie synthetisch und klimaneutral hergestellt werden. Die Basis dafür ist Strom aus erneuerbaren Energien. Mit diesem wird Wasserstoff erzeugt. Zusammen mit Kohlenstoff aus nachhaltigen Quellen lassen sich dann Kohlenwasserstoffe im Baukastenprinzip erzeugen.

Das Erneuerbare-Energien-Unternehmen Enertrag ist bereits im Wasserstoff-Sektor aktiv und plant zum Beispiel auch, grünen Wasserstoff für ein Industriegebiet bei Magdeburg zu liefern.

Voraussetzungen für E-Fuels und E-Chemicals: Fachkräfte und viel erneuerbare Energien

Die PCK Raffinerie Schwedt sieht an ihrem Standort dafür gute Voraussetzungen. Dazu gehören vor allem gut qualifizierte Arbeitskräfte mit technischem Verständnis für chemische Prozesse und Energie-Know-how sowie hervorragende Standortpotentiale für Erneuerbare Energien. Das soll lokale Wertschöpfung ermöglichen und Einnahmen für die Kommunen bringen. Dass die Region nahe der polnischen Grenze bisher als strukturschwach gilt und nun auf Wasserstoff setzt, macht es leichter, Fördermittel zu erhalten. Auch in Bezug auf Wasserstoff-Infrastruktur liege Schwedt günstig. In der Nähe sei im Flow-Projekt eine Wasserstoff-Pipeline geplant, die sowohl den Zugang zu möglichen Importhäfen als auch zu Abnehmern ermögliche.

Die Studie zeichnet ein Zielbild für das Jahr 2045. Dann will die Raffinerie Wasserstoff nicht nur selbst produzieren, sondern auch per Pipeline in der Region einsammeln. Verkaufen will sie neben Wasserstoff auch E-Fuels (E-Methanol, E-Kerosin) und E-Chemicals. Jährlich sollen mehrere Millionen Tonnen dieser Produkte produziert werden. Das soll die Versorgung Ostdeutschlands mit grünen Raffinerieprodukten langfristig sichern.

Neben grünem Wasserstoff nennt die Studie die folgenden Zielmengen:

  • 2 Mio. t/a Flugkraftstoff, Methanol und High-Value-Chemicals
  • 1 Mio. t/a Biodiesel, Bioethanol, Biomethan

Die Wärme, die bei den Umwandlungsprozessen entsteht, soll in Schwedt genutzt werden. Da sich die Produktion zeitlich steuern lässt, könne man obendrein 6 bis 10 TWh „Fahrplanstrom“ bereitstellen.

Einzelnes Megaprojekt erfüllt ein Fünftel der deutschen Wasserstoff-Strategie

Der Umbau soll schrittweise erfolgen. In der ersten Ausbaustufe will die Raffinerie dafür einen 300-MW-Elektrolyseur aufstellen. Ende 2027 soll die Elektrolyse-Leistung bei 400 MW liegen, die jährliche Wasserstoff-Produktion bei über 30.000 Tonnen.

Bis 2030 sollen die eigene Wasserstoffproduktion auf 160.000 Tonnen und die Wasserstoff-Weiterverarbeitung auf 240.000 Tonnen pro Jahr anwachsen. Damit planen die Firmen etwa ein Fünftel der Elektrolyseleistung an ihrem Standort zu realisieren, die in der nationalen Wasserstoffstrategie für Deutschland vorgesehen ist. Um dieses Megaprojekt umzusetzen, seien 15 Milliarden Euro nötig, verteilt über den Standort und die Region.

Ob der Plan aufgeht, hänge von mehreren Faktoren ab, erklären die Firmen. Als erstes werben sie für ein „ein gemeinsames Verständnis des Transformationsbedarfs“ sowie ein „politisches Bekenntnis zur langfristigen Sicherung von Schwedt als Zukunftsstandort“ für „grüne Produkte“. Die Regularien für das Projekt müssten sowohl attraktiv als auch konsistent sein. Genehmigungshürden für den Erneuerbare-Energien-Ausbau müssten abgebaut werden. Außerdem müsse öffentliches Geld in das Projekt fließen, um zum europäischen und internationalen Wettbewerb aufzuschließen.

9.4.2022 | Quelle: Enertrag | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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