Dirk Krüger (DLR): Konzentrierende Solarkollektoren in Deutschland

Prüfstand für solare Prozesswärmeanwendungen in Köln mit zwei verschiedenen ParabolrinnenkollektorenFoto: Dirk Krüger, DLR
Auf dem Prüfstand des DLR für solare Prozesswärmeanwendungen in Köln beweisen zurzeit zwei verschiedene Parabolrinnenkollektoren ihre Praxistauglichkeit. Praktische Anwendungen für konzentrierende Solarkollektoren sind allerdings in Deutschland noch selten.
Dirk Krüger arbeitet seit 1996 wissenschaftlich an konzentrierenden Solaranlagen. Sein Spezialgebiet am Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln sind linienfokussierende Systeme. Im Solarthemen-Interview erklärt der Wissenschaftler den technischen und ökonomischen Stand dieser Technologie und warum konzentrierende Solarkollektoren auch für Anwendungen in Mitteleuropa wirtschaftlich attraktiv sind.

Solarthemen: Beim Stichwort konzentrierende Solarkollektoren denken wohl die meisten an solarthermische Kraftwerke zur Stromerzeugung. Welche Rolle spielt die rein thermische Nutzung großer Solarspiegel-Anlagen?

Dirk Krüger: Es gibt ja für die konzentrierende Stromerzeugung verschiedene Technologien – Solarturm, Parabolrinne, Fresnel-Kollektor – die immer auch die Wärmenutzung ermöglichen. Die Wärme direkt zu nutzen bietet sich zum Beispiel für Prozesswärme oder Fernwärme an. Hier gibt es Wärmeanwendungen, besonders für linienfokussierende Systeme wie Parabolrinnen- oder Fresnel-Kollektoren. Aber auch beim Solarturm denkt man über Wärmenutzungen nach. Dann allerdings bei höheren Temperaturen.

Ist die konzentrierende Solarthermie auch unter den klimatischen Verhältnissen Deutschlands eine realistische und wirtschaftliche Option?

Wissenschaftlich haben wir die Frage schon vor längerer Zeit ziemlich klar beantwortet. Aber in den Köpfen lebt die Idee weiter, dass wir zu wenig Direktstrahlung haben für konzentrierende Systeme. Diese Systeme nehmen ja kaum Diffusstrahlung auf. Das wird aber ausgeglichen im Vergleich zu den stationären Systemen, also Flach- oder Vakuumkollektoren. Das geschieht zum einen über die Nachführung des Kollektors – Parabolrinnen werden ja einachsig zur Sonne ausgerichtet. Der Kollektor wendet sich also morgens in Ostrichtung zur Sonne und beginnt bereits Wärme zu produzieren. Über Mittag, wenn die Sonne von Süden kommt, wird der Einfallswinkel in unseren Breiten etwas schlechter und gegen Abend fällt die Strahlung wieder senkrecht in den Kollektor ein. Das verhilft ihm über den Tag zu einer erheblichen Energieernte. Die Menge der Direkt- und Diffusstrahlung, die auf die Horizontale fällt, ist für die Kollektoren nicht relevant. Vielmehr interessiert, wie viel Strahlung über den Tag auf die Aperturfläche einfällt.
Das zweite Thema sind die thermischen Verluste. Durch das Konzentrationsprinzip haben die Kollektoren eine große Auffangfläche, aber eine kleine Verlustfläche in Form der Receiveroberfläche. Bei manchen Kollektoren hat der Receiver außerdem zwischen Absorberrohr und Glas-Hüllrohr ein Vakuum. Das verringert die thermischen Verluste noch weiter, sodass die Kollektoranlage auch zwischen 300 und 400 Grad noch effizient arbeitet.

Konzentrierende Solarkollektoren – eine Frage des Temperaturniveaus?

Stichwort Temperatur: Auf welchem Temperaturniveau sind Rinnen- und Fresnel-Kollektoren konkurrenzfähig gegenüber anderen Kollektorsystemen?

Ab 150 Grad aufwärts gibt es ja nicht so viele andere Optionen. Da ist ein Parabolrinnenkollektor in Deutschland auf jeden Fall eine interessante Lösung. Auch von den Kosten her ist es interessant, weil die thermischen Verluste nicht so groß sind. Wobei das von den Technologien abhängt, die bei Parabolrinnen durchaus verschieden sind. Da muss man sich die einzelnen Kollektoren anschauen, die genau wie Flach- und Vakuumkollektoren nach Solar-Keymark vermessen werden können. Aber auch unter 150 Grad können konzentrierende Kollektoren durchaus interessant sein. Bei 80 Grad erreicht ein konzentrierender Kollektor durchaus im Vergleich zu anderen Kollektoren schon ein ansehnliches Ertragsniveau. Auch bei solchen Temperaturen lohnt es sich zu schauen, ob eine Parabolrinne eine Option ist.

Auf welche Kilowattstundenpreise kommt die konzentrierende Solarthermie hierzulande?

Die Wärmegestehungskosten liegen in einer Größenordnung von 3 bis 5 Cent pro Kilowattstunde nach Abzug der Förderung. Aber im kleinen Leistungsbereich unter einigen Megawatt nehmen die Kosten stark zu. Das muss man individuell kalkulieren.

Sind die großen Spiegel auf Hallendächern überhaupt installierbar? Die haben doch erhebliche Windlasten.

Es gibt dafür auch kleinere Kollektoren verschiedener Kollektorhersteller mit einer geringen Aperturbreite, die bereits auf Dächern gebaut wurden. Das ist also durchaus möglich. Ansonsten ist ja auch die Fresnel-Technologie eine gute Möglichkeit für Dächer.

Was prädestiniert Fresnel-Anlagen für Installationen auf Dächern?

Sie haben nicht so hohe Windlasten, weil die Spiegel nebeneinander in der Horizontalen liegen.

Unternehmen im Bereich konzentrierender Solartechnik

Die deutsche Forschungslandschaft und namentlich das DLR sind seit Jahrzehnten auf dem Gebiet der konzentrierenden Solartechnik aktiv. Aber wie sind deutsche Firmen in diesem Bereich aufgestellt – mischen die auf dem kleinen Weltmarkt mit?

Mitgliedsfirmen des Deutschen Industrieverbandes Concentrated Solar Power, kurz DCSP, installieren aktuell durchaus Anlagen in der Größenordnung von jeweils 10 Megawatt.

Lässt sich damit schon Geld verdienen, oder kämpfen die Firmen noch um Referenz- und Demonstrationsanlagen?

Die Firmen stehen noch am Anfang und müssen aufwendig akquirieren. Sie realisieren nur wenige Projekte – bisher in der Größenordnung von einer Anlage pro Jahr, was sich aber gerade ändert. Bei den Playern gibt es recht unterschiedliche Entwicklungen. Das lässt sich aber von außen nicht so gut beurteilen.
Die geringen Stückzahlen sind natürlich auch ein Problem für die Kosten. Denn im Grunde steht die Technologie noch ganz am Anfang, wenn man nach Kennzahlen wie installierter Apperturfläche oder der Zahl installierter Anlagen geht.

Und das, obwohl Institute wie das DLR seit Jahrzehnten Erfahrungen mit der Technologie sammeln. Warum blieb der wirtschaftliche Durchbruch bislang aus?

Das ist ja eine Technologie, die durch die Industrie oder durch Stadtwerke eingekauft werden muss. Da wird mit spitzem Stift gerechnet und es muss kommerziell interessant sein. Das ist etwas anders als bei Solarthermie oder Photovoltaik auf Privathäusern, wo die Eigentümer eher mal Technologien verwenden, die weniger rentabel sind.
Und man muss sagen, dass die Förderlandschaft in den letzten Jahren nicht so aufgestellt war, dass eine bestimmte Stückzahl pro Jahr gefördert wurde. Das war ja zum Beispiel bei Photovoltaik etwas anders, wo die Förderhöhe immer so eingestellt worden ist, dass ein erhebliches Maß an Anlagen gebaut worden ist. Also: Es gibt keinen Privatmarkt und die Fördersituation war nicht entsprechend.

Konzentrieren Solarkollektoren symptomatisch für Dilemma der Solare Prozesswärme?

Dann leidet die konzentrierende Solarthermie unter den gleichen Problemen wie die solare Prozesswärme im Allgemeinen. Oder gibt es Spezifisches?

Es gibt einen erheblichen Unterschied: Für konzentrierende Solarthermie gibt es keine Beispielanlagen in Deutschland. Und das macht es unheimlich schwer für die Firmen, ins Geschäft zu kommen. Das gilt besonders für vorsichtige Akteure wie Stadtwerke. Aber auch in der Industrie wollen potenzielle Kunden positive Beispiele sehen. Man müsste schon nach Belgien schauen: Da stehen zwei Anlagen und eine dritte wird gerade in Betrieb genommen mit 2,5 MW thermisch bei hohen Temperaturen. Da wird ein Unternehmen versorgt, dass 280 Grad vom Solarfeld bekommt. Wobei die Technologie selbstverständlich auch bei niedrigeren Temperaturen sehr gut Wärme liefern kann.

Was könnte die Branche an politischer Unterstützung gebrauchen? Über die aktuellen Förderquoten von 45 bis 65 Prozent kann man sich ja im Moment eher nicht beschweren, oder?

Es würde sehr helfen, ein paar Leuchtturmprojekte auch mit höheren Fördersätzen zu unterstützen, um die Schwelle zu überschreiten, dass man erste Anlagen zeigen kann. Die sollte man dann auch wissenschaftlich gut begleiten. Aber wir brauchen natürlich auch eine Berücksichtigung der Solarthermie als Ganzes – nachgeführt und statisch – in der Strategie der Bundesregierung. Die sollte sich technisch nicht nur verlassen auf Strom aus Photovoltaik und Windenergie für den Betrieb von Wärmepumpen, sondern ein weiteres Standbeim pflegen mit der Solarthermie – einschließlich der konzentrierenden Solarthermie.

Müssten sich die Hersteller konzentrierer Anlagen nicht ganz und gar auf die höheren Temperaturbereiche fokussieren, wo es außer Biomasse kaum regenerative Alternativen gibt?

Das regelt der Markt. Die Hersteller gehen die hohen Temperaturbereiche an, aber durchaus auch die Wärmenetze. Wir haben noch wenig Erfahrung – auch was die Kosten betrifft. Die werden recht niedrig angegeben. Aber es wird sich erst in realen Projekten im Wettbewerb zeigen, wo sich für die jeweiligen Technologien Grenzen der Temperatur und der Leistung ergeben. Das muss man noch ausloten.

Wie sieht es mit Wärmespeichern für hohe Temperaturen aus. Muss man sich nicht mit anderen Speichermedien als Wasser auseinandersetzen?

Das ist ein großes offenes Thema. Bis etwa 210 Grad kann man noch gut mit Druckwasserspeichern arbeiten. Wenn man darüber hinauskommt, werden die Komponenten aber zu teuer, weil der Druck zu hoch wird. Schon ab 180 Grad muss man sich eigentlich Alternativen zu Druckspeichern überlegen. Da hat der Markt noch nicht viel zu bieten. Es gibt zwar Technologien, zum Beispiel Öl-Stein-Speicher, Phasenwechsel-Materialien oder Betonspeicher. Aber diese Optionen sind entweder sehr teuer oder noch nicht serienreif oder beides. Da gibt es noch Forschungsbedarf, um diese Speichertypen ökonomisch interessant zu machen.

22.5.2023 | Autor: Guido Bröer
© Solarthemen Media GmbH

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