Speicherstrategie der Bundesregierung: Lob und Kritik aus der Branche

Ein Haufen grüner Batterien als Symbol für die Speicherstrategie der Bundesregierung.Foto: grandeduc / stock.adobe.com
Ein bisschen systematischer muss es bei der Stromspeicherung zugehen, damit sie das Energiesystem stützt (Symbolbild).
Die Bundesregierung hat die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Speicherstrategie vorgelegt - der Speicherverband BVES ist begeistert, der BDEW zumindest erfreut.

Binnen weniger Wochen habe das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sein Ende November vorgestelltes Eckpunktepapier zu einem „weitgehend konsistenten und konkreten Programm für die Integration von Stromspeichern“ entwickelt, heißt es in der Pressemitteilung des Bundesverbandes Energiespeicher Systeme (BVES). Dass Speicher die „vierte Säule des Energiesystems“ werden sollen, ist bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgeschrieben, ebenso wie die Entwicklung einer Speicherstrategie

Doch um die Speicher in das Energiesystem zu integrieren, sind einige Änderungen der Regularien erforderlich. Der BVES hat im Frühjahr 2023 bereits formuliert, welche konkreten rechtlichen Vorschriften seiner Meinung nach anzupassen sind. Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hat eine eigene Speicherstrategie vorgelegt. Die nun vorliegende Speicherstrategie biete die Gelegenheit, die deutsche Regulierung mit den EU-Vorgaben in Einklang zu bringen, den regulatorischen Rahmen zu entrümpeln und bürokratische Hemmnisse für Speicher zu beseitigen, so der BVES.

Das Papier spreche die größten Hemmnisse der Speicherbranche zielgenau an und stelle Lösungen in Aussicht. Urban Windelen, Geschäftsführer des BVES, lobt den „fachlich fundierten und konstruktiven Prozess“ im Ministerium und nennt die Strategie „ein schönes Weihnachtsgeschenk“.

Bisher werden stationäre Stromspeicher in Deutschland vor allem für die Eigenoptimierung genutzt. Insbesondere der Heimspeicher-Markt wächst. Erst seit relativ kurzer Zeit sind auch Großspeicher im Spiel. Elektroautos könnten mit ihrer hohen Akkukapazität ebenfalls Energie ins System zurückspeisen. Doch das bidirektionale Laden läuft selbst für den Heimgebrauch nur langsam an – was ausnahmsweise nicht an der Regulierung liegt, sondern an fehlenden Freigaben der Autohersteller, wie der Solarserver in einem S+ Beitrag berichtet.

BDEW: Definition von Speichern noch nicht ausreichend umgesetzt

Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sieht in der Speicherstrategie einen wichtigen Schritt. „Sie setzt an den richtigen Stellen an, um bestehende Hürden abzubauen und Regelungslücken zu schließen“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung.

Das Bundeswirtschaftsministerium räume den Stromspeicheranlagen ein überragendes öffentliches Interesse ein und setze sie damit auf eine Stufe mit Erneuerbaren Energien-Anlagen. Eine Privilegierung von Stromspeicherprojekten im Rahmen von Genehmigungsverfahren könne zudem den Ausbau deutlich beschleunigen.

Ebenfalls als positiv verbucht der BDEW, dass das Bundeswirtschaftsministerium bereits die Netzentgeltbefreiung für Speicher verlängert habe. Diese soll sicherstellen, dass die vollen Abgaben und Umlagen erst dort anfallen, wo der Strom wirklich verbraucht wird – und nicht nur gespeichert. (Beeindruckend ist die Wortkreation dafür: Aus einem Verbraucher einen Letztverbraucher zu machen, reicht anscheinend nicht mehr – nun gibt es auch einen finalen Letztverbraucher.) Der BDEW drängt nun darauf, dass die Bundesnetzagentur diese Regelung nun noch entfristet und technologieoffen gestaltet, um Investitionssicherheit zu schaffen.

Sinnvoll sei auch, dass die Bundesnetzagentur Baukostenzuschüsse prüfen soll. Diese sollen dafür sorgen, dass die Speicher an Orten entstehen und auf eine Weise betrieben werden, dass sie das Stromnetz bestmöglich entlasten. Bisher ist die Netzdienlichkeit laut Speicherbetreibern kein Kriterium für die Standortwahl, denn sie zahlt sich nicht aus.

Widerspruch äußert der BDEW hingegen in Bezug auf die Speicherdefinition. Die europäischen Vorgaben sieht der Verband im Gegensatz zum BMWK nicht als erfüllt an. Es müsse dafür nicht nur die Speicheranlage selbst, sondern auch der Prozess der Energiespeicherung in nationalem Recht definiert werden, um Stromerzeuger, Speicher und Verbraucher zu unterscheiden.

BSW: Ziele und Leitplanken für Speicherausbau fehlen

Der Bundesverband Solarwirtschaft, der sich selbst als Intressensvertretung der Solar- und Speicherbranche bezeichnet, vermisst in der Speicherstrategie hingegen konkrete Ziele und Leitplanken „für den Speicherausbau, für wirtschaftlich tragfähige Geschäftsmodelle und einen netzdienlichen Speicherbetrieb“. Bei dem am gestrigen Dienstagnachmittag vorgelegten ersten Entwurf der Speicherstrategie handele es sich im Wesentlichen um einen Statusbericht. Er beschreibe den aktuellen Stand des Speichermarktes und Rechtsrahmens, benenne eine Reihe von Markthindernissen und liste eher punktuell Maßnahmen und Handlungsfelder zu deren Verringerung auf.

Jetzt gehe es darum, die Speicherstrategie inhaltlich aufzuladen, sagt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Welche Funktionen Speicher im Stromsystem der Zukunft konkret übernehmen sollen, habe das BMWK erst ansatzweise herausgearbeitet. Auch fehle eine differenzierte Betrachtung verschiedener Marktsegmente beispielsweise von Heimspeichern, Gewerbe- und Industriespeichern sowie Netzspeichern und erzeugungsnahen Großspeichern in Solar- und Windparks. Der BSW appelliert an das BMWK, auch die mobilen Speicher der E-Autoflotte zu adressieren.

Dieser Artikel wurde nachträglich um die Stellungnahme des BDEW und BSW ergänzt. Dabei wurde auch die Überschrift angepasst.

Quelle: BVES, BDEW | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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