Kleinwindanlagen: Privilegierung gilt auch bei Eigenstrom-Erzeugung

Das Foto zeigt den Kopf von zwei Kleinwindanlagen als Vertikalachser vor blauem Himmel - auch für solche Anlagen gilt laut dem Gerichtsbeschluss die Privilegierung.Foto: embeki / stock.adobe.com
Windenergie zu nutzen, ist ein im Außenbereich baurechtlich privilegiertes Vorhaben. Das gilt auch dann, wenn der Strom für den Eigenverbrauch gedacht ist. Was so einleuchtend klingt, war juristisch bisher umstritten. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat nun Klarheit geschaffen.

In dem Rechtsstreit ging es um vier Kleinwindanlagen mit einer Gesamthöhe von jeweils 6,5 Metern und einem Rotordurchmesser von 0,6 Metern und deren Privilegierung laut Baugesetzbuch. Die Kläger wollten diese auf ihrem Grundstück im Außenbereich aufstellen, um Strom für das Wohnhaus und eine Imkerei zu erzeugen. Für diese Anlagen hatten sie beim Landkreis Altenkirchen einen Bauvorbescheid beantragt. Doch der Landkreis lehnte ab. Die Begründung: Da die Anlagen nicht der öffentlichen Versorgung dienen würden, würden sie nicht als im Außenbereich privilegierte Vorhaben zur Nutzung von Windenergie nach § 35 des Baugesetzbuchs gelten. Damit wären sie im Außenbereich grundsätzlich nicht zulässig.

OVG Koblenz räumt juristische Unklarheit bei Privilegierung von Kleinwindanlagen aus

Bereits im März 2023 hatte das Verwaltungsgericht Koblenz den Windfarmern in spe Recht gegeben. Die Eigenversorgung stehe der Privilegierung nicht im Wege. Diese Position bestätigte nun auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, bei dem der Landkreis Berufung eingelegt hatte.

Das OVG hatte im Baugesetzbuch keinen Hinweis gefunden, dass die Windenergie der öffentlichen Versorgung dienen müsse – auch nicht als „ungeschriebenes Erfordernis“. Ein solches Erfordernis hatte der Landkreis aus einer früheren Formulierung im Gesetz hergeleitet, die auf die öffentliche Versorgung zielte. Das OVG widersprach: Eine solche Interpretation würde dem Zweck der Vorschrift sogar widersprechen. Schließlich würden Windenergie-Anlagen auch dann zur verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien und zum Ressourcenschutz beitragen, wenn sie dem Eigenverbrauch dienen. Der Landkreis muss nun den Bauvorbescheid erteilen.

Rechtsanwalt Victor Görlich von Rechtsanwälte Günther vertrat die Kläger in dem Prozess. Für ihn geht die Bedeutung des Urteils über den Fall hinaus. „Behörden haben sich in der Vergangenheit schon oft darauf berufen, dass die Eigennutzung von Strom der Privilegierung der Windenergienutzung im Außenbereich entgegenstehe“, sagt er. Diese Auffassung stützt sich insbesondere auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 24.10.2018 (8 A 10287/18.OVG) und auf ein juristisches Lehrbuch aus dem Jahr 2019. „Jetzt hat das OVG etwas klargestellt, was mit Blick auf das übergeordnete Ziel der Reduktion von CO₂-Emissionen eigentlich selbstverständlich erscheinen müsste: die Privilegierung der Windenergienutzung gilt auch, wenn man den Strom selbst vor Ort verbraucht“, fasst Görlich zusammen. So könnte dieses Urteil anderen angehenden Kleinwindanlagenbetreibern in ganz Deutschland den Rechtsweg ersparen. Für die Photovoltaik dürfte das Urteil hingegen wenig Unterschied machen. „Eine entsprechende Ansicht, wonach PV-Anlagen zur Eigenversorgung nur eingeschränkt privilegiert wären, wird nicht vertreten“, so Görlich.

„Verspargelung“ nicht zu befürchten, aber Genehmigung der Kleinwindanlage ist nötig

Obendrein fürchtete der Landkreis eine „Verspargelung“ der Landschaft. Die vier kleinen Anlagen würden das Landschaftsbild stärker beeinträchtigen als eine große Anlage, argumentierte der Landkreis Altenkirchen. Diese Befürchtung konnte das OVG Koblenz ebenfalls nicht nachvollziehen. Die Kleinwindanlagen seien nur unter so speziellen Voraussetzungen wirtschaftlich, dass diese Gefahr nicht bestehe.  

In einem Punkt müssen sich die Windfarmer jedoch geschlagen geben: Sie brauchen eine Genehmigung für ihre Anlagen. Das hatte bereits das Verwaltungsgericht Koblenz im März 2023 entschieden. Die Kläger hatten argumentiert, die Windräder würden Strom für eine Imkerei liefern. Sie würden somit einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen und seien genehmigungsfrei. Doch die Imkerei werde den Strom erst ab 2027 brauchen, während der Bau der Anlagen schon begonnen habe. Daher überzeugte dieses Argument das Gericht nicht.

Autorin: Eva Augsten | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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