Photovoltaik-Mikroskop soll Defekte in Perowskit-Zelle aufspüren

Ein technisches Gerät mit vielen Drähten - das Photovoltaik-Mikroskop - und ein Mann daneben.Foto: Carsten Costard
Professor Stefan Weber mit seinem selbst entwickelten Photovoltaik-Mikroskop.
Innerhalb von Perowskit-Solarzellen können Defekte der Kristallstruktur zu Energieverlusten führen. Stefan Weber von der Universität Stuttgart will sie mit einem neu entwickelten Mikroskop lokalisieren.

Mit dem neuen Photovoltaik-Mikroskop will Stefan Weber am Institut für Photovoltaik (ipv) der Universität Stuttgart die Funktion von Perowskit-Solarzellen auf der Ebene von Nanostrukturen untersuchen. Für sein Projekt NanoPlot hat er gerade einen ERC Consolidator Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten, der mit fast drei Millionen Euro dotiert ist, heißt es in einer Pressemitteilung des ivp. Im September soll das Projekt starten.

Bei Perowskit handelt es sich um eine Gruppe von Materialien mit einer typischen Kristallstruktur. Perowskit-Solarzellen sind billiger als Silizium-Solarzellen, da der Energieaufwand zu ihrer Herstellung deutlich geringer ist. Zudem lässt sich die sogenannte Bandlücke gezielt einstellen. So kann man steuern, welche Wellenlänge des Sonnenlichts die Zelle absorbiert. Doch in der Praxis bringt das Material auch Schwierigkeiten mit sich. „Defekte in der mikroskopischen Kristallstruktur einer Perowskit-Solarzelle können zu Energieverlusten führen. Einige dieser Defekte verlangsamen den Fluss der vom Sonnenlicht angeregten Elektronen, andere führen zu vorzeitigen Alterungseffekten in den Zellen“, erklärt Weber. Er will herausfinden, welche Arten von Defekten sich an welcher Stelle in der Zelle befinden und welchen Einfluss haben diese auf die Effizienz haben. Auch die beschleunigte Alterung der Zellen durch die Defekte will er untersuchen.

Neuartige Kombination von Rasterkraftmikroskop und optischer Spektroskopie

Die Perowskit-Kristalle sind nur einige hundert Nanometer groß. „Diese verhalten sich alle wie einzelne Mini-Solarzellen“, erklärt Weber. In den Lücken zwischen den Kristallkörnern befinden sich besonders viele Defekte, die die Ursache für einen beschleunigten Leistungsabfall der Zellen sein könnten.

Ein weiteres Problem erforscht Weber ebenfalls seit Jahren, die sogenannten Zwillingsdomänen. Diese winzigen Streifenpaare, deren Kristallsymmetrie in genau entgegengesetzter Richtung verläuft, bilden vermutlich Barrieren für Elektronen. Das stört den Stromfluss.

Mit dem Photovoltaik-Mikroskop will Weber diese Prozesse erstmals im Nanometerbereich sichtbar machen. Dazu kombiniert er zwei Methoden, die Rasterkraftmikroskopie (AFM) und die optische Spektroskopie. Bei der Rasterkraftmikroskopie schwebt eine winzige, scharfe Spitze über der Solarzelle. Sie misst zwei bis zehn Nanometer und ist damit etwa zehntausendmal dünner als ein menschliches Haar. Durch die Wechselwirkung zwischen den Atomen am Spitzenende und den Atomen auf der Oberfläche entstehen schwache Kräfte, die die Spitze nach oben oder unten auslenken. So lassen sich die Struktur und die elektrische Ladung auf der Oberfläche der Solarzelle mit Nanometergenauigkeit messen.

Diese Informationen reichen jedoch nicht aus, um ein vollständiges Bild zu erhalten, weshalb auch die optische Spektroskopie eingesetzt wird. Die Methode dafür ist neu und noch nicht erprobt. Der Trick: Weber leitet über die AFM-Spitze Strom in die Solarzelle, der dort durch Elektrolumineszenz Licht erzeugt. Die leuchtenden Bereiche können dann mit einem Lichtmikroskop untersucht werden. „Das gibt mir Aufschluss über lokale Defekte, die direkt mit Energieverlusten zusammenhängen. Und das mit einer räumlichen Auflösung, die nicht mehr durch die Optik begrenzt ist, sondern nur noch durch die Größe der Nano-Spitze“, erklärt Weber.

Im großen Maßstab ist die Elektrolumineszenz bereits ein erprobtes Verfahren in der Photovoltaik. Es hilft zum Beispiel, Schäden an installierten PV-Anlagen zu finden.

Mit Photovoltaik-Mikroskop gewonnene Erkenntnisse sollen Perowskit-Zellen skalierbar machen

Mit der Elektrolumineszenz will Weber auch die Ursachen für die Instabilität von Perowskit-Solarzellen auf der Nanoebene beobachten. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen die Entwicklung von leistungsfähigeren, stabileren und hoch skalierbaren Perowskit-Zellen voranbringen. Vor allem setzt er auf Tandem-Zellen aus Perowskit und kristallinem Silzium. Diese erreichen schon heute bis zu 33 Prozent Wirkungsgrad. Sie könnten laut Weber in naher Zukunft den Photovoltaikmarkt aufmischen und der Energiewende einen weiteren großen Schub geben.

Mit dem ERC Consolidator Grant unterstützt der Europäische Forschungsrat herausragende und vielversprechende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aller Fachrichtungen, die sich sieben bis zwölf Jahre nach ihrer Promotion in der Konsolidierungsphase des Aufbaus einer eigenen unabhängigen Forschungsgruppe befinden. Er stellt bis zu zwei Millionen Euro mit der Möglichkeit einer zusätzlichen Anschubfinanzierung für eine Dauer von fünf Jahren zur Verfügung. Auch der Institutsleiter des ipv, Professor Michael Saliba, ist ein ERC-geförderter Perowskit-Experte.

Quelle: Uni Stuttgart | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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