Sachverständige fordern Anschlussförderung für Biogas

Bei der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie am Mittwoch sprachen sich die Sachverständigen für eine Anschlussförderung bei Biogas aus. Das geht aus einer Mitteilung der Parlamentsnachrichten „heute im bundestag“ hervor. Die Solarthemen hatten bereits über die Anhörungen ausführlich mit Fokus auf die Photovoltaik berichtet. Die Sachverständigen forderten ebenfalls eine Verlängerung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) noch in dieser Legislaturperiode.
Um Biogasanlagen eine Anschlussperspektive zu eröffnen und eine flexiblere Fahrweise der Biomasse-Anlagen nachhaltig anzureizen, haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Gesetzentwurf (20/14246) vorgelegt. Dem Entwurf zufolge soll künftig die Förderung für eine bestimmte Anzahl an Betriebsstunden gezahlt werden, nicht mehr auf einen Anteil der jährlichen Bemessungsleistung. Außerdem sieht er eine Anhebung des Flexibilitätszuschlags von 65 Euro pro Kilowattstunde (kWh) auf 100 Euro pro Kilowattstunde installierter Leistung vor. Zudem solle die Förderung künftig bereits bei schwach positiven Preisen entfallen.
Biogas: 15 Prozent des Bestandes droht Stilllegung
Mit Blick auf die Flexibilisierung bei den Biogasanlagen verwies Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und Mitglied des Präsidiums beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) darauf, dass 2025 und 2026 knapp 15 Prozent des Bestandes an Biogasanlagen aus der EEG-Förderung fallen würden. Es brauche daher ein Anschlussförderung. „Wir brauchen aber auch ein umfassendes Konzept für Biomasse“, sagte sie . Dieses zu erstellen, werde Aufgabe der neuen Bundesregierung sein.
BBE/Rostek: Übergangsfristen fehlen
Die Anhebung des Flexibilitätszuschlags sowie die Verlängerung der Anschlussregelung für Biogasanlagen sei zu begrüßen. Dies befand Sandra Rostek, Leiterin Politik beim Bundesverband Erneuerbare Energie (BBE). Die Ausgestaltung der neuen Anforderungen an die Flexibilisierung beziehungsweise die Überbauung von Biogasanlagen sowie das Fehlen jeglicher Übergangsfristen gingen in der aktuellen Form jedoch an der Realität der Branche vorbei. So könne die Rückbauwelle nicht aufgehalten werden, sagte Rostek.
Der Entwurf müsste um einen realistischen Transformationspfad mit pragmatischen Anforderungen und praxisgerechten Fristen ergänzt werden, forderte sie. Sei dies nicht möglich, plädiere der BBE für eine Übergangsregelung, nach der nur für 2025 und 2026 Ausschreibungsvolumen und Flexibilisierungszuschlag angehoben werden. Alles andere müsse dann zu einem späteren Zeitpunkt nochmals diskutiert werden, sagte Rostek.
Michael Beil, Abteilungsleiter Erneuerbare Gase und Bioenergie beim Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik, begrüßte die Regelung zu Biogasanlagen. Denn sie ziele auf eine Lenkungswirkung ab, dass bei sehr hohen Einspeisungen durch PV- oder Windstrom die Einspeisung durch Biogasstrom deutlich reduziert und die Einspeiseleistung des Anlagenparks bei hohem Strombedarf erhöht werde. Weiterhin erhöhe sich die Chance zum Weiterbetrieb von Biogasanlagen mit bestehenden Wärmeversorgungskonzepten durch eine Priorisierung innerhalb der Ausschreibungen.
Biogas als Sicherheit vor Dunkelflaute unabdingbar
Professor Jürgen Karl von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg hält die Sicherung und insbesondere die Erhöhung der installierten Leistung von Biogasanlagen für unabdingbar, „um in Deutschland in den kommenden Jahren eine sichere Stromversorgung auch während der ,Dunkelflaute‘ zu gewährleisten“. Zudem sei die Bereitstellung von Reserveleistung durch die Flexibilisierung von Biogasanlagen erheblich kostengünstiger als mit Wasserstoff- und Wasserstoffkraftwerken.
Neben einer Flexibilisierung der Biogasanlagen erachtet Karl auch die Realisierung ausreichend großer Biogasspeicher für notwendig. Deshalb brauche es zusätzlich zum Flexibilitätszuschlag ein Speicherkapazitätszuschlag in Höhe von 25 ct pro kWh installierter Speicherkapazität, sagte er.
Martin Laß, Mitglied des Vorstands im Landesverband Erneuerbare Energien Schleswig-Holstein und selber Betreiber einer Biogasspeicheranlage, verwies auf die überwiegend einheitlichen Stellungnahmen der Sachverständigen. Um die benötigten Investitionen in die Bioenergie und damit die dezentrale Wärmeerzeugung möglich zu machen, müssten die Regelungen jetzt beschlossen werden.
Bei Auslaufen des KWKG droht „Fadenriss“
Zum KWKG gibt es sowohl einen Gesetzentwurf der Unionsfraktion (20/13615) als auch eine Formulierungshilfe der Bundesregierung. Ziel sei es, neue Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen auch dann zu fördern, wenn sie erst nach Ende 2026 in Betrieb gehen. Dies sei nach aktueller Rechtslage nicht möglich.
Matthias Dümpelmann, Geschäftsführer der 8KU GmbH, einem Zusammenschluss großer kommunaler Energieversorgungsunternehmen, hält ebenfalls die Umsetzung der Gesetzesinitiativen noch vor der Neuwahl für nötig. Eine Verlängerung der Wirksamkeit des KWKG müsse unverzüglich, rechts- und beihilfesicher erreicht werden. „Dem gegenüber erachten wir alle weiteren Anpassungen als nachrangig“, sagte er. Das KWKG sei die entscheidende Größe, um Fernwärmeinfrastruktur auszubauen. Da das bestehende Gesetz ein Auslaufdatum mit Inbetriebnahme 2026 hat, stehe bereits heute unmittelbar „der Fadenriss bevor“, warnte Dümpelmann.
Sabine Gores, stellvertretende Bereichsleiterin Energie & Klimaschutz beim Öko-Institut, sieht in der Verlängerung des KWKG nur einen Notbehelf, „weil erforderliche Weiterentwicklungen nicht stattgefunden haben“. Das KWKG sei in seiner bestehenden Form ein Förderinstrument für das Stromsystem und den Kraftwerkspark der letzten beiden Dekaden. Es fördere derzeit vor allem fossile Stromerzeugung und sei damit nicht kohärent zu den klimapolitischen Zielsetzungen. Wenn also eine KWK-Anlage ab 2026 in Betrieb geht, so Gores, dürfe die Förderung ab 2035 nur noch bei treibhausneutraler Erzeugung erfolgen. „Das gibt dann auch Richtungssicherheit bei den Investitionen“, sagte sie.
Die zeitnahe Verlängerung des KWKG, „noch in dieser Legislaturperiode“, sei dringend erforderlich, sagte auch BDEW-Vorsitzende Kerstin Andreae. Sie begrüßte den sich abzeichnenden Konsens zwischen Regierung und Opposition in dieser Frage. Es brauche Investitionssicherheit für laufende KWK-Projekte, aber auch für zukünftige Investitionen in die Wärmewende und den dafür wichtigen Fernwärmeausbau. Andreae plädierte dafür, „möglichst nah“ an den bestehenden beihilferechtlichen Genehmigungen der EU-Kommission zu bleiben.
Quelle: heute im bundestag | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH