Immer kürzere Energy Payback Time für Photovoltaik
6,6 statt 54,8 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde – das ist die Spannbreite der CO2-Bilanz für die PV-Module einer 3-Kilowatt-Photovoltaik-Dachanlage. Und zwar laut einer aktuellen Studie, die unter Mitwirkung des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) 2024 erschien. Sie unterscheidet dabei vor allem drei Faktoren. Das ist erstens der Strommix am potenziellen Herstellungsort der Anlage: China, Deutschland oder Norwegen. Zweitens geht es um eine Lebensdauer von 20, 30 oder 40 Jahren. Drittens unterscheidet die Studie sechs Klimazonen für jeweils unterschiedliche Einstrahlungsbedingungen.
Die Analyse zeigt: Bei quasi idealen Bedingungen entstehen pro Kilowattstunde Photovoltaikstrom nur 6,6 Gramm CO2 entlang der gesamten Wertschöpfungskette (vom Silizium bis zum PV-Modul). Das gilt für norwegische Produktion, 40 Jahre Lebensdauer und den Einsatz der Solarmodule in subtropischen ariden Regionen wie etwa Nordafrika mit einer Einstrahlung von knapp 2.300 kWh pro Quadratmeter. Im schlechtesten Fall kommen 54,8 g CO2 pro kWh zusammen – und zwar bei chinesischer Produktion, nur 20 Jahren Nutzungsdauer und einer solaren Stromerzeugung in maritimen, gemäßigten Zonen mit Einstrahlungsraten von unter 1.000 kWh/m2 wie in Teilen Skandinaviens.
Photovoltaik aus Europa ist nachhaltiger
„Die Studie zeigt damit, dass die PV-Produktion in Europa nach wie vor nachhaltiger wäre als sie derzeit in China ist“, sagt Mit-Autor Sebastian Nold, zugleich Teamleiter für technisch-ökonomische und ökologische Analysen der Photovoltaik am Fraunhofer ISE. So stehen einem CO2-Bestwert von 13,6 g CO2 pro kWh (g/kWh) rund 25 g/kWh in China gegenüber. Beim schlechtesten Wert käme die deutsche Produktion auf 31 g/kWh gegenüber 55 g/kWh bei einer Produktion in China.
Chinesischer Kohlestrom verdirbt die CO2-Bilanz
Ausschlaggebend dafür ist der Kohleanteil am Strommix, der in China 2020 bei 62 Prozent lag, in Deutschland bei 24 Prozent und in Norwegen bei null. „Aber auch die Bilanz in China verbessert sich kontinuierlich, weil im Strommix immer mehr erneuerbare Energien auftauchen“, sagt Nold. Damit berührt der Wissenschaftler einen grundsätzlichen Punkt, nämlich dass die Grundannahmen meist bereits veraltet sind. „Viele der Daten, mit denen wir zur Erstellung solcher Bilanzen arbeiten müssen, wie Strommixe der Produktionsländer, sind in den verwendeten Datenbanken nicht immer auf dem aktuellsten Stand“, sagt er.
Dieses Problem hat auch die Internationale Energieagentur erkannt und arbeitet in einer Arbeitsgruppe für PV und Nachhaltigkeit (IEA-PVPS) daran, die Daten auf den neuesten Stand zu bringen. Nold ist Mitglied dieser Task-force. „2025 streben wir eine weitere Aktualisierung an“, sagt er.
Verlässliche Bilanzen vor allem für PERC-Zellen
Außerdem stellen die Daten zur Energie- und Nachhaltigkeitsbilanz der Photovoltaik bisher vor allem auf die PERC-Zelltechnologie ab. „PERC läuft aber mehr und mehr aus und wird durch effizientere Technologien wie TOPCon ersetzt“, betont Nold. Im Effekt bewirkt das eine immer bessere Energie- und Nachhaltigkeitsbilanz der Photovoltaik.
Geht es um den reinen Strombedarf in der PV-Produktion, ermittelt das Fraunhofer ISE die Daten selbst. Nach den Berechnungen des Instituts braucht ein monokristallines Modul mit einem Wirkungsgrad von 21,5 Prozent in Deutschland gerade einmal drei Monate, um den Strom wieder einzuspielen, der für seine Herstellung verbraucht wurde. Das sind rund 272 kWh pro Kilowatt Nennleistung (kWp). Die Solarzellen wurden mit PERC-Technologie hergestellt. Stand der Technik ist das Jahr 2022.
Der Strombedarf reflektiert dabei ausschließlich die solare Wertschöpfungskette vom metallurgischen Silizium über Ingots und Wafer bis zu den Solarzellen und Modulen. Um außerdem den Energiebedarf zur Herstellung weiterer Materialien wie Glas (für Scheiben) und Aluminium (für Rahmen) zu berücksichtigen, muss der Primärenergieverbrauch herangezogen werden. Hierbei finden auch die Prozesse Berücksichtigung, die zur Herstellung sämtlicher Vorprodukte notwendig sind. Das betrifft beispielsweise beim Aluminium den anteiligen Energieverbrauch vom Bergwerk bis zum fertigen Rahmen für die Module.
Kurze Energy Payback Time
Unter Berücksichtigung aller Materialien und deren Vorketten beträgt der kumulierte Primärenergieaufwand zur Produktion von Photovoltaikmodulen 6.269 Megajoule (MJ) pro kWp. Umgerechnet entspricht das 1.741 Kilowattstunden Primärenergieaufwand. Ein Modul bräuchte in Deutschland für die komplette Produktion der Primärenergie also 1,7 Jahre als sogenannte Energy Payback Time. Diese Rechnung hinkt allerdings zu Ungunsten der Photovoltaik, die ja mit Netzstrom konkurriert. Deshalb muss die Umwandlung von Primärenergie zu Strom berücksichtigt werden, die durch die Netzeffizienz (Grid Efficiency) bestimmt wird. Bei einer Annahme von 33 Prozent hätte ein PV-Modul (inklusive aller Materialien und deren Vorketten) in Deutschland nach knapp sieben Monaten den gesamten Energiebedarf wieder eingespielt.
Autor: Oliver Ristau | © Solarthemen Media GmbH