Katharina Reiche: keine 100 Prozent Erneuerbare Energien

Die neue Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche hat in ihrer Antrittsrede betont, dass erneuerbare Energien alleine nicht für die Versorgung eines Industrielandes wie Deutschland ausreichen. Damit hat sie einem potentiellen 100 Prozent-Ziel eine Absage erteilt. Das Ministerium hat auch eine neue Bezeichnung. Ab sofort firmiert es unter Bundesministerium für Wirtschaft und Energie. Der Begriff Klimaschutz – unter Vorgänger Robert Habeck eingeführt – ist gestrichen.
“Der Ausbau der Wind- und Solarenergie hat uns beim Klimaschutz vorangebracht”, sagte Reiche. “Systemrisiken und -kosten wurden aber unterschätzt. Deshalb brauchen wir einen Realitätscheck in der Energiepolitik.” Dazu zählt die Absage an eine Vorstellung, dass regenerative Energien in der Zukunft einmal ausschließlich Wirtschaft und Gesellschaft versorgen könnten.
“Erneuerbare Energien allein werden eine Industrienation wie Deutschland nicht zuverlässig und zu bezahlbaren Preisen mit Strom versorgen können”, so Reiche wörtlich. “Und wir können uns als größter Stromverbraucher in der EU auch nicht nur auf unsere Nachbarn verlassen. Wir brauchen steuerbare Stromerzeugung im eigenen Land. Der Koalitionsvertrag nennt bis zu 20 Gigawatt Gaskraftwerke. Die Ausschreibung hierzu muss schnell starten. Wir wollen zudem im Inland die Produktionsbedingungen für Gas verbessern.” Auch die Abscheidung und Speichern von Kohlendioxid – CCS und CCU – soll eine stärkere Rolle spielen.
EE-Ausbau mit Netzausbau koordinieren
Zum Realitätscheck gehöre auch, den Erneuerbaren-Ausbau räumlich und zeitlich besser mit dem Netzausbau zu synchronisieren. “Wir werden für eine gründliche Bestandsaufnahme sorgen und dann das Thema mit hoher Priorität angehen”, kündigte sie an.
Die Koalition hat außerdem vereinbart, das Heizungsgesetz abzuschaffen. Das aktuelle Gesetz führe zu Attentismus statt zu der gewünschten Welle an Klimaschutzinvestitionen im Gebäudebestand. “Klimaschutz braucht die Akzeptanz derjenigen, die investieren sollen. Wir wollen mit flexiblen Regeln, die sich an der langfristigen CO2-Reduzierung orientieren, den Investitionsstau im Altbau auflösen. Spielräume bei der Umsetzung der europäischen Gebäuderichtlinie werden wir ausnutzen.”
Was die neue Ministerin außerdem bei ihrer Antrittsrede zur künftigen Energiepolitik zu sagen hat, bringt der Solarserver im Folgen ungekürzt:
“Bürger wie auch Unternehmen ächzen unter den zu hohen Strompreisen der letzten Jahre. Deshalb wollen wir sie stabilisieren und reduzieren. Zu diesem Zweck ist im Koalitionsvertrag unter anderem festgelegt, einen Industriestrompreis einzuführen, die Systematik der Netzentgelte zu reformieren und Reservekraftwerke nicht mehr nur zur Vermeidung von Versorgungsengpässen einzusetzen. Wir sind uns bewusst, dass man dafür in Brüssel dicke Bretter bohren muss.
Zum anderen wollen wir Unternehmen ermutigen, langfristige Gaslieferverträge mit ausländischen Partnern abzuschließen, und werden dies politisch flankieren. Eine Diversifizierung der Lieferländer wird dabei wichtig sein.
Wir müssen das Stromsystem flexibilisieren. Das heißt: dynamische Stromtarife stärken, bidirektionales Laden unterstützen und den Ausbau systemdienlicher Speicherkapazitäten vorantreiben. Energiespeicher werden wir als im überragenden öffentlichen Interesse anerkennen.”
Mehr Bioenergie, Geothermie, Wasserkraft
“Die Koalition hat zudem vereinbart, die Vielfalt der Erneuerbaren umfassend zu nutzen, neben Sonnen- und Windenergie auch Bioenergie, Geothermie, Wasserkraft und die aus diesen Energieträgern hergestellten Moleküle. Dabei gilt auch hier: Wir müssen die Kosten im Griff behalten. Wir wollen die Erneuerbare-Energien-Richtlinie III zeitnah umsetzen, die Planungserleichterung beschleunigen, den Investitionsrahmen stärken und zugleich marktwirtschaftliche Instrumente verstärkt einbinden.
Damit unsere Industrie auch in Zukunft wettbewerbsfähig bleibt, sieht der Koalitionsvertrag einen schnellen Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und einen Anschluss der industriellen Zentren an das Wasserstoffkernnetz vor. In diesem Hochlauf müssen wir alle Farben nutzen. Allerdings werden wir bis zu 70% unseres Wasserstoffes aus dem Ausland importieren müssen. Deshalb wollen wir Energiepartnerschaften und grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte ausbauen.
Gerade bei der Transformation ist Technologieoffenheit wichtig: Wir haben, Stand 2025, definitiv noch nicht alle Lösungen für eine klimaneutrale und gleichzeitig bezahlbare Energieversorgung. Was wir heute schon haben, sind: eine hervorragende Forschung, findige Unternehmen, mutige Start-ups und überall in diesen Bereichen motivierte Menschen, die diese Lösungen entwickeln können. Wir müssen ihnen die dafür notwendigen Freiräume schaffen.”
Quelle: BMWE | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH