Stiftung Offshore-Windenergie präsentiert Studie

Die Stiftung Offshore-Windenergie unterlegt die festgestellten Risiken des derzeitigen Ausschreibungsmodells für Offshore-Windparks in Deutschland erstmals mit Zahlen. Enervis Energy Advisors führte die Untersuchung durch. Ergebnis ist, dass das Modell zur Vergabe von Offshore-Windflächen langfristig deutlich negative wirtschaftliche und energiepolitische Folgen haben könnte.
Forderung nach Anpassung des Ausschreibungsmodells
Die Stiftung Offshore-Windenergie fordert entsprechend eine Überarbeitung des Ausschreibungsdesigns. Ziel ist es, die wirtschaftlichen und energiepolitischen Risiken zu minimieren. Weitere Impulse sollten zudem Wachstum und einen höheren Nutzen des Sektors ermöglichen.
„Die Ergebnisse der Analyse müssen als Aufforderung an die kommende Bundesregierung verstanden werden, hier endlich den Kurs zu korrigieren”, so Karina Würtz, Geschäftsführerin der Stiftung Offshore-Windenergie. Die Energiewende dürfe nicht durch kurzfristige Einnahmensteigerung gefährdet werden. Die Politik müsse die langfristigen und vielfältigen Auswirkungen des Ausschreibungsmodells stärker berücksichtigen. Zudem müsse sie Rahmenbedingungen schaffen, die Investitionssicherheit, Wettbewerb und stabile Strompreise gewährleisten, so Würtz weiter.
Mögliche Lösungen für Deutschland
In der Diskussion lohnt sich ein Blick auf erfolgreiche Ansätze aus anderen europäischen Ländern. Einige dieser Ideen könnten auch hierzulande helfen, die Energiewende kosteneffizienter und verlässlicher zu gestalten. In den nächsten Monaten könnten diese Ansätze gemeinsam mit Branchenvertreter:innen weiterentwickelt und auf Deutschland übertragen werden. Zu den zentralen Bausteinen gehören:
- Zwei-Seiten-Verträge (Contracts for Difference): Mehr Planungssicherheit, weniger Kosten
Ein zentrales Element könnten sogenannte zweiseitige Differenzverträge sein, sogenannte „two-sided Contracts for Difference“ oder CfDs. Dabei wird der Stromerzeuger für eine bestimmte Zeit über einen festen Preis abgesichert. Liegt der Marktpreis darunter, gleicht der Staat die Differenz aus. Liegt er darüber, zahlt der Betreiber den Überschuss zurück. Das würde für Investoren mehr finanzielle Sicherheit bedeuten – und das senkt wiederum die Kosten für alle. Im aktuellen System ohne solche Absicherungen sind die Risiken höher, was zu höheren Preisaufschlägen führt. CfDs könnten also helfen, die Gesamtkosten im Strommarkt zu senken und gleichzeitig wichtige energie- und industriepolitische Ziele abzusichern. - Ausschreibungsgrenzen für mehr Wettbewerb
Bei Ausschreibungen für neue Projekte soll die maximale Menge, auf die sich Anbieter:innen bewerben können, begrenzt werden. So wird verhindert, dass wenige große Unternehmen den Markt dominieren. Stattdessen bleibt der Wettbewerb lebendig und vielfältig, was langfristig auch die Preise senkt. Gleichzeitig macht sich der Staat nicht von einzelnen Großanbieter:innen abhängig. - Realistische Anforderungen für Bieter:innen
Auch bei den Teilnahmebedingungen für Ausschreibungen gibt es Verbesserungspotenzial. Klar definierte, aber machbare Mindestanforderungen – sogenannte Präqualifikationen – könnten helfen, unseriöse Angebote auszusortieren, ohne ernsthafte Akteur:innen auszuschließen. Ein Beispiel ist der „Net Zero Industry Act“, der auf EU-Ebene bereits erste Standards vorgibt. - Nachhaltigkeits- und Innovationskriterien als Maßstab
Schließlich könnten auch neue Kriterien in die Bewertung von Angeboten einfließen. Etwa der CO₂-Ausstoß beim Transport großer Anlagenteile oder der Innovationsgrad bei der Integration erneuerbarer Energien ins Stromnetz. Solche qualitativen Anforderungen würden nicht nur die Energiewende umweltfreundlicher machen, sondern auch technologischen Fortschritt fördern.
Hohe Auktionserlöse – aber zu welchem Preis?
Die Bundesregierung setzt bei der Vergabe von Offshore-Windflächen aktuell auf ein Gebotsverfahren, bei dem das höchste Gebot den Zuschlag erhält. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE) bewertet die hohen Einnahmen aus diesen Auktionen – allein 13,4 Milliarden Euro im Jahr 2023 – als positiven Beitrag zur Senkung der Netzumlage. Die Studie warnt jedoch vor negativen Begleiterscheinungen.
Laut den Ergebnissen könnten die hohen Gebote langfristig zu steigenden Strompreisen führen, da Betreiber:innen die Kosten über Strombezugsverträge (PPAs) an die Industrie weitergeben. Besonders betroffen wären energieintensive Unternehmen und Branchen wie die Deutsche Bahn oder die Chemieindustrie.
Netzumlage steigt trotz Auktionserlösen
Die Studie zeigt zudem den geringen Effekt, den Auktionserlöse voraussichtlich auf die Entwicklung der Offshore-Netzumlage haben werden. Selbst in den positivsten Szenarien läge der Effekt bei maximal 7,4 Prozent, ein begrenzter Nutzen im Verhältnis zu den potenziellen Nachteilen. Und dies nur, wenn die Projekte, für die geboten wurde, tatsächlich umgesetzt werden. Denn 90 Prozent der Gebotssummen werden erst nach Inbetriebnahme und über die Projektlaufzeit fällig. Entsprechend ist es für einen kosten- und planungsoptimierten Netzausbau wichtig, dass das Auktionsdesign und der regulatorische Rahmen für Offshore-Wind-Projekte zu einer möglichst hohen Umsetzungswahrscheinlichkeit führt.
Steigende Kosten und drohende Projektabbrüche
Das ist aktuell nicht der Fall. Denn ein weiteres Risiko liegt in der Finanzierung von Offshore-Windparks. Hohe Gebote setzen Betreiber:innen unter Druck, Kosten zu senken. Ein Hebel sind dann Einkaufskosten für Großkomponenten wie Turbinen oder Fundamente, die einen Großteil der Investitionssummen ausmachen. Dies könnte dazu führen, dass zunehmend chinesische Hersteller:innen den Zuschlag erhalten, die auch dank staatlicher Subventionen Preisvorteile bieten können. Dadurch könnte die europäische und heimische Zulieferkette weiter unter Druck geraten.
Gleichzeitig steige durch (geo- und sicherheits-) politische und andere Unwägbarkeiten das Risiko, dass sich geplante Projekte als unrentabel erweisen könnten. In einem solchen Fall könnten Betreiber:innen Projekte abbrechen, mit erheblichen Folgen für die Energiewende, so die Pressemitteilung der Stiftung.
Über die Studie
Die Analyse wurde von der Stiftung Offshore-Windenergie in Auftrag gegeben. Enervis Energy Partners hat sie durchgeführt. Die Studie wurde im Rahmen des F&E-Projektes „Grüner Wasserstoff aus Offshore Windenergie 2“ durch das niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz finanziert. Der Auftrag der Stiftung zur unabhängigen Studie spiegelt dabei auch die Aufforderung der Europäischen Kommission an die Mitgliedstaaten wieder (Wind Power Package, Oktober 2023), die Auswirkungen ungedeckelter Gebotskomponenten auf die Entwicklung der Offshore-Windenergie zu analysieren. Eine entsprechend dezidierte Analyse für Deutschland fehlte bisher.
Über die Stiftung Offshore-Windenergie
Die Stiftung Offshore-Windenergie wurde 2005 zur Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes durch eine verbesserte Erforschung und Entwicklung der Windenergie auf See gegründet.
Quelle: Stiftung Offshore-Windenergie | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH