Rolle rückwärts für Erneuerbare?

Portraitfoto der neuen Bundeswirtschaftsministerin Katherina ReicheFoto: BMWE / Chaperon
Die neue Bundesministerin für Wirtschaft und Energie, Katherina Reiche.
Die neue Wirtschafts- und Energieministe­rin Katherina Reiche (CDU) hat ihre These wiederholt, eine 100-prozentige Versorgung aus erneu­erbaren Energien sei nicht mög­lich. Mit Aussagen zum Heizungsgesetz begibt sie sich sogar europarechtlich auf dünnes Eis.

Die Ministerin sagte vorige Woche im Bundestag wörtlich: „Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist wichtig. Der Ausbau der erneuerbaren Energien ist ein Erfolg. Erneuerbare Energien allein können jedoch eine Industrienation wie Deutschland nicht zuverlässig und zu bezahlbaren Preisen mit Energie versorgen.“

Reiche will “Realitätscheck”

Bereits bei ihrem Amtsantritt vor zwei Wochen hatte Reiche mit letzterer Aussage für Aufsehen gesorgt. Denn eine Absage an 100 Prozent erneuerbare Energien in Verbindung mit dem von Reiche fast im gleichen Atemzug angekündigten „Realitätscheck“ für die Energiepolitik würde die deutschen Ausbauziele für erneuerbare Energien für nichtig erklären. Dies lässt in Verbindung mit dem Ziel der Klimaneutralität, zu dem sich Kanzler Friedrich Merz wenige Stunden vor Reiches Rede im Bundestag bekannt hatte, den Schluss zu, dass Reiche stark auf die CCS-Technologie setzt, für die im Koalitionsvertrag tatsächlich die Tür aufgestoßen wird.

Deutschland benötige neben den fluktuierenden erneuerbaren Energien auch „steuerbare Stromerzeugung im eigenen Land“, führte Reiche weiter aus und kam zu dem Schluss: „Der Koalitionsvertrag sieht hierzu vor, 20 Gigawatt Kraftwerke auszuschreiben. Diese Ausschreibung werden wir so schnell wie möglich starten.“

Nina Scheer: Flexibilität muss nicht fossil sein

Es war an Nina Scheer, Energieexpertin der SPD-Bundestagsfraktion, die Ministerin in der Parlamentsdebatte darauf hinzuweisen, dass im Koalitionsvertrag lediglich von „bis zu“ 20 Gigawatt an Gaskraftwerken die Rede sei. Und überhaupt stehe dies unter dem Vorbehalt, dass Gaskraftwerke wirklich die kosteneffizienteste Möglichkeit zur Bereitstellung von Flexibilität seien. Die Erneuerbaren bräuchten als Ergänzung Flexibilitäten, auch zuschaltbare Lasten, bestätigte Scheer: „Aber die müssen nicht fossil sein. Der Koalitionsvertrag bezieht sich auf Flexibilitäten, auf Speicher. All das wollen wir fördern. Darauf haben wir uns verständigt. Aber der Koalitionsvertrag sagt nicht, dass für diese Flexibilität fossile Energien notwendig sind.“ Vielmehr dürften diese Gaskraftwerke nur dort gebaut werden, wo es „kostenseitig zu rechtfertigen“ sei und wo es mit dem gesetzlich verankerten Vorrang der erneuerbaren Energien abgleichbar sei, betont Scheer.

Für den Wärmesektor versuchte Reiche den plakativen Satz des Koalitionsvertrags „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“ zu konkretisieren. Sie versprach, „Technologieverbote der letzten Novelle“ zurückzunehmen und: „Als erste Maßnahme werden wir das Betriebsverbot für Heizkessel abschaffen.“ Allerdings wurde das einzige Betriebsverbot im deutschen Recht, nämlich für 30 Jahre alte Heizkessel, bereits lange vor der Ampelregierung beschlossen. Und auch die EU-Gebäuderichtlinie steuert klar darauf hin, sich von Öl- und Gaskesseln in Gebäuden zu verabschieden.

Autor: Guido Bröer | © Solarthemen Media GmbH

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