Wärmepumpen in Wärmenetze integrieren

Die Integration von Wärmepumpen in bestehende Wärmenetze ist bisher aufwendig und teuer. Im Rahmen des Verbundvorhabens „Trafowärmenetz“ will nun ein interdisziplinäres Forschungsteam Lösungen und Strategien für die systematisierte und standardisierte Integration von Wärmepumpen in bestehende Nah- und Fernwärmenetze erarbeiten. Ihr Ziel: Ein digitales Planungstool, das vor allem kleineren und mittleren Energieversorgern und Netzbetreibern hilft, ihre fossil betriebene Wärmenetze einfach und schnell in wärmepumpenbasierte Wärmenetze umzuwandeln.
Nah- und Fernwärmenetze versorgen etwa sechs Millionen Haushalte in Deutschland mit Wärme. Mit rund 86 Prozent wird der Großteil davon mit Blockheizkraftwerken (BHKW) gewonnen. Diese arbeiten nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), bei dem man die durch die Stromerzeugung entstandene Abwärme für Heizzwecke nutzt. Der Knackpunkt dabei: Als Brennstoffe kommen vor allem fossile Energiequellen wie Erdgas, Heizöl oder Kohle zum Einsatz. Nachhaltige Alternativen wie Biogas oder Pflanzenöl werden zwar auch eingesetzt, sind jedoch nicht in ausreichenden Mengen verfügbar.
„Schätzungen nach können durch die nachhaltige Transformation der kleinen und mittleren Bestandsfernwärmenetze rund 200 Tausend Tonnen CO2 pro Jahr eingespart werden. Mit dem geplanten Ausbau der Wärmenetze und der vollständigen Dekarbonisierung der Wärmeversorgung steigt dieser Wert potenziell sogar auf jährlich bis zu 10 Millionen Tonnen CO2. Um dieses Potenzial zu heben, bieten sich Wärmepumpen oder hybride Systeme hervorragend an“, sagt Madjid Madjidi, Professor für integrale, EDV-gestützte Planung in der Gebäudetechnik an der Hochschule München.
Gemeinsam mit dem Fraunhofer ISE bringt die Hochschule eine wissenschaftliche Perspektive in das Forschungsvorhaben Trafowärmenetz ein. Als Praxispartner steuert das Beratungsunternehmen Drees & Sommer planerische und bautechnische Expertise aus zahlreichen Projekten bei, während die Stadtwerke am See GmbH Überlingen, die Stadtwerke Pfaffenhofen a. d. Ilm und die Danpower GmbH ihre Erfahrungen als Versorger und Energienetzbetreiber teilen und aktuelle Herausforderungen der Branche in das Projekt einbringen. Das Vorhaben wird im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom Projektträger Jülich (PtJ) betreut.
Viele Hürden bei Integration von Wärmepumpen in Wärmenetze
„Bisher ist eine Transformation bestehender Wärmenetze ziemlich aufwendig. Vor allem kleineren und mittleren Wärmeversorgern und Netzbetreibern fehlt es oft an technischem und planerischem Know-how, um ihre Wärmenetze zeit- und kosteneffizient umzurüsten. Hinzu kommen die bürokratischen Hürden. Eine nachhaltige Transformation dieser Wärmenetze kann daher nur durch Standardisierung und Systematisierung der Umstellprozesse gelingen“, sagt Mathias Lanezki, Projektverantwortlicher von Drees & Sommer. Als kleine und mittlere Bestandsfernwärmenetze definiert das Expertenteam dabei Wärmenetze, die im Leistungsbereich zwischen 300 kWhth bis 10 MWth liegen. Damit kann man Wohnquartiere und Stadtteile mit etwa hundert bis mehreren tausend Einwohnern versorgen.
Um den Planungs- und Umsetzungsprozess auf wärmepumpenbasierte Bestandsnetze zu standardisieren, entwickelt das Forschungsteam ein digitales Planungswerkzeug. Dieses soll mittels Simulationen aufzeigen, wie man verschiedenste Verbraucher eines Netzes mit Wärme versorgen kann und wie unterschiedlicher Wärmeerzeuger und ihre Kombinationen zusammenspielen. „Aktuell wissen viele Betreiber nicht, welche Potenziale ihre Bestandswärmenetze überhaupt haben oder wie sie diese technisch und energiewirtschaftlich sinnvoll umrüsten können. Oftmals fehlen ihnen dafür schlichtweg Daten und Vergleiche. Diese Lücke möchten wir mit unseren Forschungsergebnissen und dem digitalen Planungswerkzeug künftig schließen“, so Mathias Lanezki.
Software-Demonstrator liefert erste Erkenntnisse
Um die dafür notwendigen Grundlagen zu schaffen, bewertete das Expert:innenteam zunächst die Ausgangssituation und definierte die Anforderungen für die Integration von Wärmepumpen in die bestehende Wärmenetze. Wie sehen Transformationsstrategien und mögliche Lösungen für wärmepumpenbasierten Bestandsnetze aus? Wann kommen welche Hybridsysteme in Frage und wann ist ein monoenergetisches System sinnvoll? Inwieweit sind sie technisch umsetzbar und wie viel CO2 kann dadurch eingespart werden? Diese und weitere Fragen stehen dabei im Fokus der Untersuchung.
Das Projektteam hat bereits einen ersten Software-Demonstrator entwickelt, der in der Lage ist, den Wärmebedarf eines Gebäudes – und perspektivisch auch mehrerer Gebäude – präzise zu simulieren. Dabei hat die Validierung des Demonstrators gezeigt, dass die Simulationsergebnisse mit denen etablierter Tools wie IDA ICE vergleichbar sind – bei gleichzeitig deutlich geringerem Zeitaufwand. „Diese Ergebnisse bilden eine solide Grundlage, um Wärmepumpen effizient auszulegen und ihre Integration in bestehende Wärmenetze technisch und wirtschaftlich fundiert zu planen“, sagt Lorenz Lange, Planer bei Drees & Sommer und Entwickler des Software-Artefakts.
Nach dem Projektabschluss soll das digitale Planungstool den Wärmenetzbetreibern und Energieversorgern eine praktische Orientierungshilfe liefern und die Wärme- und Energiewende vorantreiben. Dabei läuft das Forschungsprojekt noch bis Ende 2026.
Quelle: Drees & Sommer | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH