Fraunhofer ISE: Forschungsplattform für Brennstoffzellen-Markthochlauf

Das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme (ISE) hat eine Forschungsplattform entwickelt, mit der sie das erwartete Produktionswachstum von Brennstoffzellen unterstützen will. Das teilte Europas größtes Solarforschungsinstitut mit. Hintergrund sei die Umstellung des Schwer- und Nutzfahrzeugsektors auf emissionsfreie Antriebe. Lkw-Hersteller investierten derzeit stark in Antriebe mit Brennstoffzellen. Gleichzeitig gewinnt die Elektrolyse als Baustein für eine emissionsarme Energiewirtschaft an Bedeutung.
Für den Markthochlauf beider Technologien sind neue Produktionsmethoden nötig. Denn die erwarteten Mengen seien so hoch, das heutige Herstellungsverfahren nicht ausreichten. So bewege sich das erwartete Produktionsvolumen für das elektrochemische Herzstück der Brennstoffzelle, die Membran-Elektroden-Einheit (MEA), für 20.000 LKW bei 1,2 Mio. m² aktiver MEA-Fläche jährlich (d.h. 30 m² Membran- und 60 m² Katalysatorschicht pro Fahrzeug). Das Fraunhofer ISE rechnet für den Elektrolysehochlauf pro Gigawatt mit dem Zubau 25.000 bis 35.000 m² katalysatorbeschichteter Membran.
Skalierungsfähige Produktionsmethoden
Es gehe darum, bestehende Anlagenkonzepte anzupassen und skalierungsfähige Produktionsmethoden zu entwicken. Das Fraunhofer ISE habe deshalb eine flexible Forschungsplattform für Produktionsforschung an Membran-Elektroden-Einheiten (MEAs) entwickelt. Diese soll Komponentenherstellern sowie Maschinen- und Anlagenbauern für Produktionsfragen in diesen Technologien zur Verfügung stehen. Im Mittelpunkt stehen innovative, kontinuierliche Prozesse, die hohe Durchsatzraten und Kostensenkungen ermöglichen.
Die Produktionsforschung am Fraunhofer ISE betrachte ferner die gesamte Wertschöpfungskette, vom Katalysatorpulver bis hin zu einer 7-Lagen-MEA, die aus einer zentralen Membran und je zwei Katalysatorschichten, Verstärkungsrahmen und Gasdiffusionslagen besteht. Untersucht werden die Einflüsse von Prozessdesign und -parametern, Materialien und Komponentenarchitektur auf Kosten, Qualität und Leistung der MEA. Dabei setzen die Forschenden des Fraunhofer ISE am ersten Prozessschritt an, indem sie verschiedene Mischverfahren zur Herstellung von Katalysatortinten, neue Materialien oder an die jeweilige Beschichtungsmethode angepasste Rezepturen untersuchen.
Einziges Forschungsinstitut mit industrieller Produktion
Für die weiteren Produktionsschritte von Membranbeschichtung und Trocknung der Katalysatorschicht, Applikation des Verstärkungsrahmens bis hin zur Vereinzelung der Gasdiffusionslage entwickelt das Projektteam neue hochratenfähige Produktionsverfahren und Anlagenkonzepte. Um die für den Markthochlauf notwendige Skalierung zu erreichen, setzt das Fraunhofer ISE auf kontinuierliche Rolle-zu Rolle-Prozesse. Ziel ist, eine Durchlaufgeschwindigkeit von 10 Metern pro Minute zu realisieren, ein Wert, mit dem die Industrie gut umgehen kann.
Die komplette Produktionskette wird in industrienahen Pilotanlagen im Wasserstoff-Technikum des Fraunhofer ISE erprobt. »Wir sind das weltweit einzige Forschungsinstitut, das Produktionsanlagen in industriellem Maßstab inklusive Mikrostrukturanalyse und Charakterisierung von MEAs im Teststand zur Verfügung hat, was einen schnellen Transfer aus dem Labor in die Fertigung erlaubt«, erklärt Ulf Groos, Abteilungsleiter Brennstoffzelle am Fraunhofer ISE.
Druckverfahren von Übermorgen
Ein zentraler Prozessschritt ist die Herstellung der Katalysatorschichten, die entweder auf eine Transferfolie oder direkt auf die Membran aufgedruckt werden. Neben dem bewährten Schlitzdüsenverfahren können die Forschenden des Fraunhofer dank austauschbarer Druckeinheiten auch Rotationsdruckverfahren oder indirekten Tiefdruck erproben. Insbesondere sollen zukünftig zu erwartende Anforderungen hinsichtlich strukturierter MEAs durch neuartige Produktionsprozesse ermöglicht und somit die Produktionstechnik von Übermorgen vorbereitet werden. Neben der Produktionsforschung für Brennstoffzellen-MEAs können die Pilotanlagen auch für die Elektrolyse-MEAs (Protonen-Austausch-Membran und Anionen-Austausch-Membran) zum Einsatz kommen.
In die Anlage integrierte Messtechnologien sorgen ferner für eine inline Qualitätskontrolle, zudem steht eine umfangreiche Analytik zur Verfügung. »Trotz des durchlaufenden Prozesses können wir Veränderungen im Produktionsprozess und deren Auswirkungen auf spätere Prozessschritte oder die Produktqualität nachvollziehen. Wir nutzen dafür ein Track & Trace-System, das regelmäßig Markierungen an den Produkten setzt«, erläutert Projektleiterin Linda Ney vom Fraunhofer ISE. Die auf der Pilotanlage prozessierten MEAs werden zudem in Brennstoffzellen unter variierenden Betriebsbedingungen auf ihre Performance hin getestet.
Quelle: Fraunhofer ISE | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH