1Komma5°: Wettbewerbsbeschwerde bei der EU gegen Gaskraftwerke

Die Botschaft von 1Komma5° an die EU-Kommission: Dezentrale Flexibilität sei kostengünstiger und klimafreundlicher als Gaskraftwerke. Deshalb sieht sich das Unternehmen, das auch Flexibilitäten in Form beispielsweise von Solarspeichern und Wärmepumpen anbietet, durch die zuvorderst von Wirtschaftsministerin Katherina Reiche vertretene Strategie im Wettbewerb benachteiligt.
Mit der Beschwerde pocht das von CEO Philipp Schröder vertretene und in Hamburg ansässige Unternehmen bei der EU-Kommission auf fairen Wettbewerb und Technologieoffenheit, um Versorgungssicherheit herzustellen. Die Einführung eines Kapazitätsmarktes würde hingegen dezentrale Erzeuger zusätzlich aus dem Markt verdrängen und virtuelle Kraftwerke schlechterstellen.
Im einzelnen argumentier 1Komma5°, die Pläne zum Ausbau von mindestens 20 GW an fossilen Gaskraftwerken bis 2030 seien wettbewerbsverzerrend und trieben die Kosten für die Energiewende unnötig in die Höhe. Die Beschwerde richtet sich gegen die geplanten Subventionen, die von der EU beihilferechtlich genehmigt werden müssten. Die Bundesregierung, insbesondere in Person von Bundeswirtschaftsministerin Reiche, hatte sich zuletzt wiederholt öffentlich zu ihren Plänen geäußert.
Subventionen für Gaskraftwerke nicht angemessen
Gaskraftwerke sollen, laut Plänen der Regierung, in zwei Stufen subventioniert werden: erst beim Bau über Ausschreibungen und schließlich im Betrieb über einen zentralen Kapazitätsmarkt, wenn sie als Reserve bereitstehen. Sie werden also auch dann entlohnt, wenn sie nicht eingesetzt werden. Die Bundesregierung begründet dies mit der Sorge um Versorgungssicherheit.
Neue Gaskraftwerke zu subventionieren wäre aber laut 1Komma5° beihilferechtlich nur dann zulässig, wenn keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen und die Maßnahmen technologieoffen, notwendig und angemessen sind, also keine besseren Instrumente ohne Subventionen bestehen. Das Unternehmen sieht diese Bedingungen des Beihilferahmens durch die Kraftwerkstrategie nicht erfüllt und hat dies der Kommission dargelegt. Mit der Beschwerde greift das Unternehmen offiziell in das laufende Beihilfeverfahren ein und positioniert sich juristisch als “Beteiligter”.
1Komma5°: Dezentrale virtuelle Kraftwerke für die Dunkelflaute
Philipp Schröder, CEO und Co-Founder von 1Komma5°, sagt: “Die geplanten Gaskraftwerke sollen dann anspringen, wenn Sonne und Wind nicht ausreichen. Genau das bilden auch gebündelte dezentrale Systeme in Form virtueller Kraftwerke ab. Bei Engpässen reduzieren sie den Stromverbrauch durch das gezielte und koordinierte Verschieben von Verbrauch und können gleichermaßen Strom aus privaten Batterien und E-Autos bereitstellen, wenn dieser wiederum gebraucht wird.”
1Komma5° sieht in den geplanten Beihilfen daher einen Eingriff, der die Wettbewerbsbedingungen im Energiemarkt verzerrt. Schröder weiter: „Es muss einen technologisch offenen Wettbewerb zwischen zentralen und dezentralen Kraftwerken geben, bei denen Erzeuger und Flexibilität grundsätzlich gleichbehandelt beziehungsweise gefördert werden. Das Ziel muss sein, durch mehr Wettbewerb die besten Lösungen für den günstigsten Strom und das sicherste Stromsystem zu gewährleisten.”
Versorgungssicherheit in der EU technologieoffen am Markt herstellen
Sowohl die Ausschreibungen als auch der diskutierte Kapazitätsmarkt würden kostengünstigere Alternativen systematisch benachteiligen und unverhältnismäßig diskriminieren. Demnach sollten Erzeuger künftig nicht nach tatsächlich produziertem Strom, sondern nach angeschlossener, bereitgestellter Kapazität vergütet werden. Dezentrale Erzeuger, die eine volatile Kapazität bereithalten, würden so weiter aus dem Markt gedrängt. In der Konsequenz würde der Strompreis über Umlagen auf Verbraucherinnen und Verbraucher weiter steigen, prognostiziert die Beschwerdeführerin.
1Komma5° fordert einen fairen Wettbewerb und Technologieoffenheit bei gleicher Behandlung aller Marktteilnehmer. Versorgungssicherheit könne etwa über Alternativen wie die Absicherungspflicht hergestellt werden. Darunter versteht das Unternehmen eine Pflicht für Akteure am Energiemarkt, für ihre Leistung eine bestimmte Verfügbarkeit garantieren zu müssen. Die Absicherungspflicht sei technologieoffen und eine verlässliche, marktwirtschaftliche Lösung zur dezentralen Sicherstellung der Versorgung, vom großen Gaskraftwerk bis zum heimischen Batteriespeicher. Dies lasse sich ohne Subventionen, Wettbewerbsverzerrung und zusätzliche Umlagen für Verbraucher bewerkstelligen. Eine beihilferechtliche Genehmigung durch die EU sei deshalb nicht nötig und die Einführung deshalb unmittelbar möglich.
Reiches Pläne bremsen Innovationen
Die Pläne der Bundesregierung gingen einseitig und unnötig zu Lasten virtueller Kraftwerke, argumentiert das beschwerdeführende Unternehmen. Sie riskierten zudem Arbeitsplätze und Innovationskraft zahlreicher Energiedienstleister, CleanTech-Unternehmen und Start-ups.
Schröder erklärt: “Die Kraftwerksstrategie darf nicht alte Strukturen einseitig zementieren, sondern muss die wirtschaftlichsten und klimafreundlichsten Lösungen berücksichtigen. Wenn der Markt fair ist, profitieren auch Verbraucher direkt durch einen sinkenden Strompreis. Die geplante Kombination aus Zuschüssen für neue Gaskraftwerke einerseits und Vergütungen im Kapazitätsmarkt andererseits ist ein aus unserer Sicht unzulässiger Eingriff, der Verbraucher mit deutlich höheren Kosten belastet. Zudem bedroht er Milliardenwerte und Investitionen von Europas führenden Energiedienstleistern und CleanTech-Unternehmen sowie Handwerk und Startups.”
255 Milliarden Euro Mehrwert durch dezentrale Flexibilität
Dezentrale Lösungen seien eine tragende Säule im heutigen und zukünftigen Stromsystem. Dies bestätigt eine kürzlich veröffentlichte Studie von Roland Berger im Auftrag der New Energy Alliance. Sie beziffert den gesamtwirtschaftlichen Mehrwert der dezentralen Lösungen bis 2045 auf rund 255 Milliarden Euro – ohne zusätzliche Subventionen.
Allein 1Komma5° aggregiere heute schon mehr als 600 Megawatt an Flexibilitätskapazitäten und zähle somit zu Europas größten virtuellen Kraftwerken für Privathaushalte. Bis 2030 will das Unternehmen insgesamt 20 GW an Leistung steuern und damit eine Leistung in Höhe der neu geplanten Gaskraftwerke bündeln.
Quelle: 1Komma5° | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH