Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz meldet Rekord an Netzanschlussverfahren

Eine Infografik zeigt die geplanten Netzanschlussverfahren von 50Hertz von 2025 bis 2029.Grafik: 50Hertz
50Hertz hat Netzanschlussprojekte für Windenergie, Solarparks und Großbatterien und Elektrolyseure mit insgesamt knapp 30 GW Leistung zugesagt. Weitere Anträge stehen wegen der Überbuchung der Kapazitäten in den Umspannwerken auf der Warteliste.

Der Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz will in den kommenden Jahren so viele Netzanschlussprojekte starten wie nie zuvor in seiner bisherigen Unternehmensgeschichte. Bis Ende 2029 sollen rund 75 Netzanschlüsse auf den Weg gebracht werden. Dabei geht es um eine Anschlussleistung für die Ein- und Ausspeisung von Strom in einer Höhe von knapp 30 Gigawatt (GW). Die Projektstarts umfassen Windenergie und Photovoltaik-Parks, Großbatteriespeicher, Rechenzentren und Elektrolyseure.

Es handelt es sich dabei um 32 Photovoltaik-Freiflächenanlagen mit 13 GW Anschlussleistung, 25 Großbatteriespeicher mit 11,3 GW Leistung, zehn Windparks an Land mit 2,2 GW und sieben Elektrolyseure mit 1,3 GW Leistung. Über diese Projekte hinaus befinden sich zum Ende des dritten Quartals 2025 rund 150 Anträge auf Anschluss von Großbatterien (63 GW) sowie weitere Projekte auf einer Warteliste. Für diese Anträge gibt es nach derzeitigem Stand keine Perspektive für einen Projektstart vor Ende 2029. Die Nachrücker sollen gemäß ihrer Position auf der Warteliste dann zum Zuge kommen, wenn einzelne jetzt gestartete Projekte aus unterschiedlichen Gründen nicht fortgesetzt werden. Einige Projekte sind bereits gestartet. In der vergangenen Woche hatte Eco Stor in Förderstedt in Sachsen-Anhalt den Spatenstich für das erste Großbatterieprojekt im Netzgebiet von 50Hertz vorgenommen.

„Sobald das Ausschreibungsdesign für neue Gaskraftwerke mit den notwendigen Standorten feststeht, müssen für diese Erzeugungsanlagen Netzanschlüsse bevorzugt bereitgestellt werden können“, sagt Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung von 50Hertz. „Sie dürfen nicht am Ende der Warteschlange stehen, dafür sind sie für Versorgungssicherheit und Systemstabilität und damit das Gelingen der Energiewende zu wichtig.“ Wind- und Solarkraftwerke seien heute das Rückgrat der Stromerzeugung, Batteriespeicher als weiterer Baustein sind unverzichtbar. „Um Versorgungssicherheit und Systemstabilität zu gewährleisten, gehören aber auch neue Gaskraftwerke in dieses Tableau“, so Kapferer.

50Hertz: Netzanschlussverfahren reformbedürftig

50Hertz muss je nach Anlagentyp unterschiedliche gesetzlich vorgeschriebene Netzanschlussregeln beachten, um Diskriminierungsfreiheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Grundsätzlich besteht laut Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) das Recht auf einen Netzanschluss. Für große Kraftwerke gilt die Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV). Die Anwendbarkeit auf große Batteriespeicher ist rechtlich nicht geklärt. Erneuerbare Energien wiederum genießen laut Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) grundsätzlich einen Anschlussvorrang und sind bevorzugt zu behandeln – das gilt wiederum nicht gegenüber Energiespeichern. Um eine diskriminierungsfreie und rechtssichere Vergabe der Netzanschlussleistung zu gewährleisten, wendet 50Hertz derzeit das Windhundverfahren an.

Aus Sicht von 50Hertz sowie der anderen drei deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜBN) sind die unterschiedlichen Netzanschlussregeln und das Windhundprinzip „First come, first served“ nicht mehr sachgerecht, um mit einer massiv überzeichneten Antragslage umzugehen. Wenn man Reservierungen oder Netzanschlusszusagen allein nach diesem Prinzip vergibt, drohe eine Blockade der Anschlusspunkte auf viele Jahre für andere Projekte, die für das elektrische Gesamtsystem oder die Volkswirtschaft wichtig sind. 50Hertz, Amprion, TenneT und TransnetBW weisen in einem gemeinsamen Positionspapier auf diese drohende Situation hin. Darin heißt es: „Ohne ein politisches Gegensteuern sorgt der aktuelle Regulierungsrahmen für Anschlüsse an das deutsche Übertragungsnetz dafür, dass in den nächsten zehn Jahren vielerorts weder neue Industriegebiete noch Rechenzentren oder Gaskraftwerke angeschlossen werden können.“

Reifegrad-basiertes Verfahren vorgeschlagen

Daher plädieren die ÜNB für ein Reifegrad-basiertes Verfahren für Lastkunden und Stromspeicher, bei dem man an festgelegten Stichtagen eine Analyse aller Netzanschlussanträge vor dem Hintergrund der netztechnischen Situation erfolgt und eine Priorisierung auf Basis nachgewiesener Projektreifegrade und der Netzverträglichkeit vornimmt. So könnte man Anträge für verschiedene Nutzungen ganzheitlich betrachten und Zusagen gesamtsystemisch optimieren. Entscheidendes Kriterium für einen Netzanschluss ist dann nicht mehr der Posteingangsstempel, sondern der nachgewiesene Projektreifegrad.

Das Positionspapier der ÜBN zum Reformbedarf bei Netzanschlussverfahren ist unter diesem Link zu finden. Auch ein Bündnis von 13 Wirtschaftsverbänden unter Federführung des Bundesverbandes Neue Energiewirtschaft (bne) fordert eine Reform der Netzanschlussverfahren.

Quelle: 50Hertz | solarserver.de © Solarthemen Media GmbH

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