Energieinfrastruktur Europa: Integrierte Netzplanung kann 560 Milliarden sparen
Illustration: gopixa / stock.adobe.comIntegrierte Energieinfrastruktur als Schlüssel zur Transformation
Die Energiewende verändert Stromerzeugung, Industrie und Verkehr tiefgreifend. Ein zentrales Ergebnis der Studie: Eine integrierte Energieinfrastrukturplanung ermöglicht zwischen 2030 und 2050 Einsparungen von über 560 Milliarden Euro. Werden auch vermiedene Reservekraftwerke berücksichtigt, steigt das Potenzial laut Fraunhofer IEG, Fraunhofer ISI und d-fine GmbH auf rund 750 Milliarden Euro.
Der Grund: Investitionen werden dorthin gelenkt, wo sie den größten Nutzen bringen. Gleichzeitig entfalten Netz- und Speichertechnologien ihre Wirkung im Zusammenspiel besser als in isolierten Betrachtungen.
Prof. Mario Ragwitz, Leiter des Fraunhofer IEG, sagt: „Wenn wir die Akteure in Gebäudewärme, Industrieprozesswärme und Verkehr erfolgreich mit elektrischer Energie und die Grundstoffindustrie mit stofflichen Energieträgern versorgen, hätten wir die Weichen gestellt, um unsere Wirtschaft und unser Energiesystem resilient, effizient und CO₂-frei aufzustellen.“
Weniger Reservekapazitäten, schnellerer Ausbau erneuerbarer Energien
Die Forschenden haben vier Szenarien untersucht. Verglichen wurde jeweils, wie stark die europäischen Staaten kooperieren und ob einzelne Energieträger getrennt oder integriert betrachtet werden.
Im integrierten Szenario sinkt der Bedarf an installierten Kapazitäten der Energieversorgung und von Sektorkopplungstechnologien deutlich:
- 505 Gigawatt weniger Reservekraftwerkskapazität
- 15 % weniger Onshore-Windenergieleistung
- 9 % weniger Elektrolyseleistung für Wasserstoff
Gleichzeitig beschleunigt sich der Ausbau erneuerbarer Energien in allen Szenarien. Fossile Energieträger werden schneller ersetzt, wenn Netze und Speicher abgestimmt geplant werden.
Die Analyse geht von konservativen Annahmen zur Energienachfrage aus, um robuste Aussagen zum Infrastrukturbedarf zu ermöglichen. Vorrangig ist dabei der Ausbau des europäischen Stromnetzes. Nur so lassen sich große Mengen erneuerbarer Energie europaweit transportieren und nutzen.
Elektrifizierung treibt den Bedarf an Energieinfrastruktur Europa
Im Fokus stehen Endverbrauchssektoren wie Verkehr, Gebäudewärme und industrielle Niedertemperatur-Prozesswärme. Sie sollen künftig verstärkt elektrifiziert werden. Das erhöht den Strombedarf – und damit die Anforderungen an Netze, Speicher und Flexibilitäten.
Parallel sinkt der Bedarf an fossilen Gasleitungen. Neue Leitungen für Wasserstoff sowie Infrastruktur für Kohlendioxid bleiben jedoch notwendig, etwa für die Grundstoffindustrie.
Frauke Thies, Co-Direktorin Europa bei Agora Energiewende, sagt: „Gut koordinierte Planung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Investitionen dort fließen, wo sie den Einsatz sauberer Technologien wie Solar- und Windenergie und Batterien am besten unterstützen. Und damit sichere und bezahlbare Energie liefern..“
Empfehlung: Europäische Planung enger verzahnen
Die Studie spricht sich dafür aus, europäische Governance-Strukturen an die Dynamik der Energiewende anzupassen. Ein offener, transparenter Modellierungsprozess auf EU-Ebene soll nationale Planungen ergänzen.
Ragwitz zufolge braucht es eine „integrierte, transparente Modellierung auf europäischer Ebene über Energieträger und Sektoren hinweg“. Die Studie empfiehlt zudem, die nationale Infrastrukturplanung stärker durch eine europaweite Top-down-Sicht zu ergänzen. So ließen sich Prioritäten klarer setzen und der Nutzen eines vernetzten Energiesystems besser heben.
Für die Wissenschaftler:innen ist klar: Eine abgestimmte Energieinfrastruktur Europa ist Voraussetzung für ein klimaneutrales Energiesystem bis 2050 – und spart zugleich hohe Kosten.
Weiterführende Links zu den Studien-Ergebnissen
Die ausführliche Energiesystemanalyse „Integrated Infrastructure Planning and 2050 Climate Neutrality“ von Fraunhofer IEG, Fraunhofer ISI und d-fine untersucht integrierte Infrastrukturplanung für ein klimaneutrales europäisches Energiesystem bis 2050.
Agora Energiewende und Partner:innen fassen die Ergebnisse im Impulspapier „Designing energy infrastructure for a climate-neutral Europe“ kompakt zusammen.
Quelle: Fraunhofer IEG | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH