FZ Jülich: Welche Potenziale die Agri-PV bietet
Foto: Forschungszentrum Jülich / Sascha KreklauDas Forschungszentrum Jülich ist zusammen mit einem internationalen Team der Frage nachgegangen, welche Potenziale die Agri-Photovoltaik bietet. Die Forschenden, zu denen das Jülicher Institut für Bio- und Geowissenschaften – Pflanzenforschung zählt, haben für einen Artikel in einer wissenschaftlichen Publikation den aktuellen Stand zusammengetragen. Demnach ist ein zentraler Vorteil die zusätzliche und stabilere Einkommensquelle: Ernte plus Strom. Der sogenannte Land Equivalent Ratio (LER) – also das Verhältnis aus Ernte- und Energieertrag im Vergleich zur getrennten Nutzung – falle in vielen Fällen positiv aus, weil Erträge aus Landwirtschaft und PV sich ergänzen. Einfacher gesagt: Liefert die gemeinsame Nutzung pro Fläche mehr als zwei getrennte Flächen für Ernte und PV, liegt der LER über 1 und die Agri-PV lohnt sich.
Hinzukommen agronomische Vorteile. Die teilweisen Schatteneffekte der Module können Pflanzen vor Hitze- und Trockenstress schützen und damit gerade in warmen Regionen die Widerstandskraft der Kulturen erhöhen. Gleichzeitig entsteht unter den Modulen ein leicht verändertes Mikroklima: Die Luft und der Boden bleiben etwas kühler und feuchter, sodass weniger Wasser verdunstet – ein Effekt, der die Bewässerung entlasten kann. Und nicht zuletzt gibt es Kulturen, wie zum Beispiel Himbeeren, die nachweislich von dieser moderaten Beschattung profitieren. Zusammen tragen diese Faktoren dazu bei, dass Agri-PV die landwirtschaftlichen Erträge unter sich wandelnden Klimabedingungen langfristig stabilisieren kann.
Aktuell komme die Agri-PV vor allem in Ländern mit hohen Strompreisen zum Einsatz. Interessanterweise seien das nicht immer die Regionen mit den besten solarenergetischen Bedingungen. Die im Paper vorgestellten Modelle zeigen beispielsweise, dass die Mittelmeerregionen durch eine Kombination aus hoher Sonneneinstrahlung und geeigneten Anbaubedingungen besonders gut für Agri-PV geeignet sind.
Agri-PV-Potenzial Deutschland 170 bis 340 GW
In Westeuropa dagegen sind die Bedingungen komplexer, weil viele Kulturen dort mehr Licht benötigen und die Sonneneinstrahlung insgesamt geringer ist. Umso wichtiger sei es, das jeweilige Anlagendesign an die lokalen Bedingungen anzupassen – etwa durch die richtige Höhe der Module, passende Reihenabstände oder die gezielte Auswahl von Kulturen, die mit teilweiser Beschattung gut zurechtkommen.
Aus Sicht des FZ Jülichs liege das Potenzial dort, wo Agri-PV ökologische Vorteile bringt und Erträge stabilisiert. Das treffe auf circa 1 bis 2 Prozent aller landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland zu, die für den Ausbau der Agri-PV real geeignet sind. Dies wäre dann eine installierte Agri-PV-Leistung von 170 bis 340 Gigawatt, die zum deutschen PV-Strom in 2040 beitragen kann.
Zu den zentralen Herausforderungen gehören laut den Forschenden vor allem die höheren Investitionskosten im Vergleich zu klassischen PV-Anlagen, fehlende einheitliche Standards sowie sehr unterschiedliche Regelungen und Akzeptanzbedingungen von Region zu Region. Um diese Hürden zu überwinden, bringe sich das Team aus Jülich auf mehreren Ebenen ein, so Onno Muller und Matthias Meier-Grüll vom FZ Jülich. “Zum einen zeigen wir in der Region ganz unterschiedliche Agri-PV-Set-ups, an denen wir gemeinsam mit Praxispartnern testen, wie sich Technik, Pflanzen und Bewirtschaftung unter realen Bedingungen verhalten. Zum anderen kombinieren wir Agri-PV in der Pflanzenphänotypisierung. Damit können wir sehr genau untersuchen, wie Pflanzen auf die veränderten Licht- und Mikroklimabedingungen reagieren”.
Die Weiterentwicklung der bisherigen DIN SPEC 91434 zu einer vollständigen Norm sei ein weiterer Baustein. Dabei handelt es sich um eine vorläufige Fassung einer DIN-Norm, die in einem bestimmten Zeitraum der Erprobung gilt. In Deutschland beschreibt diese Norm wie Agri-PV-Anlagen aufgebaut sein müssen und worauf Genehmigungsbehörden bei neuen Projekten achten müssen. Solche Standards sorgen für Planungssicherheit – für Landwirtinnen und Landwirte ebenso wie für Investoren und Behörden – und helfen dabei, Projekte schneller und verlässlicher umzusetzen.
Quelle: FZ Jülich | www.solarserver.de © Solarthemen Media GmbH