DBU-Umweltpreis 2008 für Ernst Ulrich von Weizsäcker und Holger Zinke

Der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU, Osnabrück) ist zum 16. Male vergeben. Den mit 500.000 Euro höchst dotierten Umweltpreis Europas teilen sich 2008 der Dekan der Donald Bren School für Umweltwissenschaft und -management der Universität Kalifornien (Santa Barbara), Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker (69), und der Gründer und Vorstandsvorsitzende des mittelständischen Biotech-Unternehmens […]

Der Deutsche Umweltpreis der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU, Osnabrück) ist zum 16. Male vergeben. Den mit 500.000 Euro höchst dotierten Umweltpreis Europas teilen sich 2008 der Dekan der Donald Bren School für Umweltwissenschaft und -management der Universität Kalifornien (Santa Barbara), Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker (69), und der Gründer und Vorstandsvorsitzende des mittelständischen Biotech-Unternehmens BRAIN AG (Zwingenberg), Dr. Holger Zinke (45). Anlässlich der Preisverleihung in der Stadthalle Rostock betonte Bundespräsident Horst Köhler am 23.10.2008 die Notwendigkeit einer neuen industriellen Revolution in der Energie- und Ressourcenproduktivität – weg von fossilen Brennstoffen, hin zu erneuerbaren Energien. Köhler: „Kleine Kurskorrekturen reichen nicht mehr. Wir brauchen eine umfassende Strategie für die Verwirklichung der wunderbaren, guten Idee der Nachhaltigkeit.“

Industrieländer müssen ökologischen Fußabdruck drastisch verkleinern – ohne Zeit zu verlieren
Köhler wies vor 1.100 Gästen darauf hin, dass die Herausforderungen, vor denen die Menschheit stünden, riesig seien. In 50 Jahren würden über neun Milliarden Menschen auf der Erde leben, die alle dem Modell nacheiferten, das die westlichen Industriestaaten in den vergangenen 150 Jahren entwickelt hätten. Köhler: „Ein Modell, von dem wir jedoch inzwischen wissen, dass es die Tragfähigkeit der Erde überfordert, wenn alle ihm folgen.“ Deshalb müsse ein Wohlstandsmodell entwickelt und vor allem vorgelebt werden, das weltweit tragbar und übertragbar sei. Die Industrieländer müssten ohne weiteren Zeitverlust ihren ökologischen Fußabdruck in der Welt drastisch verkleinern. Gleichzeitig brauchten die Entwicklungs- und Schwellenländer Technologien und Verfahren, die es ihnen erlaubten, besonders umweltschädliche Kapitel unseres eigenen Industrialisierungsprozesses zu vermeiden. „Von einem solchen zukunftsfähigen Modell ist die Welt und sind vor allem auch die westlichen Industriestaaten und auch wir in Deutschland noch weit entfernt“, so der Bundespräsident.

Revolution in Energie- und Ressourcenproduktivität nötig
Für ein zukunftsfähiges Wohlstandsmodell seien Erfindergeist und Ingenieurswissen wichtig. Deutschland als Technologie- und Marktführer in Sachen Energie- und Rohstoffproduktivität sei in der Lage, mithilfe moderner Technik etwa die Einsparmöglichkeiten im Strom- und Wärmeverbrauch zu erschließen. Köhler: „Wir haben die Kreativität und die technischen Möglichkeiten für eine Revolution in der Energie- und Ressourcenproduktivität. Das sollte uns Mut machen, sie dann auch konsequent zu nutzen.“ Es gehe nämlich darum, die größte unerschlossene Energiequelle – die Energieeinsparung – nutzbar zu machen. Köhler: „Die deutsche Wirtschaft hat allen Grund, in einer Effizienzrevolution für sich eine riesige Chance zu sehen.“

„Der einzig wahre Realist ist der Visionär“
Für die Idee der Nachhaltigkeit stünden auch die Träger des Deutschen Umweltpreises 2008, des „wichtigsten Umweltpreises in Europa“, wie Köhler eine überregionale deutsche Tageszeitung zitierte. Sie gäben in Theorie und Praxis Antworten auf die Frage, wie man angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung kommenden Generationen ihre natürlichen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensgrundlagen sichern helfe. Von Weizsäcker und Zinke zeigten, dass die Vision, Energieverbrauch und Ressourcennutzung deutlich zu verringern, keine Utopie bleiben müsse. Köhler: „Der einzig wahre Realist ist der Visionär.“

Subventionierter Wohlstand durch Ausbeutung der Natur
Prof. Dr. Klaus Töpfer – Mitglied der Jury, selbst Umweltpreisträger und ehemaliger Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen – betonte in seiner per Videobotschaft eingespielten Laudatio, von Weizsäcker habe wohl als Erster darauf aufmerksam gemacht, wie sehr wir unseren Wohlstand subventionierten, indem wir die Natur verbrauchten und ausbeuteten. Er habe sich nicht gescheut, politische Verantwortung zu übernehmen und an den wichtigsten Stellen in der Welt für einen wirkungsvolleren Umgang mit unseren natürlichen Rohstoffen zu kämpfen.

Schrittmacher für die Entwicklung der Branche der weißen Biotechnologie
Zu Zinke führte ebenfalls in einer Videobotschaft Dr. Wolfgang Plischke – Mitglied der Jury und Vorstand der Bayer AG – aus, er habe wesentliche Impulse für die weiße Biotechnologie am Standort Deutschland gegeben. Mithilfe des „Werkzeugkasten der Natur“ habe er völlig neue biologische Wirkstoffe identifiziert, mit denen sich herkömmliche chemische Industrieprozesse durch umweltfreundlichere biologische Verfahren ersetzen ließen. Das spare Energie und Materialien, schone fossile Ressourcen und mache uns zukünftig unabhängiger von Rohstoffen, die nur begrenzt zur Verfügung stünden. Zinke und seinem Team sei es gelungen, ein deutsches mittelständisches Unternehmen zum Schrittmacher für die Entwicklung einer gesamten Branche zu machen.

Ökologische Steuerreform: „die menschenfreundlichste, sozial- und wirtschaftsverträglichste Form einer Steuerung“
Von Weizsäcker betonte im Gespräch mit Moderator Stefan Schulze-Hausmann, dass er sich von allen beruflichen Stationen am Wuppertal-Institut wohl am Wohlsten gefühlt habe und dort mit seinen 150 Mitarbeiten Vieles gestaltet habe. Mit Blick auf die Gegenwart unterstrich er die Bedeutung einer ökologischen Steuerreform, welche die menschenfreundlichste, sozial- und wirtschaftsverträglichste sowie effektivste Form einer Steuerung sei. Diese Gedanken müssten auch in die asiatischen Wachstumsräume transportiert werden, weil „dort die Musik spielt“. Und natürlich müssten auch Fragen der Energie- und Ressourcenproduktivität mit Nachdruck verfolgt werden.

27.10.2008 | Quelle: DBU | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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