Photovoltaik-Nachführung in bestehenden und neuen Märkten: Alexander Lenfers, Leiter des Geschäftsbereichs Solar der KEMPER GmbH, über Solar-Tracker, effektive Flächennutzung und Marktpotenziale
Neue Märkte für Solar-Tracker in Griechenland, Israel und Indien
Alexander Lenfers, Leiter des Geschäftsbereichs Solar der KEMPER GmbH (rechts), im Gespräch mit Solarserver-Chefredakteur Rolf Hug.Solarserver: Herr Lenfers, Ihr Unternehmen ist 2009 in den Photovoltaik-Markt eingestiegen. Können Sie uns die Gründe nennen?
Alexander Lenfers: KEMPER ist seit 1977 im Anlagenbau und in der Automationstechnologie für die Metall verarbeitende Industrie tätig. Wir produzieren z.B. Absaugsysteme für Schweißprozesse oder große Stahl-Tischkonstruktionen, auf denen Bleche maschinell verarbeitet werden. Das sind alles Komplementärprodukte. Wir haben eigene Fertigungskapazitäten, seit 15 Jahren auch in der Tschechischen Republik, die es auszulasten gilt. Unsere Geschäftsführung hat deshalb schon 2008 gesehen, dass unsere Kernkompetenzen und Ressourcen ausgezeichnet zum Photovoltaik-Markt mit seinen enormen Wachstumspotenzialen passen, und seither beschäftigen wir uns mit Solar-Trackern. Bereits 2009 konnten wir mit dem Solarpark Weiterstadt ein erstes Referenzprojekt verwirklichen, das unser Konzept der Doppelnutzung von Flächen anschaulich macht.
Solarserver: Kürzlich haben Sie einen bedeutenden Erfolg hinsichtlich der Internationalisierung gemeldet, und wollen nun mit einem Partner in den griechischen Markt einsteigen. Ist das nicht schwierig angesichts der bürokratischen Hürden?
Alexander Lenfers: Das hängt immer vom Projekt ab, in Griechenland arbeiten wir mit mehreren Partnern und einer Händlerstruktur, die mit Deutschland vergleichbar ist. Wir haben eben erst ein Projekt abgeschlossen, mehrere sind noch in der Pipeline. Die Genehmigungsphase in Griechenland ist wirklich kompliziert. Fünf bis sechs Monate sind durchaus üblich. Aber oft sind Genehmigungsverfahren bereits auf dem Weg, und wir können in vorentwickelte Projekte einsteigen. Wenn man, wie wir, über eine geprüfte Statik verfügt, reicht in Griechenland eine einfache Baugenehmigung, was das Verfahren deutlich beschleunigt.
Solarserver: In welcher Größenordnung bewegen sich Ihre griechischen Projekte?
Alexander Lenfers: In Griechenland sind es meist 20 oder 100 kW, was perfekt zu unserem modularen und flexiblen System passt.
Solarserver: Stichwort Flexibilität. Die Weiterentwicklung der KemTRACK-Serie ermöglicht die Bestückung der Tracker mit Modulen sowohl längs als auch quer. Welche Vorteile hat das?
Alexander Lenfers: Diese Flexibilisierung sorgt für mehr Auswahl hinsichtlich der Verschaltungskonzepte, sowie der Zahl und Baugröße von Modulen. Tendenziell wird die Modulfläche eher breiter als höher. Die geringere Höhe bringt eine deutlich reduzierte Verschattung mit sich, so dass die nachgeführten Anlagen raumeffizienter betrieben werden können. Das spielt eine wesentliche Rolle, wenn wir z.B. von 70 auf 90 Quadratmeter gehen. In Kombination mit unserer intelligenten Vernetzung der einzelnen Tracker, dem sogenannten Backtracking, wird eine weitgehende Verschattungsfreiheit gewährleistet.
Solarserver: Wie funktioniert die Fernüberwachung?
Alexander Lenfers: Unsere astronomische Steuerung basiert auf Hardware von Siemens, mit der wir seit Jahren auch in anderen Geschäftsbereichen arbeiten. Die Software wird von unseren Programmierern stetig weiterentwickelt. Mit Hilfe unserer internetbasierten Lösung können die Nachführsysteme vom Betreiber weltweit vom PC oder mit mobilen Endgeräten überwacht und gesteuert werden. Das vereinfacht sowohl das Management von einzelnen Trackern, als auch von Solarparks erheblich.
Solarserver: Von Griechenland haben wir bereits gesprochen. Welche Zielmärkte sehen Sie vor dem Hintergrund der sich aktuell rapide wandelnden Rahmenbedingungen?
Alexander Lenfers: Sehr starke Nachfrage verzeichnen wir in Israel, wo unsere Systeme ihre Stärken voll ausspielen können, da die Sonneneinstrahlung enorm ist und Flächen relativ teuer sind. Da gilt es, auf einem vorgegebenen Areal möglichst viel Energie zu erzeugen, was mit Nachführsystemen immer besser gelöst wird. Übrigens unabhängig vom Modulpreis, denn der wesentliche Kostenfaktor sind neben der Konstruktion, die sich aufgrund der Effizienzsteigerung allemal rechnet, die knappen und teuren Flächen. Wir haben in Israel einen sehr agilen Partner gefunden und werden in Kürze die ersten Systeme in diesem neuen und hochinteressanten Markt installieren.
Solarserver: Welche außereuropäischen Märkte zeichnen sich außerdem ab?
Alexander Lenfers: Indien. Für uns steht dieser Schritt in den nächsten 12 Monaten an, da wir dort auf die Vertriebsstruktur einer bestehenden Niederlassung zurückgreifen können, und im Rahmen der so genannten nationalen Solar-Mission der Inder riesige Marktpotenziale ausgeschöpft werden können.
Solarserver: Mit ihren Nachführsystemen im Regenrückhaltebecken haben Sie gemeinsam mit der Kommune Weiterstadt eine innovative Lösung zur Doppelnutzung von Flächen entwickelt. Vor dem Hintergrund der Diskussion über Freiflächenanlagen ein völlig neuer Ansatz. Gibt es hier weitere Pläne? Alexander Lenfers:
Das Interesse an Nachführsystemen in Regenrückhaltebecken, aber auch auf anderen Brachflächen wie Randstreifen, Industrie-Arealen oder Sportplätzen ist unverändert hoch. Schaut man allein auf die 24.000 Rückhaltebecken in Deutschland, erkennt man jedoch noch ein ungenutztes Potential.Doch Voraussetzung ist ein entsprechender Bebauungsplan, und der bürokratische Aufwand ist noch immer recht hoch und daher oft unrealistisch, gerade wenn man mit kleineren zu erschließenden Flächen konfrontiert wird. Auch hier müsste die Energiewende konsequent vollzogen werden.
Solarserver: Eine abschließende Frage. Wie sehen Sie den deutschen Markt im internationalen Kontext, nach Fukushima und dem inzwischen beschlossenen Atomausstieg?
Alexander Lenfers: Die veränderten politischen Vorgaben und die neue Bewertung der Energieversorgung eröffnen Chancen für alle erneuerbaren Energien. Vor allem aber werden wegen der hohen Produktionskapazitäten und voller Lager die Systempreise weiter sinken – was wiederum die Kosten von Solarstrom deutlich senkt. Im Freiland sind wir vielleicht schon im nächsten Jahr bei 17 oder 18 Cent. Das sind 5 Cent weniger als der Endkundenpreis. Da wird Solarstrom noch interessanter – unabhängig von der Förderung.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass in ein paar Jahren auch private Haushalte – mit weniger günstigen Dächern – einen Tracker in den Garten stellen und sich komplett selbst versorgen. Dafür reicht ein Nachführsystem mit rund 20 Quadratmetern, das rund 5.000 kWh liefern kann. Die Energie-Autarkie ist in absehbarer Zeit möglich.
Solarserver: Herzlichen Dank für dieses Gespräch, Herr Lenfers.