Kontrovers diskutierte Datenmeldungen zum Photovoltaik-Zubau: Schlamperei oder Systemfehler?

Von Björn-Lars Kuhn, Proteus Solutions GbR Derzeit wird in den Medien erneut über die Zuverlässigkeit der Daten zur installierten Photovoltaik-Leistung diskutiert, die der Bundesnetzagentur gemeldet wurden. Kapazitäten und Strommengen aus verschiedensten Datenquelle werden verglichen, der Datenbestand der Bundesnetzagentur (BNetzA) wird angezweifelt, vor allem vor dem Hintergrund der oft sehr späten Veröffentlichung. Zunehmend wird auch von […]

Von Björn-Lars Kuhn, Proteus Solutions GbR
Derzeit wird in den Medien erneut über die Zuverlässigkeit der Daten zur installierten Photovoltaik-Leistung diskutiert, die der Bundesnetzagentur gemeldet wurden. Kapazitäten und Strommengen aus verschiedensten Datenquelle werden verglichen, der Datenbestand der Bundesnetzagentur (BNetzA) wird angezweifelt, vor allem vor dem Hintergrund der oft sehr späten Veröffentlichung.
Zunehmend wird auch von Manipulationsmöglichleiten geredet. Was ist dran an dieser Diskussion?

Erfassung der Daten durch die Netzagentur
Betreiber einer Photovoltaik-Anlage sind verpflichtet, diese der Bundesnetzagentur zu melden, sofern die Anlage in den Geltungsbereich des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) fällt. Die Meldung kann sowohl über das Online-System der BNetzA erfolgen als auch auf dem schriftlichen Weg als Brief oder Fax. Meldungen auf Papier werden per Hand in den Datenpool eingetragen, was erfahrungsgemäß eine hohe Fehlerquote mit sich bringt. Die Tendenz gehe ganz klar zur Online-Eingabe, erklärte ein Mitarbeiter der BNetzA auf Anfrage. Angaben zur prozentualen Verteilung wurden allerdings nicht gemacht.
Anlagenmeldungen können relativ einfach über das Online-System eingegeben werden. Ob diese stimmen, wird nur im Einzelfall bei Auffälligkeiten geprüft. Das zuständige Referat in Kassel hält die Sicherheit für durchaus ausreichend.
Die Registrierung im System erfolgt im ersten Schritt über die Eingabe einer E-Mail-Adresse nebst Passwort und der nachfolgenden Bestätigung per Mail, ähnlich wie bei einer Newsletter-Anmeldung. Nach erneutem Login können nach belieben Anlagen eingegeben werden. Eine weitere Manipulationssicherheit ergibt sich nach Angaben der Netzagentur durch die schriftliche Bestätigung per Post, etliche Tage nach der Online-Eingabe. Käme ein Brief als unzustellbar zurück, würde die entsprechende Meldung wieder gelöscht. Das klingt alles sehr nach "old school"; doch so richtig sicher scheint es nicht.
Das zuständige Referat 605 in Bonn erklärte auf Anfrage, dass derzeit kein Update des Meldesystems geplant sei. Auf die Frage, wer für Softwareupdates verantwortlich sei, erklärte eine Mitarbeiterin, das dies ein "Verfahren der Bundesnetzagentur" sei. Detailliertere Aussagen konnten nicht gemacht werden.
Trotz verschiedener Möglichkeiten der Manipulation stellt sich die Frage, wem diese nützen würde.

Vergleich mit der Datenbasis der Übertragungsnetzbetreiber
Die Bundesnetzagentur ist allerdings nicht die einzige Stelle, die solche Daten erfasst und veröffentlicht. Auch die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) sind in Zusammenarbeit mit den Energieversorgern in der gesetzlichen Pflicht, die Zubauzahlen zeitnah zu publizieren. Derzeit liegen, nicht unbedingt "zeitnah", Daten bis einschließlich 2010 vor.
 Der Vergleich der Zahlen der BNetzA mit jenen der ÜNB ergibt ein sehr kurioses Bild. Bei der Agentur sind für 2009 insgesamt 159.820 Meldungen eingegangen; 2010 waren es 249.733. Dagegen stehen die Daten der ÜNB mit 182.323 Anlagen für 2009 und 244.860 für das Jahr 2010.
Bei der BNetzA könnten es mehr Meldungen sein, weil die Zahl der Datenmeldungen angegeben wird, nicht die der Anlagen. Das erklärt jedoch nicht, warum es 2009 über 22.000 Anlagen mehr gegeben haben soll, als gemeldet wurden. 2010 wechselt das Vorzeichen: es gab knapp 5.000 Anlagenmeldungen mehr.
Werden die Daten beider Quellen für Einzelmonate gruppiert (bezogen auf die Leistung), ergibt sich ein ebenso chaotisches Bild. Hier schwanken die Leistungs-Differenzen zwischen 5 MW und 592 MW!
Fazit:
Derzeit lassen sich die Unterschiede kaum sinnvoll erklären. Sie zeigen jedoch, dass für  alle Beteiligten dringenden Handlungsbedarf besteht, um dieses Problem zu lösen und vor allem die entsprechenden Diskussionen zu vermeiden. Optimal wäre eine gemeinsame oder eine verknüpfte Datenbasis. Allein damit könnte Manipulationen weitestgehend vorgebeugt werden, wenn der Meldende den Anlagenschlüssel eingeben müsste (eine 33-stellige eindeutige Nummer), die auch einer Prüfung Stand hält. Damit hätte die deutsche Solarwirtschaft, ebenso wie Politik und Energieversorger, eine verlässliche Grundlage für Planung und (politische) Aussagen zur Hand, die von allen anerkannt werden könnte.
Genauere Aussagen sind derzeit nicht zu treffen. Möglicherweise bringen die Daten für 2011 – von der Netzagentur bereits veröffentlicht – neue Erkenntnisse, wenn die ÜNB ihre zahlen voraussichtlich Mitte Mai zur Verfügung stellen.

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