Solar-Verein fesa kritisiert Kapitalanlagegesetz-Entwurf des Finanzministeriums: Bundesregierung will Bürgerbeteiligung an der Energiewende stoppen

Ein neuer Gesetzentwurf des Bundesfinanzministeriums soll ab dem Sommer die Investition in Bürgerenergieanlagen deutlich erschweren, warnt der fesa e.V. (Freiburg).

Am 21.02.2013 sei im Bundestag in erster Lesung die Novelle des Kapitalanlagegesetzes vorgestellt worden, mit der die Finanzierung von Bürgerenergieanlagen (u.a. Photovoltaik und Windkraft) praktisch unterbunden würde. Jetzt seien drei Monate Zeit, die Bürgerbeteiligung zu retten.

Hindernisse für die Bürgerbeteiligung vor Ort

Bürgerenergieanlagen würden durch die Neufassung des Kapitalanlagegesetzes im aktuellen Entwurf erheblich verteuert und erschwert. Den bewährten Formen der Bürgerbeteiligung vor Ort in Genossenschaften, GbRs und GmbH & Co. KGs würden unnötig Steine in den Weg gelegt.
Der fesa e.V. setzt sich für eine Nachbesserung des Gesetzesentwurfes ein: „Die Beteiligung der Menschen vor Ort ist entscheidend für den Erfolg der Energiewende“, so fesa-Geschäftsführer Nico Storz. „Der Gesetzesentwurf des Finanzministers ist gerade für die wichtigen regionalen Projekte existenzbedrohend.“

Bürgerenergieprojekte stellen bislang eine relativ sichere Anlageform dar, da die Menschen in ihre regionale Energieversorgung investieren können und die Einnahmen durch das Erneuerbare-Energien-gesetz (EEG) gesichert sind, betont fesa.

Bürger investieren überwiegend langfristig und regional
Die Investitionen für solche Energieprojekte würden überwiegend langfristig und regional durch engagierte Bürgerinnen und Bürger eingeworben. Die geplanten Neuregelungen des Kapitalanlagegesetzes enthielten erheblich umfangreichere Zulassungsvoraussetzungen und erforderten einen stark erhöhten Verwaltungsaufwand. Dies verteuere und kompliziere die Projekte. „Für viele bedeutet es schlichtweg das Aus“, so der Verein.

Anforderungen an Bürgerprojektgesellschaften und Genossenschaftsmodelle würden so teuer aufwändig wie für internationale Emissionshäuser und Banken
"Bei Inkrafttreten des Gesetzentwurfs würden an regionale Bürgerprojektgesellschaften und Genossenschaftsmodelle dieselben kostenintensiven und aufwändigen Zulassungsanforderungen gestellt wie an international agierende Emissionshäuser und Kreditinstitute“, so fesa-Mitglied Lars Ritterhoff, ein Rechtsanwalt der auf die Beratung dezentraler Energieerzeugungsprojekte spezialisierten Kanzlei Flaig Ritterhoff in Freiburg.
"Damit wird der Gesetzesentwurf bürgerschaftliches Engagement für Energieprojekte unmöglich machen.“

Rechtsanwalt Ritterhoff: Schäuble schießt weit übers Ziel hinaus
Zu Grunde liegt der Novelle die EU-Richtlinie 2011/61/EU, die bis Juni 2013 umgesetzt werden muss. Ziel der Richtlinie ist es, sämtliche Finanzmarktakteure einer Aufsicht zu unterwerfen und den Anlegerschutz zu stärken.
Lars Ritterhoff: „Mit dem Gesetzentwurf schießt der Finanzminister Schäuble weit übers Ziel hinaus. Denn die vorgelegten und umstrittenen Inhalte zur Umsetzung der Richtlinie sind europarechtlich nicht einmal zwingend notwendig."
Arnulf Allert, fesa-Mitglied und freier Berater für nachhaltige Geldanlagen, ergänzt: „Mit Anlegerschutz hat die Novelle nichts zu tun – der Anleger wird bevormundet und dezentrale Projekte werden verhindert. Den Nutzen haben die großen Anbieter.“

Problem „Ein-Objekt-Fonds“: Bürgerenergieanlagen bestehen meist nur aus einem Windrad oder einem Solardach
Zentraler Stein des Anstoßes ist der so genannte Ein-Objekt-Fonds, den das Finanzministerium verbieten will. Gerade diese Fonds seien jedoch die klassischen Anlageobjekte von Bürgerenergieanlagen, die eben nur ein Windrad oder ein Solardach bauen, betont fesa.

Beschränkung der Fremdfinanzierung geplant
Eine Risikostreuung sei hier weder möglich noch notwendig, die Bürgerenergieprojekte seien nachweislich wenig riskante Finanzanlageprodukte. Ein weiterer Knackpunkt sei die Beschränkung der Fremdfinanzierung auf 40 Prozent. Die Einbindung von KfW-Fördermitteln sei so nicht mehr möglich. Auf diese Weise seien Bürgerenergieprojekte in den meisten Fällen nicht mehr finanzierbar.
Schlicht unmöglich werde es jedoch für regionale Projekte, die hohen Anforderungen an Berichts- und Beweispflichten, Kapitalanforderungen oder Risikocontrolling zu erfüllen, wenn sie international agierenden Investmentgesellschaften gleichgestellt würden.

fesa e.V. fordert die Bundesregierung auf, den Entwurf dringend nachzubessern
Nico Storz: „Vor eineinhalb Jahren erklärte die Bundesregierung lautstark die Energiewende. Es ist keine zwölf Monate her, dass Bundeskanzlerin Merkel die Bedeutung der Energiegenossenschaften für die Energiewende hervorhob. Nur wenige Monate später legt ihr Finanzminister einen Gesetzesentwurf vor, der bürgerschaftliches Engagement für Erneuerbare Energien im Keim erstickt. Die Halbwertszeit der politischen Aussagen dieser Regierung zur Energiewende wäre ein Traum für jeglichen Atommüll.“

Vorlage für Schreiben an Abgeordnete im Internet zugänglich
Fesa ruft die Bürger auf, ihre Abgeordneten über die bevorstehende Gesetzesnovelle zu informieren und Druck auszuüben, dasmit die notwendigen Änderungen rechtzeitig eingearbeitet werden können. Einen Vordruck, der als Vorlage für die Anschreiben genutzt werden kann, stellt fesa zur Verfügung unter www.fesa.de

26.02.2013 | Quelle: fesa e.V. | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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