TÜV Rheinland untersucht Photovoltaik-Montagesysteme: 9 von 10 Herstellern mussten nachbessern

Der unabhängige Prüfdienstleister TÜV Rheinland (Köln) hat einen detaillierten Kriterienkatalog für die Zertifizierung von Photovoltaik-Montagesystemen entwickelt.

Die bisherigen Prüfprojekte – rund 30 im Jahr 2012 – hätten gezeigt, dass großer Bedarf zur Qualifizierung besteht: 90 Prozent der Hersteller mussten ihre Montagesysteme vor einer Zertifizierung im Bereich der Statik nachbessern, so TÜV Rheinland. Grund hierfür seien zum großen Teil fehlerhafte Lastannahmen.
Als Prüfgrundlage dienen nationale und internationale Standards, der Stand der Technik sowie die Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft in Deutschland. TÜV Rheinland stellt das Qualifizierungssystem auf der diesjährigen Fachmesse Intersolar Europe vor. Die entsprechende Prüfvorschrift 2PfG 1794_10.10 definiert Anforderungen an Aufdach-, Indach-, Flachdach-, Freiland- und Nachführsysteme. Die Zertifizierung dauert rund acht bis zehn Wochen.

Einheitliche Standards für Photovoltaik-Montagesysteme fehlen
Eine grundlegende Prüfung der Statik durch einen Prüfstatiker sei ein fundamentales Element der Projekte. „Es gibt keinen einheitlichen nationalen oder internationalen Standard für Photovoltaik-Montagesysteme“, erklärt Konstantin Strohkendl, Projektingenieur bei TÜV Rheinland.
„Ziel unseres Prüfprogramms ist es, die technische Sicherheit der Solaranlagen auch bei den Montagesystemen zu gewährleisten. Dazu gehört, dass das System zuverlässig arbeitet, sicher montiert und gewartet werden kann.“
Neben der Bauartprüfung des Systems sei jedoch die Installation durch Fachkräfte wichtige Voraussetzung für die Standsicherheit der Anlage.

Prüfer von TÜV Rheinland minimieren Risiken
Stürme oder andere Wetterextreme wie Schneemassen hätten in der Vergangenheit gezeigt, dass viele der am Markt befindlichen Montagesysteme nicht an die standortrelevanten Belastungen angepasst sind. Zu Schäden an der Solarstromanlage könnten zudem Leitungen führen, die über scharfe Kanten verlegt wurden oder die Korrosion der Bauteile. Risiken durch diese und weitere Fehlerquellen minimieren die Prüfer von TÜV Rheinland mit ihrem Qualifizierungsprogramm.
Der Kriterienkatalog für die Qualifizierung wurde von einem Kompetenzteam aus Baustatikern, Photovoltaik-Experten und Elektrotechnikern entwickelt, damit sämtliche baurechtlichen und technischen Details berücksichtigt sind. Strohkendl: „Unsere Qualifizierung und die Audits nutzen viele Hersteller, um ihre Montagesysteme weiter zu optimieren. Genau dazu wollen wir beitragen.“
Prüfkategorien sind insbesondere die Handhabbarkeit und Benutzerfreundlichkeit des Systems, die Eigenschaften der verwendeten Materialien und des Systems unter anderem im Hinblick auf Korrosion, Brandverhalten und Wasserdichtigkeit, die statischen Berechnungen und technischen Dokumentationen, Kabelführungen sowie Blitzschutz.
TÜV Rheinland überprüft, ob die Anforderungen der Eurocodes und IEC-, EN- sowie DIN-Vorgaben erfüllt sind. Speziell bei aerodynamischen Flachdachsystemen kommen Nachweise der Kippsicherheit, Rutschfestigkeit sowie Versuche im Windkanal für die Ermittlung der aerodynamischen Beiwerte hinzu. Ergänzend wird bei einem Herstelleraudit der gesamte Prozess von der Kundenanfrage bis zur Baustelle untersucht. Dies beinhaltet auch die Kontrolle eines Probeaufbaus des Montagesystems.

Ergänzenden Korrosionsprüfungen
In großen Prüfkammern können optional die gesamten Systeme oder einzelne Komponenten zusätzlich auf die Beständigkeit gegen korrosive Atmosphären geprüft werden, beispielsweise bei feuchter und salzhaltiger Luft oder in ammoniakbelasteter Atmosphäre. Diese ergänzenden Prüfungen sind sinnvoll: Bei Anlagenbegehungen von TÜV Rheinland hat sich gezeigt, dass Kontaktkorrosion durch die Verbindung unterschiedlicher Metalle trotz Korrosionsschutz ein unterschätztes Phänomen ist.
Seit 2013 besitzt TÜV Rheinland zudem die Bestätigung der Kompetenz zur Prüfung von Montagesystemen nach dem nordamerikanischen Standard UL 2703 durch die Deutsche Akkreditierungsstelle. In der UL 2703 sind neben den mechanischen Kriterien die systemrelevanten Bedingungen aus dem amerikanischen nationalen Sicherheitsstandard für Elektroinstallationen (NEC) berücksichtigt.
Für den britischen Markt hat TÜV Rheinland seine Kooperation mit der Zertifizierstelle BRE Ltd. ausgeweitet und bietet nun auch bei Montagesystemen die Zertifizierung nach dem Microgeneration Certification Scheme (MCS). Bereits seit 2011 zertifiziert der Prüfdienstleister Photovoltaik-Module nach dem MCS. Für Hersteller heiß das: TÜV Rheinland kann nun für die wichtigen Märkte Zertifizierungen von Photovoltaik-Montagesystemen aus einer Hand vornehmen.  

TÜV Rheinland auf der Intersolar Europe 2013: Halle A2 Stand 430

18.06.2013 | Quelle: TÜV Rheinland | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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