Jahresrückblick 2013: Photovoltaik-Markt verschiebt sich nach Osten; Ausblick 2014: Weltweite PV-Märkte werden deutlich wachsen
von Christian Roselund
Nach dem krisengeschüttelten 2012 war 2013 wieder ein besseres Jahr für die weltweite Solar-Industrie. 2012 begann mit einem Solar-Handelsstreit auf drei Kontinenten, die Preise entlang der gesamten Photovoltaik-Wertschöpfungskette brachen ein, und immer mehr Unternehmen mussten Insolvenz anmelden.
2013 änderte sich alles: Der Handelsstreit zwischen der EU und China wurde beigelegt, und selbst wenn die Situation nicht für alle Beteiligten zufriedenstellend ist, kehrte zumindest wieder ein gewisses Maß an Stabilität und Berechenbarkeit in der Solar-Industrie ein.
Inzwischen steht die globale Solarindustrie ganz anders da als Anfang 2013. Und sie hat sich auch räumlich verschoben: nach Asien. Herausragend war 2013 die Verlagerung der Nachfrage aufgrund blühender Märkte in Asien. Fast über Nacht, während die europäischen Märkte stagnierten, wurden China und Japan zu den zwei weltgrößten Photovoltaik-Märkten, und dies hat die Branche verändert.
China geht in Führung
Der chinesische Photovoltaik-Markt wuchs sehr rasch, weil die Zentralregierung die nationalen Ziele enorm erhöht hat. China ist dafür bekannt, dass es sich ehrgeizige Solar-Ziele steckt und diese dann auch erreicht. Als Folge des weltweiten Handelskriegs und einer schrumpfenden Auslandsnachfrage konzentriert sich das Land nun darauf, seinen eigenen Markt anzukurbeln.
Das Ergebnis ist, dass China sein Marktvolumen von unter 4 Gigawatt im Jahr 2012 auf über 8 GW im Jahr 2013 gesteigert hat. Das Land überholte damit die USA und löste Deutschland als globalen Marktführer ab.
China führte 2011 die für das Land sehr wichtige Solarstrom-Einspeisevergütung ein. Die Vergütungssätze sind im internationalen Vergleich zwar niedrig, aber die Kosten in China sind es auch. Die Vergütung ist jedoch nicht die einzige treibende Kraft, und die chinesische Regierung fördert nicht nur die Photovoltaik-Produktion; Es scheint weitere Möglichkeiten zu geben, den Zubau anzutreiben, unter anderem über Kredite staatlicher Banken und günstige Grundstücke.
Es ist schwierig, korrekte Statistiken aus China zu bekommen. Auf jeden Fall wurden 2013 viele Photovoltaik-Kraftwerke fertig gestellt, vorwiegend in Nordwestchina. Dazu zählt ein Großkraftwerk mit 320 MW in der Provinz Qinghai, das neben ein bestehendes Wasserkraftwerk gebaut und im Dezember 2013 fertig wurde.
Rasches Wachstum in Japan
Auch Japan hat seinen Photovoltaik-Markt fast verdoppelt. Er erreichte 2013 ein Volumen von rund 7 GW. Der Mechanismus ist einfach: Nach der Fukushima-Katastrophe führte das Land eine der weltweit höchsten Photovoltaik-Einspeisevergütungen ein. Als die Nachfrage erst einmal begonnen hatte, war sie fast nicht mehr zu stoppen: In dem Land mit einer Fläche von nur 378.000 Quadratkilometern wurden 2013 im Durchschnitt fast 20 MW pro Tag installiert.Es wurden nicht nur sehr viel mehr private Solarstromanlagen gebaut, sondern auch gewerbliche Anlagen und große PV-Kraftwerke. Der Absatz im gewerblichen Sektor wuchs gegenüber dem Vorjahr auf das Siebenfache, bei den PV-Kraftwerken stieg er im dritten Quartal auf das Zehnfache.
Während der japanische Markt bisher von heimischen Anbietern beherrscht wurde, öffnete ihn dieses Wachstum auch für ausländische Hersteller. Im zweiten und dritten Quartal 2013 deckten Photovoltaik-Importe mehr als die Hälfte der japanischen Nachfrage.
Europäische Photovoltaik-Märkte im Wandel
Während die Photovoltaik-Märkte Asiens immer weiter wuchsen, schrumpfte die Bedeutung der europäischen Märkte im weltweiten Vergleich. Der Entschluss der deutschen Regierungskoalition aus CDU und FDP, den nationalen Photovoltaik-Markt über Kürzungen der Solarstrom-Einspeisevergütung zu begrenzen, hat seinen Zweck erstaunlich präzise erfüllt: Der ehemalige Bundesumweltminister Altmaier strebte ein jährliches Marktvolumen von 3 – 3,5 GW an, und Deutschland kommt voraussichtlich auf einen Wert knapp unter 3,5 GW.
Italien näherte sich inzwischen seiner Vergütungs-Obergrenze von 6,7 Milliarden Euro, schränkte den Zugriff auf diese Förderung zunächst ein und beendete das Programm schließlich im Sommer 2013. Eigenverbrauch und Net Metering (Verrechnung von Stromerzeugung und -bezug) konnten diese Lücke bisher noch nicht schließen, und die letzten PV-Kraftwerke, die noch eine Einspeisevergütung erhalten, sind bereits in Betrieb. Daher ist der italienische Photovoltaik-Markt zuletzt stark geschrumpft.
Seit Jahren schon verlagert sich der Schwerpunkt des europäischen Photovoltaik-Marktes ständig von einem Land zum anderen, je nach dem, wie hoch die Einspeisevergütungen sind. Spanien, Tschechien und Italien hatten ihren Höhepunkt von 2008 bis 2011, Deutschland war immer die Hauptstütze. Mit dem Wegfall der italienischen Vergütung und der Beschränkung des deutschen Marktes wird der europäische PV-Markt nicht mehr nur von ein oder zwei Ländern angeführt. Weder Frankreich noch Großbritannien streben mit ihrer Politik einen großen Photovoltaik-Markt an, das zeigen die Gesetze dieser Länder.
2012 haben Photovoltaik-Anlagen in Europa mehr als 70 Terawattstunden Solarstrom produziert. Der Kontinent ist nach wie vor ein Schwerpunkt der Solar-Industrie mit einem Zubau von über 10 GW im Jahr 2013. Seitdem ist der europäische Markt breiter gestreut. Auch die Qualität des Marktes ändert sich: Eigenverbrauch und Energiespeicher werden immer wichtiger.
Positive und negative Entwicklungen in anderen PV-Märkten
Der US-Markt wächst weiter, vor allem weil die Auftragslage für Großkraftwerke sehr gut ist. Dazu gehören einige sehr große Projekte im Rahmen des Loan-Guarantee-Programms des US-Energieministeriums (DOE), mit dem Präsident Barack Obama die Konjunktur ankurbeln wollte. Ende 2013 gingen davon bereits Anlagen mit 500 MW in Betrieb.
Auch andere Länder, darunter viele arme, gewinnen einen immer größeren Marktanteil. Das ist jedoch von Land zu Land sehr unterschiedlich. Anfang 2013 waren die Erwartungen an Indien und Chile sehr hoch, doch beide Länder enttäuschten sie.
In Indien geschah zwischen der Fertigstellung der Kraftwerke aus Phase eins der National Solar Mission und dem Start bundesstaatlicher Photovoltaik-Projekte fast nichts. Im gesamten Jahr wurden nur Anlagen mit 1 GW Nennleistung installiert, etwa so viel wie im Vorjahr. In Chile genehmigte die Regierung Vorhaben mit über 5 GW, zum Jahresende waren jedoch erst 128 MW im Bau und Anlagen mit weniger als 7 MW fertig.Von allen neuen Märkten beeindruckte Südafrika jedoch am meisten. Solarmodule mit mehreren Hundert Megawatt Nennleistung und entsprechend viele Wechselrichter wurden an das Land geliefert.
Der Bau bereits genehmigter Kraftwerke begann, und gleichzeitig gab es weitere Ausschreibungen für Erneuerbare-Energien-Projekte. 2013 nahm Südafrika außerdem das größte PV-Kraftwerk der Südhalbkugel in Betrieb: Kalkbult mit 75 MW von Scatec Solar.
Insolvenzen und Preiserholung in der Photovoltaik-Industrie
Die Stabilisierung der Photovoltaik-Preise ab der Jahresmitte war eine große Erleichterung für viele Akteure der Branche. Die Folgen von zwei Jahren Überproduktion und Preiseinbrüchen waren auch 2013 noch sichtbar: Viele der verbleibenden europäischen Photovoltaik-Hersteller wurden insolvent, und Bosch stieg wie Siemens aus der Branche aus.
2012 wurde die Photovoltaik-Produktion aufgrund zahlreicher Insolvenzen geschwächt. 2013 zählte Mercom Capital 28 weitere Insolvenzen, darunter 18 Hersteller. Und Ende 2013 mussten auch einige europäische Projektentwickler wie Gehrlicher Solar und SAG Solarstrom aufgrund der Schwierigkeiten in europäischen PV-Märkten Insolvenz beantragen.
Am tiefsten war der Absturz jedoch für Suntech, den vormals weltgrößten Solarmodul-Hersteller. Nach dem Skandal um den Global Solar Fund Ende 2012 zerfiel das Unternehmen Anfang 2013 in seine Einzelteile. Schließlich wurde der Produktionskern im Tochterunternehmen Wuxi Suntech vom Solarzellen-Hersteller Shunfeng aufgekauft.Suntech war bereits am Ende, als die Preise sich wieder erholten und einige Wettbewerber Ende 2013 zurück in die Gewinnzone brachten. Von den zehn größten Solarmodul-Herstellern meldeten nur zwei (Yingli und ReneSola) negative Umsatzrenditen im dritten Quartal 2013. Yingli ist mit minus 1,8 % bald wieder im Plus, und die Margen von ReneSola waren deshalb so niedrig, weil das Unternehmen eine Polysilizium-Fabrik schloss.
Auch die Preise für Polysilizium und Wafer zogen im zweiten Halbjahr wieder an. Nach Berichten von EnergyTrend lagen die Poysilizium-Preise Ende 2013 wieder bei 18 US-Dollar (13 Euro) pro Kilogramm. Selbst die Anbieter von Photovoltaik-Produktionsanlagen und Zubehör sahen nach einem lang anhaltenden Tief erste Zeichen einer Erholung. Im Dezember 2013 gingen wieder wesentlich mehr Aufträge ein.
Polysilizium- und Wechselrichter-Geschäft verlagert sich nach Asien
Während sich die Photovoltaik-Modulproduktion schon länger in Asien konzentriert, wurden Polysilizium, Wechselrichter und Produktionsanlagen noch bis vor Kurzem vorwiegend in den USA und Europa hergestellt.
Doch im Zuge der Marktverschiebung in Richtung Osten ändert sich auch das. Einige chinesische Polysilizium-Hersteller haben ihre Produktionsanlagen aufgerüstet, um ultra-reines Polysilizium herzustellen. Auch die Wechselrichter-Produktion verlagert sich immer mehr in den Osten. SMA und Power-One sind zwar immer noch die führenden Weltmarken, die nächsten drei umsatzstärksten Hersteller stammen jedoch aus Japan und China: Omron, Tabuchi und Sungrow.
Die führenden Wechselrichter-Hersteller spüren die Veränderung: SMA verlor Anteile am Weltmarkt und Umsätze, musste Mitarbeiter entlassen und neue Produktlinien einführen, unter anderem für den japanischen Markt.
Solarstrom-Speicher werden wichtiger
Neben der Marktverschiebung nach Asien kennzeichnet 2013 auch der wachsende Energiespeicher-Markt für Photovoltaik-Anlagen und zum Ausgleich der Netzintegration von Solar- und Windstrom. Auch diese Entwicklung wird von Förderprogrammen angetrieben. Deutschland hat im Mai 2013 eine Stromspeicher-Förderung eingeführt, und im Oktober 2013 genehmigte die kalifornische Regulierungsbehörde einen Plan, laut dem die großen Stromerzeuger des US-Bundesstaates Energiespeicher mit 1,325 GW bereitstellen müssen, entweder am Stromnetz oder dezentral.Außerdem haben einige Länder, darunter Italien und Japan, sehr große Speicherprojekte für erneuerbare Energien angekündigt. Dies ist Thema der Solarserver-Veröffentlichung Energy Transition 2.0: PV and Energy Storage vom November 2013.
Solarthermische Kraftwerke erleben 2013 ein Comeback
In früheren Berichten ging der SolarServer von einem rascheren Wachstum des Konzentrator-Photovoltaikmarktes (CPV) aus. Die in Südkalifornien angekündigten Großprojekte lassen jedoch immer noch auf sich warten. Für solarthermische Kraftwerke (CSP) hingegen war 2013 ein gutes Jahr.
2013 wurden auf drei Kontinenten bahnbrechende CSP-Kraftwerke gebaut oder in Betrieb genommen. Dazu zählen das erste große frei stehende solarthermische Kraftwerk im Mittleren Osten, Shams 1 in Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) mit einer Nennleistung von 100 MW. Zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme war es das weltgrößte CSP-Kraftwerk.
Kurz darauf, im September 2013, nahm Abengoa Solana mit 280 MW Nennleistung in Arizona in Betrieb. Das Solarthermie-Kraftwerk hat einen thermischen Energiespeicher für sechs Stunden. Nicht weit davon entfernt, in Kalifornien, nahm Ivanpah von BrightSource mit 370 MW den Testbetrieb auf.Außerdem werden in Südafrika derzeit drei große CSP-Kraftwerke gebaut. Es sind die ersten solarthermischen Anlagen im Kraftwerksmaßstab in Subsahara-Afrika.
Die Technologie hat es immer noch schwer, bei den Kosten mit der Photovoltaik mitzuhalten. Doch je mehr Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien, deren Stromproduktion schwankt, an das Netz angeschlossen werden, desto wichtiger werden CSP-Kraftwerke mit einem kostengünstigen integrierten Speicher. In Kalifornien können derartige Kraftwerke bereits den abendlichen Strombedarf decken, wenn PV-Anlagen keinen Strom mehr erzeugen. Es bleibt abzuwarten, wie Politiker dies bewerten.
2014: Photovoltaik-Märkte wachsen auf der ganzen Welt
Die Aussichten für die globale PV-Industrie sind vielversprechend, da die Photovoltaik-Märkte auf der ganzen Welt wachsen. In China und den USA stabilisieren sie sich, da es in China stabile Förderprogramme gibt und in den USA die Auftragsbücher voll sind. Die Kosten sinken und die Preise festigen sich, daher kehrt die Industrie 2014 weiter zurück zur Rentabilität.
Wer hat nun Recht? Die ersten Ergebnisse sind gemischt: Meyer Burger beispielsweise meldete zum Jahresende 2013 wieder mehr Bestellungen, einige große Photovoltaik-Hersteller berichten, dass sie bestehende Maschinen stärker auslasten oder von Dritten produzieren lassen.
Außerdem sind die Aussichten für Japan 2014 nicht gewiss. Aufgrund der komplizierten Struktur der regionalen Stromversorger und mangelnder Koordination ist nicht klar, wie lange das Land noch die Menge an PV-Kraftwerken in das Stromnetz integrieren kann, ohne die Struktur zu überarbeiten.Gerade als der weltweite Handelsstreit beigelegt schien, leitete SolarWorld am letzten Tag des Jahres noch eine Photovoltaik-Handelsuntersuchung ein, dieses Mal nicht nur gegen China, sondern auch gegen Taiwan, einem wichtigen Solarzellen-Exporteur.
Das könnte Unternehmen aus beiden Ländern in Bedrängnis bringen. In den kommenden Jahren sollten einzelne Märkte jedoch an Bedeutung verlieren, der Photovoltaik-Markt verteilt sich immer breiter über den ganzen Globus. Neben Märkten in Europa, Nordamerika, China und Japan werden auch Saudi-Arabien, Thailand, Mexiko, Brasilien und viele andere Länder wichtig sein.
Auf der ganzen Welt wird die Industrie weiter wachsen, da Photovoltaik wirtschaftlich immer attraktiver wird. Die Preisrückgänge in den vergangenen Jahren haben dafür gesorgt, dass Solarstrom in immer mehr Regionen und Marktsegmenten inzwischen günstiger ist als Netzstrom. Das bereitet den Weg für ein Wachstum der Branche auch ohne Förderung, sei es nun durch Großprojekte wie in Lateinamerika oder durch den Eigenverbrauch in Deutschland, Italien und vielen anderen Photovoltaik-Märkten.