Photovoltaik-Forschung: Mikrotrichter aus Silizium erhöhen die Effizienz von Dünnschicht-Solarzellen

Eine Biostruktur im Säugetierauge hat ein Team um Silke Christiansen von der Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH inspiriert, ein anorganisches Pendant für den Einsatz in Solarzellen zu entwerfen. Mit Hilfe etablierter halbleitertechnologischer Verfahren ätzten sie dicht an dicht mikrometerfeine, vertikale Trichter in ein Siliziumsubstrat.

Mit Modellrechnungen und im Experiment testeten sie, wie solche Trichterfelder das einfallende Licht sammeln und in die aktive Schicht einer Siliziumsolarzelle leiten. Durch diese Trichteranordnung steige die Lichtabsorption in einer damit versehenen Dünnschicht-Siliziumsolarzelle um 65 %, was sich in deutlich verbesserten Solarzellparametern u.a. einem erhöhten Wirkungsgrad widerspiegelt.

Trichter absorbieren deutlich mehr Licht als andere optische Architekturen
Mitten im Gelben Fleck der Netzhaut sitzt die Fovea Centralis, die Sehgrube, in der die trichterartigen, schlanken Farb-Sehzapfen ganz besonders dicht gepackt sind. Weil sie überdies eins zu eins mit Nervenzellen verschaltet sind, sieht ein Mensch in diesem kleinen Bereich ein maximal scharfes Bild.
Diese dichtgepackte Zapfen-Struktur hat nun das Team um Prof. Dr. Silke Christiansen dazu angeregt, eine ähnliche Struktur in Silizium nachzubilden und ihre Eignung als lichtsammelnde und -leitende Oberfläche für Solarzellen zu untersuchen. Christiansen leitet das Institut für Nanoarchitekturen für die Energiewandlung am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und eine Arbeitsgruppe am Max-Planck Institut für die Physik des Lichts (MPL).
„Wir haben in dieser Arbeit gezeigt, dass die Lichttrichter deutlich mehr Licht absorbieren als andere optische Architekturen, die in letzter Zeit getestet wurden“, sagt Sebastian Schmitt, einer der beiden Erstautoren der Veröffentlichung, die im renommierten Journal Nature Scientific Reports erschienen ist.

Kleine Änderung, große Wirkung
Wie groß die Auswirkung dieser Architektur war, überraschte die Forscherinnen und Forscher allerdings: So war aus früheren Untersuchungen bekannt, dass auch eine Architektur aus sehr dünnen Säulen (ein „Teppich aus Silizium-Nanosäulen“) Licht gut absorbiert. Doch schon geringe Abweichungen von der Säulenform hin zum Trichter verstärkten die Absorption. Im Vergleich mit den Nanosäulen-Teppichen, die seit längerem untersucht werden, schneiden die Trichterfelder nochmals deutlich besser ab.
Dabei erfordert die Herstellung der Lichttrichter keinen besonderen Aufwand und ist mit herkömmlichen halbleitertechnologischen Verfahren wie z.B. dem reaktiven Ionenätzen oder nasschemischen Ätzprozessen machbar. Verglichen mit einem Silizium-Film gleicher Dicke steigert eine Schicht aus Lichttrichtern die Absorption von Sonnenlicht um 65 %.
„Durch unsere Modellierungen können wir auch eine Erklärung liefern, warum die Felder aus Lichttrichtern erheblich besser Licht einfangen als Teppiche aus Nanosäulen (siehe diese Publikation). Optische Moden in Nanosäulen ‚stören‘ sich gegenseitig, ein Feld von eng stehenden Nanosäulen nimmt dadurch also weniger effizient Licht auf, als dieselbe Zahl einzelner Nanosäulen es könnte. Bei den Lichttrichtern tritt das Gegenteil ein: Dicht benachbarte Lichttrichter verstärken ihre Absorption gegenseitig“, erklärt Schmitt.

Lichttrichter sollen in robuste Zellkonzepte eingebaut werden
„Mit diesem interessanten ersten Ergebnis planen wir in verschiedenste Richtungen vorzudringen“, sagt Silke Christiansen. Sie und ihr Team arbeiten weiter an der Verbesserung von Dünnschichtsolarzellen auf Siliziumbasis und wollen die Trichter nun in robuste Zellkonzepte einbauen, die sich auch großflächig und kostengünstig realisieren lassen.
Dabei können sie auf die Kompetenzen am  PVCOMB des HZB zugreifen, wo die Abteilung um Prof. Rutger Schlatmann sich auf Hoch-Skalierung von Labormustern spezialisiert hat und Machbarkeitsstudien für großflächige Solarzellen schnell und effizient umsetzen kann.
„In dieser Kooperation werden wir hoffentlich zeitnah mit einer 30 cm x 30 cm Trichtersolarzelle wieder von uns hören lassen. Sebastian Schmitt arbeitet aber auch an der Nutzung der Trichter für weitere photonische Anwendungen in LEDs und sensorischen Bauelementen. Erste Vorversuche sind so vielversprechend, dass wir zuversichtlich sind, dass diese Anwendungen kein Traum bleiben müssen“, so Silke Christiansen.

26.02.2015 | Quelle: HZB | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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