Fraunhofer IWES: Klimaschutzziele sind nur mit Wärme durch Strom aus Photovoltaik und Windenergie zu erreichen

Über 50 Prozent des Endenergieverbrauchs in Deutschland entfallen auf den Wärmesektor, und dennoch liegt dort die Nutzung erneuerbarer Energiequellen weit unter den Wachstumszahlen im Stromsektor.

Eine „Wärmewende“ sei zur Erreichung der Klimaschutzziele jedoch zwingend notwendig, berichtet das Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES, Kassel). Wie stark schon jetzt Photovoltaik und Windenergie den Wärmemarkt beeinflussen, zeigten die Entwicklungen in der Fernwärme, bei denen vermehrt Power-to-Heat eingesetzt wird.
„Langfristig ist der Einsatz eines hohen Anteils von regenerativ erzeugtem Strom im Wärmemarkt unabdingbar, um die Klimaziele zu erreichen. Dieser Entwicklung steht jedoch die ungleiche Kostenbelastung von Strom und fossilen Brennstoffen zur Wärmeerzeugung im Wege“, fasst Norman Gerhardt die Ergebnisse des vom BMWi geförderten Forschungsprojekts „Interaktion EE-Strom, Wärme und Verkehr“ zusammen.

Forschungsprojekt „Interaktion EE-Strom, Wärme und Verkehr“
Darin wurde untersucht, welche Schlüsseltechnologien für den Wärmesektor die volkswirtschaftlich effizienteste Lösung zur Reduzierung der CO2-Emissionen sind, welchen Einfluss die energetische Sanierung des Gebäudebestands auf den Ausbau des regenerativen Kraftwerkparks hat und in welchen der Sektoren Strom, Wärme oder Verkehr die begrenzt verfügbare Biomasse eingesetzt werden sollte.
Ferner ging es um die wirtschaftlichen und regulatorischen Hemmnisse, die diesen Schlüsseltechnologien für eine erfolgreiche Energiewende im Wärmesektor entgegen stehen. Die Ergebnisse der „Roadmap Wärme“ wurden am 04.05.2015 im Fraunhofer-Forum in Berlin präsentiert.
„Mit zunehmendem Ausbau der Solar- und Windenergie wird Strom als Hauptenergieträger im Wärmesektor umso bedeutender, weil dadurch im Stromnetz nicht nutzbare Erzeugungsspitzen in gut speicherbare Wärme gewandelt werden kann. Und ohne sehr hohe Anteile von effizienten Wärmepumpen können die langfristigen Klimaziele nicht erreicht werden. Power-to-Heat ist die Zukunft im Wärmemarkt“, so Gerhardt.

Kernaussagen der „Roadmap Wärme“
Die Kernaussagen zur Interaktion zwischen den Energiesektoren Strom und Wärme lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  1. Schlüsseltechnologie für Power-to-Heat ist die dezentrale und zentrale Wärmepumpe, deren Anteil kontinuierlich gesteigert werden muss.
  2. Bivalente Power-to-Heat-Systeme stellen kurz- und mittelfristig Flexibilität für das Stromversorgungssystem bereit.
  3. Feste Biomasse sollte langfristig in dezentralen Feuerungsanlagen in Bestandsgebäuden und Siedlungen mit geringer Wärmedichte sowie in der Industrie mit hohen Prozesstemperaturen eingesetzt werden.
  4. Der Anteil der Fern- und Nahwärme im Bereich Haushalte und Gewerbe muss von derzeit rund 12 % langfristig auf einen Anteil von etwa 25 % am Wärmemarkt gesteigert werden.
  5. Die Struktur der Fernwärme muss sich grundlegend ändern. Zwingend notwendig ist die Reduzierung der Fernwärmetemperaturen für Solarthermie und für Groß-Wärmepumpen.
  6. Groß-KWK-Anlagen spielen besonders in der Fernwärme und Industrie zwischen 100 und 500°C die bedeutendste Rolle. Dezentrale Klein-KWK als kostengünstiger Motor mit einer hohen Leistungsauslegung in Kombination mit PtH und Wärmespeicher stellen dagegen ein wichtiges Potenzial für den Gewerbebereich dar.
  7. Stationäre Brennstoffzellen zur gekoppelten Strom- und Wärmeproduktion können sich nach bisherigen Analysen dagegen kaum etablieren.
  8. Zur Erreichung der sektorübergreifenden Klimaziele der Energiewende spielt Effizienz im Wärmesektor eine zentrale Rolle.
  9. Um den Zubau im Stromsektor jedoch so gering wie möglich zu halten, hat die Effizienz bei der Umwandlung hohen Stellenwert. Sole-Wärmepumpen setzen sich am stärksten durch.
  10. Eine Flexibilisierung im Wärmemarkt durch Wärmespeicher, Kompressionskälteanlagen, Wärmepumpen und KWK-Anlagen ist notwendig.
  11. Grundsätzlich stellt die hohe Preisdifferenz zwischen Gas und Strom das größte Hemmnis für die Ziele der Energiewende im Wärmemarkt dar.
  12. In einem kostenoptimalen Klimaschutzszenario ergeben sich hohe CO2-Vermeidungskosten. Diese sollten zumindest anteilig in Form einer CO2-Steuer/CO2-Abgabe bzw. CO2-bezogenen Energiebesteuerung für fossile Energieträger im Markt bepreist werden.

Als weiterer Schritt sollte der konsequente Einsatz von regenerativen Energieträgern (ohne Biomasse) im Neubausektor in Betracht gezogen werden.

05.05.2015 | Quelle: Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH

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