Alte Kohle- zu neuen Wärmespeicherkraftwerken
Im Gegensatz zu Kohlekraftwerken, die weltweit zu den größten Emittenten von Kohlenstoffdioxid zählen, entstehen bei Wärmekraftwerken nach Aussage der Forscher keine klimaschädlichen Treibhausgase. Der Umbau ermöglicht es gleichzeitig, einen Großteil der vorhandenen Kraftwerksinfrastruktur weiter zu nutzen.
Auf der internationalen Fachmesse für Energiespeicher, der Energie Storage Europe in Düsseldorf, stellte das DLR am 13. März 2019 sein Konzept für Wärmekraftwerke mit einem Positionspapier vor.
Kernkomponente: Wärmespeicher mit Flüssigsalz
Die von den DLR-Wissenschaftlern entworfenen Speicherkraftwerke nutzen Strom aus erneuerbaren Quellen, um Flüssigsalz als Wärmespeichermedium zu erhitzen. Mit dieser Wärme wird Wasserdampf erzeugt, der die Turbinen des Kraftwerks antreibt. Generatoren wandeln dann die mechanische Leistung der Turbinen in Elektrizität um. Flüssigsalz eignet sich in mehrere Hinsicht ideal als Speichermedium, weil es kostengünstig und weltweit verfügbar ist sowie in flüssiger Form bei Temperaturen zwischen 170 und 560 Grad Celsius eingesetzt werden kann.
Schwankende erneuerbare Energien werden zu regelbarem Strom
Eine zentrale Herausforderung bei der Nutzung erneuerbarer Ressourcen für die Energieversorgung sind wetterbedingte und tageszeitliche Schwankungen: Unterschiedliche Windstärken lassen die generierten Strommengen schwanken, bei bewölktem Himmel erzeugen Solaranlagen weniger Elektrizität. Auch in der Nacht geht der Ertrag aus Solarenergie gegen Null. Diese Fluktuationen stellen das Stromnetz regelmäßig vor Herausforderungen. "Mit Hilfe von Wärmespeicherkraftwerken sind wir in der Lage, diese Schwankungen aus dem Netz zu entfernen und Strom nach Bedarf zu liefern. Wir ‚veredeln‘ somit die variable Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen", beschreibt der Direktor des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik, Prof. André Thess, einen wichtigen Vorteil der Technologie. Wärmespeicherkraftwerke könnten auf diese Weise auch dazu beitragen, die Leistung von Photovoltaik-Anlagen in Deutschland weiter auszubauen, ohne Stromüberschüsse tagsüber oder Versorgungslücken nachts zu verstärken.
Sichere Leistung und Regelbarkeit
Ist überschüssiger Strom verfügbar, weil beispielsweise die Sonne lange und intensiv scheint oder der Wind stark weht, wird das flüssige Salz auf über 400 Grad Celsius erhitzt und für eine Nacht gespeichert. In Zeiten mit wenig Strom aus regenerativen Quellen kommt dieses Salz dann zum Einsatz und ermöglicht eine konstante Stromerzeugung.
Auch für sogenannte Dunkelflauten haben die DLR-Forscher eine Lösung parat: Bei einer mehreren Tage anhaltenden Phase mit wenig Wind- und Solarstrom, die durch das gespeicherte heiße Salz nicht abgedeckt werden kann, lässt sich durch Zufeuern von Biogas oder fossilen Brennstoffen jederzeit eine garantierte Leistung erbringen.
Infrastruktur: Weiternutzen statt stilllegen
Bestehende Kohlekraftwerke zu großen Speicherkraftwerken umzubauen, biete gleich mehrere Vorteile, sagt Prof. Bernhard Hoffschmidt, Direktor des DLR-Instituts für Solarforschung: "Ein Großteil der Infrastruktur aus dem ‚ersten Leben‘ der Kraftwerke kann übernommen werden. Ersetzt werden Kohlespeicher und Verbrennungsteil. Netzanschlüsse und Turbinen werden weiter genutzt. Das spart beim Umbau enorme Kosten. Erprobte Betriebsweisen und Arbeitsplätze bleiben erhalten." Es sollen weitestgehend Komponenten verwendet werden, die schon heute mehrfach und in großem Maßstab gebaut werden und kommerziell verfügbar sind.
Auf dem Weg vom Kohlekraftwerk (erstes Leben/first life) hin zum komplett emissionsfreien Wärmespeicherkraftwerk (drittes Leben/third life), können sich die DLR-Experten den Einsatz von Erdgas statt Kohle (zweites Leben/second life) gut als Übergang vorstellen sowie als weiteren Zwischenschritt ein Hybridkraftwerk, bei dem sowohl Wärmespeicher als auch Gasbefeuerung genutzt werden, um Dampf zu erzeugen.
Schlüsselelement der Energiewende
"Wärmespeicherkraftwerke sind ein Schlüsselelement im Energiesystem von morgen, das auf erneuerbare Ressourcen setzt und den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid so weit wie möglich einschränken will", sind sich André Thess und Bernhard Hoffschmidt einig. Aktuell laufen Planungen für die Errichtung einer Pilotanlage. Ziel des Baus und Betriebs dieser Anlage ist es, das Kraftwerkskonzept und vor allem Flüssigsalzwärmespeicher einem umfassenden Praxistest zu unterziehen.
DLR-Kompetenz für Hochtemperaturspeicher
13.3.2019 | Quelle: DLR | solarserver.de © EEM Energy & Environment Media GmbH