Klimaneutraler Kraftstoff aus Wasser, Luft und Strom

Eine Versuchsanlage in Karlsruhe erzeugt synthetische Kraftstoffe mit Wasserdampf und Kohlendioxid aus der Luft. Durch konsequente Wärmerückgewinnung wollen die Entwickler einen hohen Wirkungsgrad erreichen. Sie geht Anfang November in Betrieb.

Ziel des Karlsruher Instituts für Technologien (KIT) ist es, Benzin, Diesel oder Kerosin klimaneutral herzustellen. Denn die Kraftstoffe entstehen aus Kohlendioxid und Wasser. Das Kohlendioxid wird vor Ort aus der Luft gewonnen. Die für die Herstellung notwendige Energie soll ausschließlich aus Strom bestehen, der aus erneuerbaren Quellen stammt.

Die vier notwenigen Prozessschritte sind in einem Container untergebracht. Das ermöglicht eine kompakte und modular erweiterbare Anlage. Wichtig ist der kompakte Aufbau laut Roland Dittmeyer, Professor am KIT-Institut für Mikroverfahrenstechnik, um einen hohen energetischen Wirkungsgrad zu erreichen. Denn die Wärme, die bei der Fischer-Tropsch-Synthese des Kraftstoffes frei wird, nutzt die Anlage für die Bereitstellung von Wasserdampf in der simultanen Elektrolyse von Wasserdampf und Kohlendioxid. Die Abwärme der Elektrolyse wiederum fließt in die Desorption des Kohlendioxids aus dem Luftfilter. Dank dieses ausgeklügelten Konzepts ist laut Dittmeyer ein Wirkungsgrad für den Gesamtprozess von 60 Prozent erreichbar.

In der ersten Versuchsanlage, die 10 Liter Kraftstoff am Tag produzieren kann, wird die Wärmerückgewinnung noch nicht optimal gelingen. An den theoretisch möglichen Wirkungsgrad werden sich erst die in späteren Phasen geplanten größeren Anlagen mit bis zu 2.000 Liter Fertigungskapazität pro Tag annähern können. Damit die Herstellung der synthetischen Kraftstoffe wirtschaftlich lohnt, muss nicht nur die Effizienz der Anlage groß sein, vor allem muss sehr günstiger erneuerbarer Strom zur Verfügung stehen.

Anwendungen sieht Dittmeyer daher in Kombination mit Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, die aus der EEG-Förderung fallen. Für die Kohlendioxidbereitstellung ist die Kombination mit Lüftungsanlagen angedacht. Denkbar wäre aber auch der Einsatz an abgelegenen Flugplätzen etwa in Brasilien, wo heute der Treibstoffvorrat mit dem Flugzeug herbeigeschafft werden muss und daher höhere Preise als 50 Cent pro Liter für Kerosin erzielbar sind.

Laut Dittmeyer wäre es heute an günstigen Standorten wie Katar schon möglich, großtechnisch synthetisches Kerosin zu einem Preis von 1 bis 1,5 Euro pro Liter zu erzeugen. Eine Voraussetzung dafür wäre aber, von den kompakten Containeranlagen große Stückzahlen zu verkauften. Allerdings geht Dittmeyer davon aus, dass auch in Deutschland Marktchancen bestehen.

Text: Jens-Peter Meyer

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