Keine Dunkelflauten mit Solar- und Windstrom

Kohlekraftwerk mit Windrädern. Noch ist der Kohleausstieg ohne Pläne für erneuerbare Energie.Foto: Stefan Loss / stock.adobe.com
Der Kohleausstieg braucht Pläne für erneuerbare Energie.
Dunkelflauten sind auch bei einem deutlichen Zubau von Solar- und Windstromanlagen kein Problem. Das zeigen Studien zu diesem Energiethema an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH Aachen). Sie haben sich intensiv gerade mit Dunkelflauten befasst.

Teils schüren Kritiker Ängste. Sie behaupten, weil zeitweise kein Wind wehe und die Sonne nicht scheine könne dies zu Versorgungslücken führen. „Wir brauchen keine Angst vor Dunkelflauten zu haben“, betont jedoch Julia Badeda, die mehrere Jahre zu energiewirtschaftlichen Fragen an der RWTH Aachen geforscht und sich intensiv mit Studien zu Dunkelflauten beschäftigt hat: „Sonnen- und windarme Zeiten sind berechenbar und unsere Stromversorgung kann heute und in Zukunft sichergestellt werden.“ Allerdings, so Badeda, sei dafür ein adäquates Stromsystem-Design notwendig. Es sei wichtig, schon jetzt konsequent auf den Ausbau von Photovoltaik und Windenergie zu. Sie fordert, das Energiesystem entsprechend zu konzipieren und zügig umzusetzen. Dann gehe von eventuellen Dunkelflauten keine Gefahr aus, auch wenn 70 Prozent und mehr regenerativer Strom im Netz sei. 

Dunkelflaute oder kalte Dunkelflaute? 

Eine Dunkelflaute werde häufig als eine Zeitspanne beschrieben, in der es gleichzeitig wenig Sonnenlicht und wenig Wind gebe, erklärt Badeda. Die „kalte Dunkelflaute“ bezeichne hingegen das längerfristig geringe Angebot an PV- und Windstrom bei niedrigen Außentemperaturen und gleichzeitig hoher Nachfrage nach Elektrizität, die zusätzlich zum Heizen benötigt wird. „Wir müssen zunächst klären, von welchen Zeitspannen wir sprechen und ob diese schon systemkritisch sind“, so Badeda. Es sei erst zu klären, ob es überhaupt eine problematische Untererzeugung gibt.

Bei dem derzeitigen Ausbau der Photovoltaik und Windenergie in Deutschland seien Dunkelflauten problemlos mit der existierenden Kraftwerksleistung zu beherrschen sagt die Energie-Expertin. Für die zukünftige Auslegung sollte die Systemgrenze aus ökonomischen Gründen immer im europäischen Verbund gedacht werden. Deutschland könne die Erneuerbaren aber bereits im aktuellen Verbund konsequent und schnell ausbauen.

In einem zukünftigen Energiesystem mit einem deutlich höheren Anteil der fluktuierenden erneuerbaren Energien im Stromnetz mit Anteilen ab 70 Prozent, sagt Badeda, sei mit Blick auf die Dunkelflauten der dann bestehende Windturbinen- und PV-Mix relevant. Darüber hinaus spielten die Großwetterlagen in Europa eine zunehmende Rolle. Zusätzlich seien auch Klimaveränderungen und Auswirkungen der Sektorkopplung zu betrachten. „Die Antworten darauf ergeben die relevante Größe und Art der benötigten technischen Einheiten für Flexibilisierung des Systems und die Zusammensetzung des Kraftwerksparks“, erklärt Badeda.

Mehr Solar- und Windkraft erforderlich

Der Kraftwerkspark müsste aus verschiedenen Anlagentypen bestehen, zu denen auch hochflexible Gaskraftwerke zählen. „Und wir brauchen einen deutlich höheren Zubau an Wind- und Photovoltaikanlagen“, betont Badeda. „In der Summe werden wir eine Überproduktion benötigen und diese für die saisonale Speicherung nutzen.“ Für die Langzeitspeicherung käme zum Beispiel Wasserstoff in Frage. „Die technologischen Lösungen sind vorhanden, sie müssen nur konsequent und ohne eingefahrene regulatorische Hürden implementiert werden.“ 

Darüber hinaus plädiert die Energie-Expertin, im europäischen Kontext zu denken und die hier zur Verfügung stehenden, flexiblen Kapazitäten zu berücksichtigen. „In dem großen geographischen Raum ist es wesentlich unwahrscheinlicher, dass Sonne und Wind gleichzeitig zu wenig Energie liefern. Damit wird auch die Wahrscheinlichkeit von Dunkelflauten deutlich reduziert.“ In dem Zusammenhang sei auch das EU-weite Netz auszubauen, um die Herausforderung kosteneffizienter zu meistern. 

Grundsätzlich plädiert Badeda für mehr Vertrauen in die dezentrale Energieversorgung und die Digitalisierung. Dadurch werde es möglich sein, auch kleinere Einheiten schnell und flexibel zu steuern. „Die Umwandlung des Energiesystems ist industriepolitisch eine große Chance. Wir sollten jetzt alle Hebel, die wir haben, sinnvoll einsetzen, um ein funktionierendes Stromsystem-Design unter Berücksichtigung des gesamteuropäischen Kontextes zu entwickeln und nicht auf dem Status-quo verharren, weil er uns jetzt bequemer erscheint.“ 

Fachkonferenz am 21. und 22. November in Berlin

Auf der Fachkonferenz Forum Neue Energiewelt am 21. und 22. November 2019 in Berlin wird Julia Badeda einen Impulsvortrag zum Thema Dunkelflaute halten. Er basiert unter anderem auf der Arbeit von Robin Beer, einem wissenschaftlichen Mitarbeiter am Forschungszentrum Jülich.

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