Solarunternehmen arrangieren sich mit Corona

Solarkollektoren im LagerFoto: Guido Bröer
Solarthermiekollektoeren sind lieferbar, für Photovoltaik gilt das nur teilweise.
Der Bundestag hat gestern die Corona-Finanzhilfen für kleine, mittlere und große Unternehmen freigegeben. Wie weit auch Solarfirmen davon Gebrauch machen müssen, werden die kommenden Wochen zeigen. Im Moment scheinen die meisten, mit denen die Solarthemen sprachen, gut aufgestellt, kämpfen allerdings mit diversen corona-bedingten Schwierigkeiten.

Im Gegensatz zu Einzelhandel, Gastronomie und Firmen mit Besucherverkehr können die meisten Solarunternehmen in diesen Tagen trotz Corona weiterarbeiten. Das gilt für Handwerk, Industrie und Handel. Handwerker verzeichnen bislang keine schlagartigen Verdienstausfälle. Das Corona-Virus wirkt sich trotzdem direkt auf ihr Geschäft und ihren Arbeitsalltag aus.

Über mangelnde Nachfrage klagt im Moment von den angesprochenen Unternehmen niemand, weder im Bereich Photovoltaik noch bei der Solarthermie. Ein Photovoltaik-Dachanlagen-Projektierer aus Niedersachsen mit eigenen Montageteams berichtet: „Wir haben gut zu tun, die Kunden lassen uns ins und aufs Haus und das Wetter spielt auch mit. Wir trennen die Montageteams – jeweils 3 Mann – lassen sie morgens versetzt starten und versuchen, den Kontakt ins Büro zu minimieren. Das Büro geht zur Hälfte ins Homeoffice, so dass wir im Corona-Fall handlungsfähig bleiben.”

Volle Auftragsbücher

Die Nachfrage nach Photovoltaik und Solarthermie sei hoch wie seit Jahren nicht, berichtet der Chef eines Solar-Installationsbetriebs aus Nordrhein-Westfalen. Schwierigkeiten mache ihm allerdings der Mangel an Solarmodulen: „Wir hatten schon vor vier Wochen Probleme, Module zu bekommen, haben aber noch Vorräte. Da die Chinesen wieder produzieren, werden schon die ersten Lieferungen wieder angekündigt – so ein Schiff braucht natürlich ein wenig.“ Der erfahrene Solarteur verfügt zwar aktuell über eine mehrere Monate lange Auftragsliste. Aber in dieser Situation seien seine Kunden leider sehr unflexibel: „Da wir nicht alle Module bekommen und Kunden exakt auf das Modul bestehen, das 2019 mal im Angebot war, sind wir gewaltig am Schieben und bedienen die Kunden für die Module, die schon bei uns stehen.“

Ein Kollege aus Norddeutschland, ebenfalls im PV- und Thermiebereich unterwegs, hat vorgesorgt: „Wir haben bisher im Tagesgeschehen so gut wie keine Nachteile gehabt. Alle Baustellen sind im Plan. Material haben wir noch für etwa drei bis vier Monate. Ich habe aber auch schon Ende Februar gehamstert – nein, kein Toilettenpapier, aber Module. Bei dem großen Anteil an China-Ware war ja klar, dass bei einem Fertigungsstop von vier bis acht Wochen und dem Schiffstransport das Problem hier zeitversetzt auftauchen wird.“

Aktuell verspürt dieser Solarbetrieb allerdings, dass die hohe Nachfrage der letzten Monate inzwischen nachgelassen hat. Die potenziellen Kunden machten sich nur noch Gedanken zu Corona, glaubt der Chef.

Hindernisse sehen die Installateure allerdings im Kundendienstbereich. Manche Kunden möchten in diesen Zeiten keine Handwerker ins Haus lassen. Ein Unternehmer berichtet: „Erste Einbußen haben wir in dieser Woche erstmalig im Kundendienstbereich. Hier haben Kunden Wartungen abgesagt und auch wir machen nur solche, die ohne direktem Kontakt zum Kunden möglich sind.“ Das erlebt auch ein anderer Betrieb: „Da hast du lang geplante Touren, und dann wollen zwei Kunden plötzlich nicht mehr.“

Solarthermie ist lieferfähig

Auch in der Solarindustrie arrangiert man sich bestmöglich mit dem Virus. „Wir können liefern“, berichtet der Vertriebsleiter eines süddeutschen Solarthermie-Herstellers. Ein leitender Mitarbeiter in einem der großen Heizungsbaukonzerne bestätigt die Lieferfähigkeit und hofft, dass es so bleibt: „Es gibt glücklicherweise bis jetzt nur wenige positiv getestete Fälle bei uns. Extrem umsichtiger Umgang mit dem Thema in der Produktion und der Logistik. Wann immer möglich, wird von zuhause aus gearbeitet. Wobei die Standorte natürlich den jeweiligen regionalen Regularien unterliegen.“

Der kaufmännische Leiter eines Solar-Großhändlers mit teilweise eigener Fertigung berichtet: „Die Nachfrage ist weiterhin enorm groß. Wir sind gut eingedeckt mit Materialien. In der Produktion wird darauf geachtet, dass es getrennte Teams gibt. Falls bei einem Team der Virus ausbricht, können die anderen Teams noch arbeiten.“

Angesichts der hohen Nachfrage sei ein Flaschenhals im Moment am ehesten im Bereich der Auslieferung durch Spediteure zu spüren. Und die Selbstabholung der Ware durch Handwerker, normalerweise durchaus üblich, fällt aus: „Es dürfen keine Kunden mehr auf’s Firmengelände.“

Förderprogramme hakeln

Zwar rechnen die befragten Solarunternehmen nicht damit, in nächster Zeit die staatlichen Stützungstöpfe in Anspruch zu nehmen. Um so wichtiger wäre für sie allerdings ein reibungsloses Funktionieren der regulären Förderprogramme im Solarbereich. Dort allerdings hakelt es. Nicht nur der vieldiskutierte 52-Gigawatt-Deckel ist für die Unternehmen im Moment ein Thema, das die Kunden verstört. Auch bei den staatlichen Zuschussprogrammen könnte es glatter laufen. Seit der Programmumstellung Anfang Januar warten Antragsteller beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle auf Förderbescheide. Zwar haben die Kunden schnell ihre Eingangsbestätigung bekommen, die auf eigenes Risiko den vorzeitigen Maßnahmenbeginn erlaubt. Aber erst in der vergangenen Woche hat das Amt die ersten Förderzusagen verschickt. Und in Nordrhein-Westfalen lesen Interessenten für einen Photovoltaikbatteriespeicher, den dort das Land fördert, auf der Homepage der Förderstelle in Arnsberg, die Förderung bleibe „bis auf Weiteres (voraussichtlich März 2020) ausgesetzt“.

Sowas sei mehr als ärgerlich, findet nicht nur der leitende Mitarbeiter eines mittelständischen Solarunternehmens, der in diesen Tagen im Homeoffice die Betreuung seines Nachwuchses mit Netflix sicherstellt, „weil meine Frau als Kindergärtnerin die Kinder systemrelevanter Eltern hüten muss.“

Apropos Systemrelevanz: „Hochachtung für die Kolleginnen und Kollegen im Handwerk, die ihre Betriebe am Laufen halten“, sagt ein Entscheider aus der Heizungsindustrie. „Denn das darf man ja auch nicht vergessen, dass die gesamte Branche systemrelevant ist. Es wäre zur Zeit nicht so gut, wenn die Leute im Kalten säßen oder Krankenhäuser nicht mehr beheizt werden könnten.“

26.3.2020 | Autor: Guido Bröer, Solarthemen | solarserver.de
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